Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen
zufiel.
»Idiot!«, murmelte Bosmans. »Dirk, na endlich! Willst du zuerst die gute oder die schlechte Nachricht?«
»Die gute natürlich.« Deleu drückte Bosmans die Hand.
»Also, die gute Nachricht ist, dass wir den Mann im grauen Mantel identifiziert haben.«
»Und die schlechte?«, fragte Deleu.
»Er ist Parlamentarier und kann daher nicht verhört werden, solange seine Immunität nicht aufgehoben wird.«
»Dann heb sie doch auf«, erwiderte Deleu.
»Sicher. Wenn das so einfach wäre, mein lieber Dirk, aber leider ist es das nicht. Die ganze Prozedur dauert mindestens drei Wochen, und außerdem hat der Mann bereits angekündigt, dass er auf alle Fälle schweigen würde. Er verlangt absolute Diskretion.«
»Also verheiratet?«, entfuhr es Deleu.
»Na klar.«
»Kann er denn nicht anonym aussagen?«
»In dem Fall hätten wir keinerlei juristische Handhabe, das weißt du genau.«
»Aber er könnte uns wenigstens auf die richtige Spur bringen. Wer sagt denn, dass er mit den Morden …«
»Verspaille hat mir bereits durch einen seiner Lakaien gesteckt, dass das absolut nicht in Frage kommt. Hast du etwa geglaubt, er würde uns die Sache leicht machen?«
»So ein verdammter Mist! So ein typisch belgischer Dreckshaufen! Ich mach das nicht mehr mit. Ich steige aus, und diesmal endgültig.«
Deleu drehte sich um und marschierte hinaus.
»Warte, Dirk!«, rief Bosmans und griff Deleu am Arm. »Bitte, jetzt reiß dich doch zusammen.«
Deleu seufzte, schaute auf Bosmans’ Hand und drehte sich mit entnervtem Blick wieder um.
»Wir müssen dieses Monster finden. Wir können nicht zulassen, dass er noch einmal zuschlägt. Ich wäre bereit, meinen Job und meine Karriere sofort und bedingungslos an den Nagel zu hängen, wenn ich dadurch die Mordserie beenden könnte.«
»Okay«, sagte Deleu. »Ich werde ihn unter Druck setzen. Wer ist es?«
»De Staercke.«
»Was, dieser dreckige Mistkerl?« Deleu ballte die Fäuste und lief rot an. »Dem schlag ich mit Vergnügen sein rechtsextremes Nasenbein ein. Familie, traditionelle flämische Werte, das eigene Volk zuerst … ha! De Staercke, verdammt noch mal!«
Zähneknirschend setzte sich Deleu wieder hin. Erst als Bosmans ihm auf die Schulter klopfte, beruhigte er sich ein wenig.
»Ich weiß, dass du mit dem Drecksack noch ein Hühnchen zu rupfen hast. Rupf es, Deleu, aber tu es diskret. Ich lasse dir freie Hand.«
»Gib mir seine Telefonnummer, Jos.«
Während Bosmans die Nummer auf einen Notizblock schrieb, fragte er Deleu nach dessen Treffen mit Pastor Hermans. Deleu erzählte ihm, dass der Pastor den Stromableser völlig anders beschrieben hatte als die alte Dame. Bosmans seufzte und fragte: »Ist er bereit, unter Umständen …«
»Ja«, fiel ihm Deleu ins Wort. »Er ist bereit, sich unsere Fotoalben anzuschauen. Was hat De Staercke mit der Familie Verbist zu tun?«
»Wissen wir nicht. Deswegen müssen wir ihn ja verhören. Aber Verbist hatte ein Parteibuch des Vlaams Blok.«
»Gehörte er zum harten Kern der Rechten?«
»Nein, er war nur ein Mitläufer. Halte dein Viertel sauber, du weißt schon.«
»Warum hat dieser Blödmann von De Staercke dann so emotional reagiert, und warum habe ich ihn auf dem Video nicht erkannt?«
»Er trägt mittlerweile ein schwarzes Toupet. Aber warum ausgerechnet dieser eisenharte Neonazi so am Boden zerstört war, kann ich dir auch nicht sagen.«
»Er muss ein Verhältnis mit Verbists Frau gehabt haben. Es gibt keine andere Erklärung. Wie hast du ihn denn eigentlich identifiziert? Anhand des Nummernschilds?«
»Unter anderem. Der grüne BMW war auf den Videobändern der Beerdigung zu sehen. Eine wirklich gute Idee von der Staatsanwaltschaft, auch die Umgebung des Friedhofs filmen zu lassen. Obwohl die Aufnahmen von schlechter Qualität sind, konnten wir die ersten drei Buchstaben und die erste Zahl des Nummernschilds erkennen. Der Rest war ein Kinderspiel. Schließlich blieben drei BMW s übrig, auf die die Beschreibung passte. Einer davon gehört De Staerckes Ehefrau. Natürlich war er so schlau, seinen Mercedes mit dem Diplomatenkennzeichen zu Hause zu lassen. Wir haben Mevrouw Pauwels ein Foto gezeigt, Dirk, und sie zögerte keine Sekunde.«
»Mist, bei der Beschreibung des angeblichen Stromablesers lag sie völlig daneben, und jetzt erkennt sie auf einmal mühelos De Staercke. Und wenn er es nicht war?«
»Er war es. Wir haben ihn mit den Videoaufnahmen von der Beerdigung und den Bildern des Nummernschilds
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