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Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Titel: Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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herausfinden, was ich weiß. Er sondiert die Lage, mit scheinbar belanglosen Fragen. Aber er weiß es auch. ER WEISS ES !
Deleu schloss die Augen, als sie zum Parkplatz am Waalse Kaai gelangten.
    »Wo stehen bloß unsere Autos? Mist. Ich hab’s glatt vergessen. Mein Gedächtnis lässt nach. Löchrig wie ein Schweizer Käse.«
    »Geht mir genauso. Komm mit, mir nach. Unsere Autos stehen nebeneinander, weißt du noch?«
    Es klang alles völlig unverfänglich, obwohl Deleu das Herz bis zum Hals klopfte.
Ich muss mich hinter ihm halten
. Unauffällig verlangsamte er seine Schritte. Der Golf schien sich in einen Sarg zu verwandeln.
Noch zwanzig Meter, fünfzehn!
Sein Verstand hörte nicht auf zu arbeiten, Fäden zu spinnen. Hauchfeine, flüchtige Fäden. Wie eine Spinne in der Morgendämmerung, die gegen den aufkommenden Wind ankämpft.
    Fünf Meter vom Auto entfernt fasste Deleu nach seinem Schulterholster, unauffällig und langsam. Nur sein Unterarm bewegte sich. Dann gaben seine Knie nach, weich wie Pudding. Das Letzte, was seine Sinne registrierten, war der Kofferraumdeckel des Golfs, der blitzschnell näherkam.
Der Sarg klappt auf
.
    Den dumpfen Schlag, als sein Kopf gegen die Kofferraumhaube des Wagens knallte, bekam er schon nicht mehr mit.

[home]
    55
    Samstagvormittag, 10.30 Uhr.
     
    D anielle Orolavi betrachtete ihren Geliebten mit gemischten Gefühlen. Murat Marouf saß kerzengerade auf seinem Stuhl, und ein überhebliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Wie eine Sphinx saß er da, unnahbar und unerreichbar, umgeben von einer ganzen Meute Polizeibeamter. Jozef Sonck, der Anwalt der Familie, lief nervös auf und ab. Jetzt, da er anwesend war, konnte das Schauspiel beginnen.
    »Mijnheer Marouf«, begann Jos Bosmans und rieb sich die müden Augen. Nur Kaffee und Captagon hielten ihn noch auf den Beinen. »Bitte helfen Sie mir, Ihre Unschuld zu beweisen.«
    Murat Marouf schwieg. Er sah seine Freundin an und verzog verächtlich den Mund.
    »Mijnheer Untersuchungsrichter«, bemerkte Sonck, »ist es nicht eher üblich, die Schuld eines Tatverdächtigen zu beweisen?« Meist pflegte er sich differenzierter auszudrücken, glatter, schlauer. Diesmal klang er eher matt und verzweifelt. Soncks Kanzlei befand sich am Grote Markt, mitten im Brennpunkt der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Der An-walt fuhr sich mit dem Zeigefinger zwischen Hals und Hemdkragen und musterte Marouf, der seine Worte nicht einmal gehört zu haben schien.
Diese neureichen Drogenbarone sind doch alle aus demselben Holz geschnitzt
. Auch Jos Bosmans ignorierte den Anwalt.
Es fehlt nicht viel, und der Untersuchungsrichter fällt auf die Knie wie ein Muslim, der nach Mekka betet
.
    »Ich weiß, dass Ihr Sohn entführt wurde. Warum haben Sie uns das nicht gesagt?«
    Marouf betrachtete Bosmans, dessen Lippen sich kaum bewegten, wie ein Menschenhai, der seiner Beute auflauert. Emotionslos, aber äußerst gefährlich.
    »Es wäre wirklich besser für Sie, wenn Sie uns alles erzählen. Wir wissen, dass Abram ein falsches Spiel gespielt und Sie reingelegt hat. Nur können wir ihn nicht mehr vernehmen. Er ist tot, klinisch tot.«
    Danielle Orolavi ging zu ihrem Geliebten und legte ihm eine Hand auf das Bein. Marouf wirkte, als wollte er sie jeden Moment wegschlagen wie ein lästiges Insekt. Danielle hob sein Kinn an und zwang ihn, sie anzusehen.
    »Murat. Da draußen droht ein Bürgerkrieg. Das ist es, was die immer gewollt haben. Unschuldige Menschen werden sterben, Kinder!« Letzteres stieß sie laut aufweinend hervor, mit sich überschlagender Stimme.
    Als Murat Marouf die Fäuste ballte, sprangen Pierre und Vanderkuylen gleichzeitig auf, aber der Marokkaner schien sie gar nicht zu bemerken. Er bohrte die Knöchel seiner Fäuste in seine Oberschenkel und sagte ein paar Worte auf Arabisch.
    Danielle Orolavi sank auf die Knie. Als sie den Blick hob, starrte Murat Marouf in eine andere Richtung, und ihre zarten Schultern fingen an zu bebten. Pierre konnte es nicht länger aushalten, stützte sie und half ihr beim Aufstehen. Er führte sie zu einem freien Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, wo sie sich fügsam hinsetzte.
    Mit den Zähnen zog Murat Marouf eine Zigarette aus einem blauen Päckchen und rauchte schweigend, den Filter der Ducados zwischen Daumen und Mittelfinger.
    »Das Einzige, was Sie in der Hand haben, ist unrechtmäßig erworbenes Beweismaterial!«, wetterte Sonck und lief rot an.

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