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Bostjans Flug - Roman

Bostjans Flug - Roman

Titel: Bostjans Flug - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Versuchungen, als daß sie sich für unerprobte, fremde Versuchungen erwärmen, die bei der Beichte noch erklärt werden müssen; und was die weiblichen Heiligen betrifft, ist es besser, erst gar nicht zu wissen, was sich unter ihrem Gewand verbirgt. Jeder Jugendliche könnte bestätigen, wie eifrig Hochwürden die dörflichen Vergnügungen beaufsichtigt und sie unter das Pfarrdach umzusiedeln trachtet und wie sehr ihm die Freuden Kummer bereiten, die anderwärtig, unter Privatdächern, stattfinden, und daß ihm jene in Dvevode ein Dorn im Auge sind.
    Mit einigen Sünden verhält es sich wie mit den Gummifliegen: du haust auf eine drauf, daß dir alle fünf Finger brennen, hebst du dann die Hand, fliegt sie fröhlich und munter davon. Die Schamgegend ist so eine Sünde, das Sperma ist so eine Sünde, dieser fette Bitterkäse, der sich dort so gern bildet, wo es eng ist, und von dem solche Mengen verschlungen werden. Er betrachtete aus der Nähe, was er bisher nur aus der Ferne gesehen hatte, und was er sah, waren verkrümmte Leiber, plattgemeißelte Brüste, eingefallene Hinterteile, schlaffe, abgemagerte Schenkel. Von Fleisch und Rundung, Rundung und Fleisch kei
ne Spur. Auch in St. Marjeta durfte man nicht sehen, was man in Irland nicht sehen durfte.
    Marjeta hatte entweder ein heiliger Eifer oder ein heiliger Zorn in diese einfache Bergwelt gebracht, unter diese leichtgläubigen Ammen und Hirten, Taglöhner, Mietlinge, Bauern und Holzer; sie hatte Irland und ihren königlichen Gemahl verlassen, um hier den Armen und Schwachen Wohltaten zu erweisen. Kinder hatte sie keine, weil die Heilige schon zu Lebzeiten eine Heilige war und sich mit keinem Mann befleckte, von allem Anfang an hielt sie ihre Rose verschlossen, brachte die Heiligkeit nicht durch Männersachen in Gefahr. Des Gemahls, der vorerst nachgiebig und zugleich beharrlich wartete, wann die Rose sich ihm öffnen, zu blühen und zu duften beginnen würde, wußte sie sich anders nicht zu erwehren als dadurch, daß sie Gott um Hilfe anrief. Er erhörte ihre Bitte unverzüglich, drängte es beide doch von Tag zu Tag mehr in ihre je eigene Richtung, und er fügte es, daß ihre Brüste erschlafften und verwelkten, ihr Süßestes tat einen Mucks, worauf dem König alle Lust verging. Umso schöner erhob sich bei ihm dafür die Kampfeslust, als er das Schwert gegen die Heiden schwang, den Fremdgläubigen die Köpfe vom Rumpf hieb, die Ungläubigen metzelte, in größter Reinheit gewann er die Freude wieder nach beendetem Kampf, wenn die Feinde auf dem Schlachtfeld lagen. Schon einige heilige Taten hinter sich, noch mehr aber vor sich, vermißte er angesichts solcher Siege die Gemahlin nicht besonders, zumal er mit ihr stets in Sündennähe lebte und ihn auch die Weisheit des Aquinaten verlegen machte, welcher lehrte: Wer aus purer Lust geschlechtlich verkehrt, begeht eine Todsünde, wer geschlechtlich verkehrt mit Abscheu und Widerwillen, ist sündenfrei, wer nicht verkehrt, verrichtet eine
gute Tat. So gingen sie im Einvernehmen und mit der stillen päpstlichen Zustimmung auseinander, um noch viel Gutes zu verrichten, sie in die Welt hinaus, er in Kampf und Sieg. Und außerdem, was ist schon an dem kurzen Vergnügen mit einer Frau, das keine Ehre einträgt und von dem keine Geschichte berichtet, was ist so ein kurzer Spaß im Vergleich zu dem Ruhm, den eine gewonnene Schlacht bringt! Was ein Mann braucht, sind blutige Hände für den einzig wahren Glauben, und schon begleitet ihn ein Heiligenschein: sein Vorbild Karl der Große, in einem Relief der Kathedrale abgebildet, einer der größten Massenmörder, hatte im Namen der göttlichen Liebe ganze Nationen niedergemetzelt und wurde dafür zu den Seligen erhoben, ein bißchen vergossenes Blut fehlte noch, und er würde zu den Heiligen gehören.
    Boštjan setzte sich in die erste Bank und starrte auf die stattliche Fürbitterin, die im heiligen Samt und von der Sonne umspielt vor ihm stand. Sein Blick blieb an ihrem Kleid hängen, das freudig zu rascheln begann. Lag es an der ungewöhnlichen Hitze, erfaßt ihn still und leise das göttliche Fluidum, oder trügen ihn seine Augen? Einen Moment lang schien es, als hätte sie ihn angelächelt und ihm zugezwinkert, mit der Linken den Umhang ein wenig gelüftet, daß sich die Knöchel zeigten, und es war nicht ganz auszuschließen, sie könnte vom Altar zu ihm heruntersteigen. In der Rechten hielt sie die Krone, wie um sie ihm anzubieten, daß es ihn schon in den Fingern

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