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Bostjans Flug - Roman

Bostjans Flug - Roman

Titel: Bostjans Flug - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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juckte. Der Mesner, Linas Vater, der in der Kirche zu tun hat, sei sie gerammelt voll oder völlig leer, behauptet, daß Marjeta die Krone fest an die Brust drücke, wenn die Kirche leer sei, und von sich strecke, wenn die Gemeinde versammelt sei. Manch einer habe bereits seine Hand danach ausgestreckt, im Glauben, sie würde
sie ihm, ihrem Auserwählten, reichen, doch Marjeta gibt sie nicht aus der Hand und steigt auch nicht vom Altar herab. Daraus läßt sich lernen! Wunder vollbringt die fremde Wundertäterin nur, wenn vor ihr wunder wie viele Leute versammelt sind, denn nur in der Menge ist die Krone vor Halunken sicher. Je dichter sich die Menge drängt, desto weiter streckt die fremde Heilige die Insignien der Macht von ihrem Körper weg, bis es ihnen unter den Nägeln brennt und sie nur schwer der Versuchung widerstehen können. Sie ist eine aufregende Heilige, keine dieser langweiligen und aschebestreuten in härenem Gewand, eine attraktive und außergewöhnliche Adelige im Prachtkleid, eine Aufreizende, die niemanden kaltläßt; kein Wunder, daß da auch dem Mesner das Feuerhorn zittert, wenn er die Kerzen anzündet und die Heilige mit einem Blick von der Seite streift, verwundert, wie sie sich so täuschen und bei ihrer Schönheit in dieses Hinterland verirren konnte und dablieb, nachdem sie sich unter den Leuten umgesehen hatte, so wie sie hinter dem Mesner versammelt waren. Linas Vater, der Mesner, lebt auf vertrautem Fuß mit der Patronin Marjeta; wann immer er kann, auch wenn es nicht unbedingt nötig ist, hält er sich in der Kirche auf und fächelt regelmäßig mit dem Staubwedel über die Heiligen; so kam er ihr auf Rufweite nahe und schließlich bis auf Flüsternähe an sie heran. Und sie hat ihn wirklich betört. Für sie gehörte er zu jenen, die genau wissen, was Gottes Wille ist und was nicht, worin Gottes Wille besteht und worin nicht, welcher es ist und welcher nicht, wo er vorwiegend ist und wo weniger. So weiß der Mesner auch zuverlässig, was auf dieser Welt recht ist und was falsch. Er genießt besondere Privilegien und darf sogar die Lunula berühren, er hat alle Kirchenschlüssel, auch die heiligsten für das Sakrarium; wegen des kräftigen
eisernen Klangs rasselt er damit gern auch einmal nur so zwischendurch in der Kirche und anderswo, um seine Macht zu zeigen, oder kurz als Wink und Ermahnung, wenn die Leute in einer Bauernstube bei der Christenlehre versammelt sind und das Gähnen durch die Runde geht. Er ist tief in die Heiligengemeinschaft eingetaucht und hat sich dadurch an das Jenseits gebunden, hat es mit übernatürlichen Dingen zu tun bekommen und Einblick erhalten in den Pulsgang des Unsichtbaren, der Vernunft Unzugänglichen. Er wurde zum Gehilfen und engen Vertrauten des Pfarrers und sah manches, was andere nicht sahen. Er stand daneben, wenn Hochwürden mit der Monstranz beim Umgang den Segen erteilte und es in den Ähren zu rascheln begann und sich die Halme neigten, nur die einfältigen Grannen ragten widerborstig empor. Er war Zeuge, als zu Pfingsten die Birken struppig dastanden und sich die Stammrinde kräuselte, weil sie vom Fadenbärtchen des Heiligen Geistes gekitzelt worden war; er hörte, wie es auf den Boden plumpste, als die Wöchnerin um den Altar getrieben wurde, die reuig zur Wiedereinführung erschienen war, weil sie sich mit einem Mann befleckt hatte. Der Mesner, eingeführt in die Geheimnisse des göttlichen Willens, wußte allein schon deshalb, weil er mit den Paramenten in Berührung stand, über die Umstände Bescheid, unter denen der Wille Gottes Gottes Wille ist. Den Willen Gottes kennt allerdings nur der Pfarrer, weil das Dach mit einem Blitzableiter ausgestattet ist, durch den nicht nur die Elektrizität abgeleitet wird, über den Blitzableiter kommt Gottes Wille verdichtet und in Reinform ins Haus. Der Mesner wurde in die Gesellschaft der Gotteswilligen aufgenommen, immer zur Stelle, um einzuspringen und seinen Teil beizutragen, um den Dogmen und Dramen des Pfarrers die nötigen Dau
ben und Schrauben zu verpassen, damit das, was sie von sich geben, nicht dem Faß den Boden ausschlägt. Er springt bei, wenn Hochwürden ein unwissendes Kind mit der Erstkommunion und anderen Beschwörungen an sich zu fesseln trachtet, einen Verstockten diszipliniert, mit dem Teufel paktiert oder die Schlechtigkeit austreibt, zu zweit tut es sich leichter. Er setzt sich mit dem Leibhaftigen und seinen verschiedensten Erscheinungsweisen auseinander; vertreiben,

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