Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn
ihren Lieblingssalamander. Als das Tierchen einige Tage später starb, war sie wochenlang untröstlich gewesen. Das dritte Bild zeigte seine inzwischen erwachsene Tochter im Wochenbett, direkt nach der Geburt. Ihr Gesicht war von der Anstrengung gezeichnet, und ihre Haare klebten in feuchten Strähnen an ihren Schläfen. Ihre müden Augen strahlten eine Mischung aus Verwunderung und unermesslichem Glück aus.
Bosmans fuhr sich mit einer Hand über sein schütter werdendes Haar und nickte Deleu aufmunternd zu, als dieser mit schmerzverzerrtem Gesicht hüstelte.
»Geh zum Arzt, Dirk.«
»Keine Zeit.«
Bosmans griff nach seiner Tasse und stieß damit gegen die von Deleu. Beide tranken einen Schluck. Dann summte Bosmans’ Handy.
Er meldete sich, und kurz darauf spiegelten sich die unterschiedlichsten Gefühle auf seinem Gesicht wider.
»Komm, lass uns gehen«, sagte er und fasste seinen Freund an der Schulter, etwas länger als gewöhnlich.
Die Wirtin seufzte, als die beiden Hals über Kopf aufbrachen. Sie nahm einen Block aus der Schublade und malte je ein Kreuzchen unter die Namen »Bosmans« und »Deleu«.
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Dienstag, 25 . November – 10 Uhr 20
I n Bosmans’ Büro war es totenstill, nachdem der dicke Wirt beide Hände auf den Bauch gelegt und verkündet hatte: »Ja, das ist er. Ich bin mir sicher.«
Sechs Augenpaare starrten ihn so eindringlich an, als sei er ein Marsmännchen, das gerade aus einer fliegenden Untertasse geklettert war.
»Sind Sie wirklich ganz sicher?«, fragte Nadia Mendonck atemlos und zerrte dabei nervös am Reißverschluss ihres Pullovers.
Der Wirt wandte sich ihr zu und antwortete augenzwinkernd: »Junge Frau, ich habe zwar nicht studiert, aber wenn ich sage, dass ich mir ganz sicher bin, dann können Sie Gift drauf nehmen.«
»Schon gut, danke«, unterbrach ihn Bosmans. »Inspecteur Vindevogel« – er zeigte auf den schielenden Pierre – »wird Ihre Aussage im Büro nebenan aufnehmen.«
Der Wirt stand auf und folgte dem Ermittler, der ihn mit einem gereizten Nicken zum Mitkommen aufforderte.
Ich werde wieder zur Drecksarbeit verdonnert. Und die großen Strategen schmieden in der Zwischenzeit große Pläne.
Nachdem die beiden weg waren, sprach zunächst keiner ein Wort, als wolle jeder den anderen Kollegen genügend Zeit lassen, die Fakten zu sortieren und die Puzzlestücke zusammenzusetzen.
Die Aussage des Kneipenwirts, der sich auf den Fahndungsaufruf hin gemeldet hatte, hatte dem Fall einen neuen Impuls gegeben.
Der Wirt hatte Herman Verbist, dessen Fahndungsfoto und Personenbeschreibung inzwischen in ganz Belgien verbreitet worden waren, zweifelsfrei als jenen Mann identifiziert, der in seinem Lokal eine halbe Stunde vor dem brutalen Mord im Park genau dann zum Fenster hinausgestarrt hatte, als die Frau mit dem Kinderwagen vorbeigekommen war. Leider hatte der Wirt ihr Gesicht nicht gesehen.
»Also, wir wissen, dass Verbists Mutter im Damiaancentrum untergebracht ist. In der geschlossenen Psychiatrie«, sagte Deleu und brach damit als Erster das drückende Schweigen.
Bosmans sprang auf, stieß seine Kaffeetasse um und rannte zur Tür.
»Van Bever …«, glaubte Deleu zu verstehen. Er rieb sich die Augen und blickte gereizt zu Walter Vereecken, der in seinem Rollstuhl auf- und abwippte.
»Wir müssen sein Auto finden, dann haben wir ihn«, sagte Nadia Mendonck.
Ohne sein Wippen zu unterbrechen, antwortete Walter Vereecken lakonisch: »Das haben wir schon vor einer Stunde gefunden. Am Bahnhof von Mechelen.«
Deleu und Nadia sahen ihn fragend an.
»Leer«, seufzte Vereecken.
»Und die Papiere?«
»Waren auch nicht drin. Aber der Fiat gehört definitiv Herman Verbist und ist auf seine Adresse in Eppegem zugelassen.«
»Wir müssen das ganze Haus noch einmal auf den Kopf stellen, vielleicht finden wir da einen Anhaltspunkt. Irgendetwas aus seiner Vergangenheit«, murmelte Deleu.
Wo könnte sich so einer verstecken?
, dachte Nadia Mendonck im Stillen und fragte: »Hat er Geld?«
»Das müssen wir dringend recherchieren. Wir müssen eine Krisensitzung anberaumen. Wir müssen die Aufgaben vert…«
Türenknallen unterbrach ihn mitten im Wort. Bosmans kam hereingestürmt. Die Adern an seinem Hals waren geschwollen, und er verkündete: »Die Fingerabdrücke stimmen überein! Herman Verbist hat Jenny Peulders mit dem Tischlerhammer ermordet und das Baby …«
Jos Bosmans blickte hinauf zur Zimmerdecke und seufzte schwer.
»Babysachen!«, rief Deleu.
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