Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
würde reichen, um seinen Standort zu verraten.
Kein Geräusch mehr, keine Bewegung, nichts
.
Vorsichtig zog er den Kugelschreiber aus seiner Brusttasche und warf ihn in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Da! Huschende Schritte, gefolgt von zwei schaurigen Schreien!
Frank Tack zuckte zusammen, ließ sich auf den Bauch fallen, gab zwei Schüsse in Richtung der Stimme ab, rollte sich um die eigene Achse und schoss noch zweimal. Als er die Taschenlampe einschaltete, machte sich der graue Kater blitzschnell davon.
Jede einzelne Zelle hatte er untersucht, alle waren sie leer gewesen, und nirgendwo gab es einen Ausgang. Weder einen Durchgang zum Obergeschoss noch eine Tür zum Keller, den es zweifellos geben musste. Entmutigt schaltete er die Lampe aus, und zu seiner Überraschung gewöhnten sich seine Augen diesmal rasch an die Dunkelheit. Der Grund war schnell gefunden: Am Ende des Ganges stand eine Tür einen Spaltbreit offen, und das Licht einer Straßenlaterne fiel herein.
Tack erstarrte und drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand, während er mit beiden Händen die Magnum umklammerte. Schritt für Schritt schlich er rückwärts in die nächste Zelle hinein. Es gelang ihm nicht, seinen Atem wieder zu beruhigen, als er in der dritten Zelle stehen blieb. Mit dem Rücken an der feuchten Wand ließ er sich in die Hocke sinken und wischte sich mit dem Ärmel seines Tropenhemdes das Gesicht ab. Das Salz brannte ihm in den Augen. Salz und Schwefel.
Bei der Berührung stockte ihm der Atem. Kühles Metall an seiner glühenden Wange. Ehe er begriff, wie ihm geschah, wurde ihm der Arm umgedreht und eine Hand-schelle angelegt. Der Angreifer verstärkte den Druck und riss seinen Arm schräg nach oben. Frank Tack wandte den Kopf zur Seite und überlegte, anzugreifen, aber der grelle Lichtstrahl blendete ihn. Während er mit der freien Hand die Augen abschirmte, sah er in dem diffusen gelben Schein eine Mönchskapuze. Riesenhaft und drohend.
Ein Trainingsanzug. Der Jogger
.
»Frank?«
Diese Stimme! Die kannte er doch? Der Jogger streifte die Kapuze ab und hielt sich die Stablampe unter das Kinn. Der Lichtstrahl betonte die Nase, die Stirn und die Wangenknochen. Die hohlen Wangen glichen dunklen Seen.
»Deleu!«
»Frank! Was machst du denn hier?«, kam es ebenso erstaunt zurück. Dirk Deleu drückte seinem Kollegen noch immer den Revolver an die Wange.
Tack schob vorsichtig den Lauf beiseite. »Würdest du …?«
»Entschuldige«, sagte Deleu, hielt die Waffe aber weiterhin im Anschlag.
Frank Tack bückte sich und steckte seine Magnum in das Schulterholster. »Ich habe von einem Informanten einen Tipp erhalten, dass hier heute Abend eine Drogenübergabe stattfindet, an der auch ein Mitglied von Maroufs Bande beteiligt sein soll. Hat Vereecken dich als Verstärkung geschickt? Bist du sonst noch jemandem begegnet?«
Deleu ignorierte die erste Frage und gab seinem Kollegen den Schlüssel für die Handschellen. »Nein, niemandem.
Hier ist keine Menschenseele.«
Frank Tack richtete sich mühsam auf und klopfte sich den Staub vom Hintern. Die beiden Männer musterten einander mit forschenden Blicken.
»Was machst du hier, Deleu?«
»Man hat uns beide reingelegt, Frank. Auch ich habe einen Hinweis erhalten. Nur wusste ich nicht, dass es um eine Drogenübergabe ging.«
»Von wem kam der Hinweis?«
»Ich weiß es nicht. Der Mann hat nur eine wirre Nachricht auf der Mailbox meines Handys hinterlassen. Irgendwas mit Beweismaterial gegen Geld. Ich sollte einhundertfünfzigtausend Euro mitbringen, im Gegenzug wollte er mir wichtiges Beweismaterial übergeben. Er sagte, er wolle aus der ganzen Sache raus.«
Tack klopfte seinem Kollegen auf die Schulter. Weißer Staub wirbelte nach allen Seiten auf. »Hast du die Kohle dabei?«
»Sehr witzig.«
»Schade, sonst hätten wir uns beide auf eine tropische Insel absetzen können. Ich hab nämlich die Nase gestrichen voll, Deleu. Ich auch.«
»Wer war dein Informant, Frank?«
»Hassan Kader. Einer der jungen Männer aus Maroufs Umfeld. Ich habe ihn bestochen.«
»Aus eigener Tasche?«
»Ach, hundert Euro hier, hundert Euro da. Ich habe ihn nicht um eine Quittung gebeten.« Tack grinste, doch zugleich runzelte er die Stirn. »Ich frage mich, was diese ganze Aktion soll? Hat uns absichtlich jemand hierher gelockt, vielleicht, um uns vorübergehend von der Bildfläche verschwinden zu lassen? An was für einem Auftrag arbeitest du momentan?«
»Ach, an nichts
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