Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
dass …«
»Said el Hidrissi war Linkshänder.«
Maroufs bedächtig geäußerte Worte hallten in dem hohen Raum wider. Sie prallten von den Wänden ab und schienen das gesamte Zimmer zu erfüllen. Als ihr Echo erstarb, hinterließen sie eine bleierne Stille.
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22
T rotz der sengenden Hitze draußen war es kühl in der imposanten Bibliothek, und keinerlei störende Geräusche drangen herein. Die minimalistische Einrichtung musste ein Vermögen gekostet haben.
Ewoud Dewolf, der hinter seinem Mahagonischreibtisch thronte, vermittelte rotz seiner hageren Gestalt den Eindruck einer gewichtigen Persönlichkeit. Ihm gegenüber saßen zwei Männer. Beide korpulent. Beide in maßgeschneiderten Nadelstreifenanzügen. Sie sahen aus wie überfütterte siamesische Zwillinge.
Claude Verspaille, der in Ungnade gefallene ehemalige königliche Staatsanwalt, ließ eine Rauchwolke zur Decke steigen. Er wirkte ungemein selbstsicher.
Dewolf strich seinen dünnen Schnurrbart glatt und nippte an seinem Chivas Regal. Er drehte das Glas in der Hand und bewunderte das bernsteinfarbene Getränk. Sein Blick wanderte weiter zu dem grünen Filzuntersetzer, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Das Logo der Berliner Symphoniker verschwand, als er das Kristallglas exakt in der Mitte abstellte. Dewolf hatte bisher noch kein Wort gesagt. Das Einzige, was er in den letzten fünf Minuten getan hatte, war, Verspaille und seinem Begleiter einen Platz anzubieten und zwei Gläser Chivas Regal einzuschenken. Zwei, nicht drei.
Claude Verspaille schwieg. Männern wie Ewoud Dewolf musste man Zeit lassen, ihre Worte sorgfältig abzuwägen. Schließlich konnte jedes Wort eines zu viel sein. Bis heute hegte er eine grenzenlose Bewunderung für seinen Gönner und Protégeur. Schließlich hatte kein anderer als Dewolf ihm nach seinem Karriereknick wieder auf die Beine geholfen und ihn quasi zu seiner rechten Hand befördert.
Dewolf legte den Zeigefinger an die Oberlippe. Er sah mitgenommen aus, hatte eingefallene Wangen und Ringe unter den Augen. Wer ihn nicht von früher her kannte, sah noch immer einen imposanten und energiegeladenen älteren Herrn über siebzig vor sich, doch wer ihm näherstand wusste, dass Dewolf ein gebrochener Mann war. Der Tod seines einzigen Sohnes hatte ihn schwer gezeichnet. Dennoch war und blieb er einer der mächtigsten Männer, wenn nicht gar der mächtigste Mann in ganz Belgien und weit über die Grenzen des Landes hinaus. Dewolfs vielschichtiges, unangreifbares Imperium, das in der Teppichindustrie wurzelte, umfasste zahlreiche Firmen ehemaliger Konkurrenten, die er allesamt in den Ruin getrieben hatte. Die Reichen wurden eben immer reicher und die Mächtigen immer mächtiger. Dewolf hatte bereits Hunderte Millionen in die gute Sache investiert.
Kurz und gut: Ohne Ewouds Kapitalspritzen wäre Ebony Projects heute nicht viel mehr als eine Fähnchen schwenkende Pfadfindertruppe. Vielleicht würde es das Projekt längst nicht mehr geben. Oder, schlimmer noch, vielleicht wäre Belgien inzwischen in der Hand der Muslime. Brüder im Geiste sind wir, Ewoud und ich. Sind wir immer gewesen und werden wir auch immer bleiben.
Claude Verspaille atmete tief durch. Rein finanziell gesehen, war er im Vergleich zu Dewolf ein armer Schlucker.
»Claude.«
Verspaille schreckte aus seinen Gedanken auf. Ewoud mochte aussehen wie ein gebrochener Mann, seine Stimme besaß noch immer dasselbe, ehrfurchtgebietende Timbre.
»Ja, Ewoud?«
»Wer ist dieser Mann?«
Verspailles Begleiter rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her.
»Ich, ich bin …«, stotterte dieser.
Claude Verspaille spürte, dass Dewolf verstimmt war.
Obwohl es herrlich kühl war in dem Raum, weitete er mit zwei Fingern seinen Hemdkragen. Seine Krawatte zu lockern wagte er nicht.
»Wer ist er?«
»Das ist Landesmagistrat Erik Verworst, die rechte Hand von Duchateau. Er kommt im Auftrag von Minister …«
»Der Mann kann gehen.«
Verspaille bedeutete dem achselzuckenden Verworst mit einer knappen Kopfbewegung, dass er sich zurückziehen solle. Der Magistrat nickte, stand auf und strich sich ungeschickt die Hosenbeine glatt. Gemessenen Schrittes entfernte er sich. An der Tür nahm ihn ein stämmiger Mann mit militärischem Haarschnitt in Empfang, der die ganze Zeit über reglos wie eine Statue dort gewartet hatte. Er begleitete den Abgeordneten hinaus. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, wurde es wieder still.
»Claude, du bist meine Nummer eins. In
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