Bote ins Jenseits
erzählt, dass es jemanden gibt, der ihm Angst eingejagt hat. Thore hatte, soweit ich weiß, vor so ziemlich gar nichts Angst.«
»Halten Sie es für möglich, dass Herr Kamp sich absichtlich eine Überdosis verpasst hat?«
»Ausgeschlossen!«, antwortete Tibbe wie aus der Pistole geschossen. »Ich kann für mich beanspruchen, ihn wirklich sehr gut gekannt zu haben. Für Selbstmord gab es keinen Grund. Er hatte doch alles. Einen tollen Job, der ihm sehr viel bedeutet hat, eine tolle Frau, die kurz davor war, ihm zu verfallen, eine Schwester, die ihm alles bedeutete und sich vor lauter Bruderliebe manchmal wahrscheinlich gar nicht retten konnte…«
Der Hund jaulte leise auf.
»… und den besten, besten Freund, den man sich wünschen kann. Nein, Selbstmord war das nicht, es war ein Unfall. Das ist mindestens genauso ärgerlich, aber weniger anrüchig. Es gibt einige in unserer Firma, die sich mit Spekulationen in dieser Richtung die Langeweile vertreiben. Diese Arschlöcher wagen inzwischen nicht mehr dies zu tun, wenn die Möglichkeit besteht, ich könnte es mitbekommen. Bevor Sie jetzt aber anfangen, in diese Kerbe zu schlagen, es handelt sich dabei nicht um potenzielle Mörder von Thore. Es sind nur Neidhammel oder von der Bedeutungslosigkeit ihres eigenen Lebens angepisste Spießer, die plötzlich die Möglichkeit sehen, mal mit ‘nem richtig tollen Spruch aus der Sonne zu kommen.«
Der Mann kaute auf seiner Unterlippe. »Sie scheinen sich da sehr sicher zu sein.«
Tibbe hob die Schultern machte eine abwiegelnde Geste. »Na, was auch sonst? Wie kann man denn wohl etwas daran drehen, dass jemand einen Zuckerschock bekommt? Da hätte man ihn schon mästen müssen. Selbst die Polizei hat ja wohl keine Anzeichen für ein Verbrechen gefunden, sonst würde sie längst ermitteln. Ich kann sehr gut verstehen, dass es Thores Schwester schwerfällt, zu akzeptieren, dass sie ihren Bruder, einen ausgewiesenen Perfektionisten, durch einen wirklich dummen Unfall verloren hat. Aber alle Verdächtigungen machen ihn nicht wieder lebendig. Sie sollte ihre Zeit nicht damit verschwenden, nach einem Täter zu suchen, den es nicht gibt. Ohne sie persönlich je kennengelernt zu haben, ich halte es für besser, wenn sie versucht, den Blick nach vorne zu richten und ihr Leben ohne Thore weiterzuleben.«
Der Hund hatte sich zu Tibbes Füßen zusammengerollt und fiepte herzerweichend. Tibbe erbarmte sich seiner und kraulte ihn hinter den Ohren.
»Sind die Hündinnen läufig?«, fragte er belustigt.
»Was? Ach so, ja. Stimmt. Ich fürchte, ich muss ihn demnächst doch kastrieren lassen. Es gibt Tage, da macht es einen verrückt!«
Der Hund unterbrach sein Winseln und schaffte es, seinem Herrchen einen wirklich vorwurfsvollen Blick zu schenken. Aber Herrchen grinste nur und nickte dem Hund zu. »Guter Rufus! Wirst es mir danken, alter Knabe.« Er kratzte sich am Kopf und räusperte sich. »Darf ich Sie trotzdem bitten, noch einmal darüber nachzudenken? Ich verstehe Ihre Argumente durchaus. Es gibt da nur eine Sache, die Sie offensichtlich nicht wissen, und von der außer der Polizei nur die nächsten Angehörigen erfahren haben. Man hält es durchaus für möglich, dass Herr Kamp Suizid begangen hat. Dieser Verdacht wirft gewisse Probleme hinsichtlich einer Lebensversicherung auf, in der als alleinige Begünstigte meine Auftraggeberin vorgesehen ist. Es geht ihr natürlich nicht ums Geld. Wie Sie schon sagten, das macht ihn nicht wieder lebendig. Trotzdem verweigert die Versicherung eine Auszahlung, solange der Verdacht eines Suizids nicht widerlegt werden kann. Ich glaube, es wäre ganz sicher nicht im Sinne Ihres Freundes gewesen, seiner Schwester das ihr zustehende Geld aufgrund eines hanebüchenen Verdachtes vorzuenthalten.«
Tibbe machte ein besorgtes Gesicht, dachte nach und kratzte sich geistesabwesend in der Leistengegend. Er wähnte sich in der Gegenwart eines Mannes, der auf gutes Benehmen keinen allzu großen Wert legte. Zumindest das Äußere dieses Privatermittlers sprach dafür, dass er selbst keinen Vertrag damit hatte.
»Okay. Na gut. Überredet. Ich werde mir ein paar Gedanken machen. Versprechen Sie sich aber nicht zu viel davon. Und wenn mir ein Name einfallen sollte, ist doch wohl klar, dass Sie den nicht von mir haben!«
Der Mann stand auf und hielt Tibbe die Hand hin. »Mein Wort drauf, Herr Tibbe. Versprochen. Darf ich Sie morgen wieder belästigen?«
Tibbe erhob sich, untermalt von einem herzhaften
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