Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
haben!«
Alle, inklusive Frank Tack, sahen ihn mit fragenden Gesichtern an.
»Frank hat bereits einige Erfahrung bei solchen Aktionen gesammelt, daher übernimmt er heute die Leitung dieses zügellosen Haufens. Ich werde allerdings keinen Fuß mehr in dieses Präsidium setzen, ehe ich nicht erfahren habe, wer der Maulwurf ist. Sollten Sie mich brauchen, finden Sie mich in Brüssel in meinen Amtsräumen. Wenden Sie sich dort bitte an Jozef Trentels, meinen Büroleiter.«
Bosmans ging zur Tür. Während ihm alle sprachlos hinterherstarrten, drehte er sich ein letztes Mal um. »Und vergessen Sie nicht, sich einen Termin geben zu lassen«, fauch te er und warf die Tür mit einem Knall hinter sich zu.
»Was wurde bis jetzt unternommen, Chef?«, fragte Deleu lustlos.
»Okay, Kollegen, hört mir mal zu. Ein Spezialteam befindet sich seit zwei Tagen in ständiger Bereitschaft. Innerhalb von dreißig Minuten können wir einsatzbereit sein und das gesamte Viertel abriegeln. Ich habe sogar das Hausabflussrohr anzapfen lassen.« Tack grinste selbstsicher.
Die anderen hatten sich immer noch nicht von der Nummer erholt, die Bosmans eben dargeboten hatte.
»Den Abfluss anzapfen lassen!«, wiederholte Nadia Mendonck angewidert.
»Ja. Das ist eine übliche Vorsichtsmaßnahme bei den Vorbereitungen zu einer Drogenrazzia. In neun von zehn Fällen versuchen die Dealer noch schnell, das Zeug die Toilette hinunterzuspülen. Das können wir kaum verhindern.« Tack griff nach seinem Handy und gab einen Code ein. »
The fox on the loose
«, sagte er dann, steckte das Telefon wieder ein und verließ das Büro. »Wartet hier.«
Walter Vereecken, der bis ans Fenster herangerollt war, blockierte die Räder seines Rollstuhls und zog sich an der Fensterbank hoch. Ein Auto fuhr mit quietschenden Reifen los und hinterließ zwei schwarze Streifen auf dem Asphalt. Tack hatte wohl seinen Camaro zu Hause gelassen. Vereecken lächelte sarkastisch und ließ sich vorsichtig wieder in seinen Stuhl sinken. Der Arzt hatte ihm eine Woche zuvor noch einmal bestätigt, dass die Chancen auf eine Heilung äußerst schlecht standen. Selbst durch eine komplizierte Gehirnoperation, bei der die Schädeldecke vollständig geöffnet werden müsste, lagen die Aussichten nur bei zwanzig Prozent. Doch obwohl der Tag so mies begonnen hatte und trotz seiner wenig rosigen Zukunftsperspektiven lächelte Walter Vereecken.
Den Camaro hebt er sich wahrscheinlich für die Weiber auf.
Er blickte auf die Uhr. Halb neun, und die Sonne stach schon durch die Wolken. Es versprach ein heißer Tag zu werden.
[home]
29
D u musst es ihnen sagen!«, bat Danielle Orolavi, während sie ihren Satinmorgenmantel nervös über ihren Oberschenkel zog. »Alles.«
Murat Marouf antwortete nicht. Er biss die Spitze seines Croissants ab und nippte an seinem Kamillentee.
Danielle drehte sich wütend um. »Jetzt iss schon auf, Dimi tri! Und du hast dir schon wieder viel zu dick die Marmelade draufgeschmiert!« Der Junge schrak aus seinen Träumereien auf und steckte betreten den Löffel zurück in das Marmeladenglas.
»Lass ihn doch mal in Ruhe!«, sagte Murat Marouf aufreizend sanft. »Reagiere bitte deine Aggressionen nicht an dem Jungen ab.« Er sah hinaus auf den Swimmingpool und biss die andere Croissantspitze ab. Den Rest tunkte er behutsam in den Tee und saugte dann den weichen Teig ein.
»Und du solltest lieber ein gutes Vorbild abgeben«, flüsterte seine Freundin. Streit lag in der Luft, als sie mit der Faust auf die provencalische Tischdecke schlug.
»Gleich fallen noch die Oliven ab«, bemerkte Murat Marouf gleichmütig und pulte mit dem Nagel des kleinen Fingers ein Stück Croissant zwischen den Zähnen hervor. Er kniff die Augen gegen die einfallenden Sonnenstrahlen zusammen. Im Wintergarten lief die Klimaanlage auf Hochtouren. Murat Marouf gefiel es ausnehmend gut in seiner schicken weißen Villa, die er ein Jahr zuvor von einem Bauunternehmer gekauft hatte, der mit seiner Familie in die Staaten gezogen war. Für knapp fünfhunderttausend Euro zuzüglich Notarkosten – ein Schnäppchen, wenn man es sich recht überlegte.
Er betrachtet den überdachten Swimmingpool.
Gleich in aller Ruhe fünfzig Bahnen schwimmen.
Das war sein Morgenritual während der ruhigsten Stunde des Tages. Die beste Zeit zum Nachdenken.
»Murat«, bat Danielle leise und legte ihm die Hand auf den Unterarm. »Du musst Anzeige erstatten. Das hier ist kein Pokerspiel, der Einsatz ist zu hoch.
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