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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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Blick auf seine Hand, seine Finger. Schlank, aber kräftig. Kein Ring. Auch nicht an der anderen Hand. Keinerlei Schmuck. Sie erwischte sich dabei, wie ihre Phantasie mit ihr durchging. Das war ihr früher nie passiert, solche Gedanken hatte sie nie gehabt. Jedenfalls nicht mehr, seit sie und Dirk verheiratet waren. »Barbara. Barbara Wittewrongel.«
    Als sie ihre Hand ausstreckte und aufschaute, war der Mann schon wieder verschwunden. Abrupt zog sie die Hand zurück und sah seinem breiten Rücken nach. Der freundliche Mann eilte mit Riesenschritten zur Selbstbedienungstheke.
    Wahrscheinlich hat er es eilig. Ein Manager. Ein Geschäftsessen oder so was.
    Barbara lächelte. Dazu war sie sowieso noch nicht bereit. Jetzt noch nicht. Vielleicht niemals. Von ihrem Mann, ihrem gesetzlich angetrauten Ehemann, von Dirk Deleu, hatte sie während der letzten vierzehn Tage nichts mehr gehört. Er war nicht einmal vorbeigekommen, um Charlotte abzuholen.
    Dabei liebt er seine Kinder. Ach, Dirk, mit dir wollte ich alt werden.
    Der Anblick des kaffeegetränkten Croissants vertrieb ihren Anflug von Melancholie. Barbara Wittewrongel seufzte und stellte die Tasse, in der nur noch ein Rest Kaffee schwamm, wieder aufrecht auf den Unterteller. Während sie überlegte, ob sie das Croissant in der Mitte durchbrechen und die genießbare Hälfte vielleicht doch essen sollte, tippte ihr jemand auf die Schulter. Überrascht schaute sie sich um.
    Es war der Manager. Er lächelte und balancierte ein Tablett – mit zwei Tassen Kaffee und einem Teller, auf dem ein Kirsch-Croissant lag. »Hier bitte. Und nochmals meine aufrichtige Entschuldigung«, sagte er, schob das benutzte Tablett ein Stück zur Seite und stellte die Kaffeetasse und das Croissant vor ihr auf den Tisch. Dann zögerte er und schaute sich suchend um. Die Bahnhofscafeteria war noch immer brechend voll.
    Barbara und der Mann sahen sich an. Seine grauen Augen hatten »das gewisse Etwas«. Sie glänzten. Sie hypnotisierten. Eiskristalle in einer kalten Winternacht. Nervös wandte sie den Blick ab und nippte an ihrer Tasse. »Setzen Sie sich doch.« Sie errötete. Die Worte waren ihr herausgerutscht, ehe sie darüber nachdenken konnte. »Wenn Sie möchten.«
    »Danke. Gern.« Der Mann streckte ihr die Hand entgegen. »Ich heiße Patrick. Patrick de Bruyn. Psychologe.«
    »Barbara. Barbara Wittewrongel. Äh … Hausfrau.«
    Beinahe geschieden, ohne festes Einkommen, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und wieder bei den Eltern wohnend.
    Der Psychologe lächelte und nippte an seiner Tasse.
    Barbara gähnte verstohlen, nahm noch einen kräftigen Schluck Kaffee und biss zögernd in ein Ende ihres Croissants.
     
    Sie spürt es bereits. Es geht schnell. Sie begreift es nicht. Ihre Augen verlieren ihren Glanz. Zerdrückte Rohypnol-Tabletten, vermischt mit Flunitrazepam und einem Schuss Haldol – ein gnadenloser Cocktail. Von Marc Dutroux gelernt, indirekt, aus einer Zeitungsreportage. Die Wirkung ist in der Tat verblüffend, ich hab es in meiner Praxis gründlich getestet … bis ich die perfekte Rezeptur hatte. Zuerst bei einer alten Hexe. Ein reines Experiment. Sie hat über zwölf Stunden auf der Liege gelegen. Total ausgezählt. Als sie wieder zu sich kam, konnte sie sich an nichts mehr erinnern. Sie hatte stechende Kopfschmerzen, und ihr Puls raste. Danach hab ich das Redomex weggelassen. Und die anderen Mittel höher dosiert. Ich hab gelernt, alles sorgfältig zu dosieren. Faszinierende Experimente waren das. Diese appetitliche Hilde Plaetinck hat eine halbe Stunde lang phantasiert. Sie wusste nicht mal mehr, wer sie war, als sie wieder aufwachte. Nicht mal, dass sie geschlafen hatte. Die promiskuitive Schlampe wusste nichts mehr. Sie hat alles gebeichtet. Vorbei mit den Lügen. Aus und vorbei. Sex mit einem verheirateten Mann. Ein pathologischer Manager. Gottes Wille geschehe. Ekelerregend. Sie hat mich so derart angewidert, dass ich nicht mehr warten konnte. Der schmähliche Fehlschlag in ihrem Auto. Vergiss es, Bert. Vergib dir selbst. Die Freude war umso größer. In diesem Zimmer des Ehebruchs und des Spermas. An diesem gottlosen Ort. Sie ist gestorben. Mit meinem Bild auf ihrer Netzhaut, da bin ich mir sicher.
     
    Der Mann neben ihr räusperte sich, als ob er etwas im Hals hätte. Barbara schaute zur Seite. Das Gespräch war verstummt. Es gelang ihr kaum noch, den Kopf zu heben. Ihre Lider waren so schwer. Mit zitternder Hand hob sie die Tasse hoch. Der Mann sah es,

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