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Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Titel: Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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erhält, seine Meinung zu äußern, allerdings muss es anständig dabei zugehen«, erklärte Bosmans und erstickte damit jeden Widerstand im Keim. »Mijnheer Marouf. Bitte sagen Sie jetzt, was Sie uns mitzuteilen haben.«
    Marouf drückte mit spöttischem Blick seine Ducados im Aschenbecher aus und ergriff das Wort.
    »Said el Hidrissi hat keinen Revolver besessen, Mijnheer Untersuchungsrichter. Keiner von diesen Jungs besitzt eine Schusswaffe oder hat je eine besessen. Diese ganze Inszenierung ist eine einzige, großangelegte, skandalöse Farce. El Hidrissi wurde von Ihren Handlangern ermordet. Ausgemerzt wie eine lästige schwarze Laus.«
    Murat Marouf sprach mit einem verbissenen Zug um den Mund. Sein marokkanisch-puertoricanisches Temperament war mit ihm durchgegangen und hatte seine kühle Arroganz verdrängt. »Said hatte nicht mal ein Messer!«, fauchte er. »Genauso wenig wie Yussuf Benaoubi!«
    »Aber er hat gedealt«, warf Deleu ein, der bisher kein Wort gesagt hatte. »Wohl mit einem Lutscher in der Tasche, oder was?«
    Sonck wollte etwas erwidern, doch Marouf brachte ihn mit einem Fingerschnippen zum Schweigen.
    »Dirk Deleu.« Marouf sah den Ermittler eindringlich an.
    »Klassenprimus in Mathe. Besser als ich. Zugegebenermaßen. Intelligent und ehrgeizig, aber viel zu weich. Du hättest dir einen anderen Beruf aussuchen sollen, einen, bei dem du deine Intelligenz hättest nutzen können.«
    Deleu und Marouf blickten sich in die Augen. Keineswegs feindlich, sondern fast schon kameradschaftlich.
    Vor vielen Jahren waren sie Freunde gewesen. Enge Freunde sogar. Deleu erinnerte sich noch an die köstli-chen, würzigen puertoricanischen Muschelgerichte, die Murats Mutter meisterhaft zuzubereiten verstand. Oder daran, wie sie zusammen die Schule geschwänzt hatten und in die Kneipe gegangen waren. Ein perfektes Duo.
    The Black and The White Minstrel Show
. Der Schrecken aller Mädchen in der Nachbarschaft.
    Jetzt saßen sie auf zwei verschiedenen Seiten des Tisches, einander gegenüber wie die Waagschalen der Göttin Justitia. Früher dagegen hatten sie Freud und Leid miteinander geteilt. Murat war sogar einmal mit Barbara zusammen gewesen, allerdings nur kurz. Ja, vor allen Dingen in puncto »Freud« hatten sie damals so manches geteilt.
    Deleu war es auch gewesen, der darauf gedrängt hatte, Marouf anzuhören. Murat mochte in jeder Hinsicht zu seinem Gegenspieler geworden sein, doch eines musste man ihm lassen: Er war ein Ehrenmann. Ein Mann, dessen Wort etwas galt. Eine altmodische Tugend, die, egal in welchem Milieu, in Deleus Augen unschätzbar viel wert war.
    »Sag, was du zu sagen hast, Murat. Wir alle sind bereit, dir zuzuhören. Das weißt du ganz genau.«
    Murat Marouf lächelte süffisant. »Diplomat, Deleu. Diplomat hättest du werden sollen. Dann hättest du diesem miesen kleinen Land beizeiten den Rücken kehren können. Hier will man uns kaputt machen, uns alle. Und das so schnell wie möglich.« Er griff sich an die Stirn, rieb sich die Augen. »Oder glaubt ihr wirklich, ich wüsste nicht, dass mein Müll durchwühlt wird und ihr sogar meine hochmoderne Autoalarmanlage geknackt habt? Auf der Suche nach Gott weiß was.«
    Da war er wieder, dieser überhebliche Zug um die Mundwinkel. Marouf zeigte auf Frank Tack. »Der da war’s.
    Während sich der andere«, er zeigte auf den schielenden Pierre, »und sein Freund im Zakouskie zum Narren gemacht haben.«
    Murat Marouf musterte Pierre Vindevogel und fuhr sich ohne mit der Wimper zu zucken mit dem gestreckten Zeigefinger langsam über die Kehle.
    »In welcher Beziehung standen Sie zu dem Ermordeten, Mijnheer Marouf?«, fragte Jos Bosmans, in dem Versuch, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.
    Murat Marouf sah ihn an. »Mijnheer Untersuchungsrichter«, sagte er fast unhörbar. »Würden Sie bitte die Passage auf Seite vierzehn unten noch einmal vorlesen, den vorletzten Absatz.«
    Deleu musste insgeheim lächeln. Murat konnte sich also noch immer auf sein fotografisches Gedächtnis verlassen. Die Rekonstruktion des Tathergangs war fünfunddreißig Seiten dick, und Marouf hatte nur eine knappe halbe Stunde gehabt, um sie sich durchzulesen.
    Bosmans schob seine widerspenstige Brille wieder zurück auf die Nase und blätterte in der dicken Akte. Er fing an zu lesen: »Der Paraffintest hat ergeben, dass die rechte Hand von Said el Hidrissi, in der er die Schusswaffe hielt, Schmauchspuren aufwies. Es erscheint daher wahrscheinlich,

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