Bosmans/Deleu 02 -Totenspur
weißt schon. Jedenfalls müssen wir sofort zu ihm ins Büro. Offenbar gibt es wichtige neue Entwicklungen.«
»Was ist so wichtig, dass es nicht bis morgen warten kann?«, fragte Deleu. Trotz seines aufsässigen Tonfalls befand er sich bereits auf halbem Wege die Treppe hinauf.
»Komm doch kurz rein, Nadia. Der Hagebuttentee ist noch heiß.«
»Okay. Aber nur ganz kurz«, sagte Nadia, schlüpfte aus ihren Armeestiefeln und folgte Barbara auf Strümpfen ins Wohnzimmer.
»Wie geht’s dir denn?«, fragte Dirks Frau voller Anteilnahme und forderte die Ermittlerin mit einer Geste auf, sich zu setzen. Nadia umfasste ihre Teetasse mit beiden Händen und starrte in das knisternde Kaminfeuer. Barbara hielt die kleine Charlotte auf einmal völlig ungeschickt im Arm, als wäre sie ein fremdes Baby.
Schon bereute sie ihre Worte. »Tut mir leid, du hörst diese blöde Frage bestimmt zwanzig Mal am Tag, oder?«
Nadia Mendonck stand auf, ging zu ihr hinüber und streichelte Charlotte über das zarte Köpfchen.
»Nein, ganz im Gegenteil. Danach fragt mich nie jemand. Alle meiden das Thema wie die Pest. Du brauchst dich also nicht zu entschuldigen. Ich kann und will darüber reden. So weit bin ich inzwischen.«
»Geht’s dir denn schon ein bisschen besser?«, fragte Barbara, noch immer unsicher.
»Der schlimmste Schmerz lässt allmählich nach«, seufzte Nadia, »aber nur ganz langsam. Seit ich wieder arbeite, geht es mir besser. Ich habe jetzt nicht mehr so viel Zeit zum Grübeln.«
»Das muss sehr schwer für dich sein«, sagte Barbara und legte eine Hand Nadias Schulter.
Nadia nickte nur. »Ich habe ihn geliebt. Mein Gott, wie sehr habe ich diesen ungehobelten Bären geliebt.«
»Ich weiß«, sagte Barbara lächelnd.
»Hast du vor Charlottes Geburt eigentlich gearbeitet?«, fragte Nadia und starrte die Teekanne an.
»Ja, klar. Aber du weißt ja, wie das geht«, seufzte Barbara. »Waschen, putzen, kochen, Tee trinken …«
»Den Mann verwöhnen, wenn er nach Hause kommt«, fügte Nadia grinsend hinzu.
»So ungefähr«, bestätigte Barbara prustend und mit funkelnden Augen. »Trotzdem möchte ich wieder zurück in meinen Beruf. So in drei Jahren, wenn unser Mäuschen hier in den Kindergarten geht.«
»Was bist du eigentlich von Beruf?«
»Innenarchitektin. Sieht man das denn nicht?«, murmelte Barbara und deutete mit dem Kinn in Richtung Wohnzimmer, wo es aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
»Ach, das geht doch noch. Rutger war oft keine fünf Minuten zu Hause, da hat er mein Wohnzimmer schon in einen Slum verwandelt.« Die Ermittlerin schluckte und sah Dirks Frau verwirrt an, die jedoch nicht reagierte. »Kannst du nach den drei Jahren denn wieder zurück in deine alte Stelle?«
»Ich denke schon. Andererseits kann man nie wissen. Mein Arbeitgeber muss mir zwar meinen Arbeitsplatz garantieren, aber drei Jahre sind lang. Ich hoffe, dass ich mich wieder an den Rhythmus gewöhnen werde«, antwortete Barbara und sagte dann: »Dirk hat mir einbisschen was darüber erzählt, wie du wieder angefangen hast zu arbeiten.«
In dem Moment hörte sie ihren Mann die Treppe hinunterpoltern.
Die beiden Frauen sahen sich erneut an, diesmal mit schalkhaft funkelnden Augen.
39
Ja, Pierre, natürlich weiß ich das alles. Aber es gibt keinen einzigen konkreten Hinweis, nichts, was eine Hausdurchsuchung rechtfertigen würde. Diese alleinstehende Dame, wie heißt sie gleich wieder?«, fragte Bosmans gereizt.
»Versavel, Vicky Versavel«, murmelte der schielende Pierre, der seine Enttäuschung kaum verbergen konnte.
»Vielleicht ist sie im Urlaub oder zu Besuch bei Verwandten«, sagte Bosmans mit ausgebreiteten Armen.
»Der Bankangestellte behauptet aber, Juffrouw Versavel fahre nie länger als einen Tag weg und habe auch keine Verwandten. Das haben wir überprüft, stimmt’s, Walter?«, suchte Pierre bei seinem Kollegen Rückhalt.
»Stimmt«, bestätigte Vereecken nickend.
Jos Bosmans seufzte tief, ließ sich auf seinen Stuhl fallen und stützte die Hände auf den Oberschenkeln ab.
»Jetzt kommen Sie schon, Mijnheer Bosmans! KeineVerwandten, alleinstehend, reich, urplötzlich verschwunden! Und ein junger Mann fährt einfach so mit ihrem Auto weg.«
»War es denn überhaupt ihr Auto?«, gab Bosmans zurück.
»Ich habe mir das Kennzeichen aufgeschrieben«, antwortete Walter Vereecken verärgert, »und auf dem Weg hierher habe ich überprüfen lassen, auf wen der Golf angemeldet ist. Die Halterin ist Vicky
Weitere Kostenlose Bücher