Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
fleischigen, rosa Kerbe. Sein Siegelring glitzert. Er reibt ihre Vagina. Sie glänzt. Eine glänzende Scheide. Ich schaue auf die Schneide … die scharfe Schneide meines Messers.
Ihn steche ich zuerst ab. Ramme das Messer in seinen schwammigen Bauch. Der Schaum verfärbt sich rot. Gestrampel. Drei … vier … fünf Mal. Er erschlafft. Ihr Blick. In ihre Brüste. In ihren Hintern. Ihr Blick ist himmlisch. Die Blasen blubbern nicht mehr. Ich puste den Schaum weg. Ihr Gesicht unter der Wasseroberfläche ist schön. Engelsgleich. Unschuldig. Es macht mich rasend. Zustechen und zustechen … und noch mal zustechen … zustechen.
»Meneer … Meneer de Bruyn …« Keuchen. »Ich … ich fühl mich nicht gut. Ich muss … Können Sie auf …«
Der Mann schaute sie weiterhin lächelnd an, unternahm aber nichts.
Barbara Wittewrongel hielt sich mit beiden Händen am Tisch fest. Es kostete sie enorme Kraft, aufzustehen. Sie wankte. Ihre Beine fühlten sich an wie Gummi. Ihr Körper schaukelte hin und her. Ihre rechte Brust streifte Hermans’ Schulter, der wie versteinert zusah. Er unternahm nicht einmal den Versuch, sie aufzufangen, als ihre Wange auf den Tisch prallte und ihr erschlaffter Körper zu Boden sank.
Sie strömten herbei. Von allen Seiten. Neugierige Zuschauer. Katastrophentouristen. Sie drängten sich um ihren reglosen Körper.
»Aus dem Weg. Machen Sie doch mal Platz. Es ist nichts Ernstes. Meine Frau hat einen epileptischen Anfall.« Der Mann in dem gutgeschnittenen Anzug gestikulierte wild mit den Armen. »Bitte, Herrschaften. Lassen Sie ihr doch etwas Luft.«
Die Zuschauer wichen einen Schritt zurück, drängten dann aber wieder näher. Sensationslüstern.
Der Geschäftsführer, Anfang dreißig, mit spitz zulaufenden Koteletten, kam herbeigeeilt. Ratlos rieb er sich den Kinnbart und beugte sich zu Hermans herab. »Äh, ist alles in Ordnung? Soll ich den Notarzt rufen?«
Bert Hermans richtete sich auf. Barbara Wittewrongel hing wie ein nasses Spültuch in seinen Armen. Mechanisch marschierte er zum Ausgang, beobachtet von etlichen neugierigen Augenpaaren. An der Tür drehte er sich um. »Könnten Sie vielleicht den Kinderwagen kurz nach draußen bringen? Vielen Dank. Ich hab die nötigen Medikamente in unserem Auto.«
Sein Ton hatte etwas Befehlsmäßiges, Militärisches. Der Geschäftsführer kam der Aufforderung sofort nach, blindlings. Als er mit aufgekrempelten Ärmeln auf dem Gehweg stand, zitterte er, folgte dem Mann aber zu dessen Wagen. Ein Toyota Corolla. Ein Kombi.
Ehe er sich’s versah, lag die Frau auf der Rückbank. Der unglückselige Ehemann löste rasch und problemlos den Kinderwagen vom Untergestell und schob das Oberteil auf den Beifahrersitz. Verblüffend geschickt und kaltblütig. Offensichtlich wusste er genau, was er tat. Das Fahrgestell legte er in den Kofferraum. Das Baby schrie, ein abgehacktes, monotones Weinen. Der Corolla fuhr los, und der Geschäftsführer schaute ihm nach, bis dessen Rücklichter im dichten Verkehr untertauchten. Er zitterte, rieb sich die nackten Arme, drehte sich ruckartig um und hastete zurück zu seinem Café.
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16
D irk Deleu sah aus, als wäre er von einem Zehntonner überrollt worden. Nach dem kräftezehrenden Verhör war er nach Hause gefahren und hatte sich vollständig bekleidet aufs Bett gelegt. Zu Tode erschöpft. Trotzdem konnte er nicht einschlafen.
Seine erste Amtshandlung an diesem Morgen hatte darin bestanden, Bosmans anzurufen. Flankiert von Rechtsanwalt Devriese, einem gewieften Strafverteidiger, hatte Mispelters kein Wort mehr gesagt.
Auch Nadia Mendonck war noch immer wie vom Erdboden verschluckt. Deleu hatte sich zu ihrer Wohnung aufgemacht, aber dort niemanden angetroffen. Daraufhin hatte er Bosmans angerufen, der seine Zustimmung gab, diesen Psychotherapeuten Beherman zu kontaktieren. Doch der war unerreichbar. Nach kurzem Hin und Her hatte Bosmans Deleu dann schließlich freie Hand gegeben, den Mann in seiner Praxis an der Ridder Dessainlaan aufzusuchen.
Möglicherweise der letzte Mensch, der Nadia noch lebend gesehen hat.
Das Wort »lebend« jagte Deleu einen eisigen Schauer über den Rücken. Er beschleunigte seine Schritte.
Zu seiner Überraschung stand die Haustür einen Spalt offen. Deleu betrat den Flur. Hier war es dunkel, und ein seltsamer Geruch hing in der Luft – ein Geruch, den er zwar kannte, aber nicht sofort identifizieren konnte.
Formaldehyd … wie im Leichenschauhaus …
Deleu
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