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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
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irgendwo hinging, um etwas enorm Verdächtiges zu tun. Ebenfalls ohne Ergebnis. Trotzdem konnte kein Zweifel bestehen: Man beobachte ihn. Wenn ihm nichts auffiel, konnte das nur bedeuten, dass sie ihre besten Leute auf ihn angesetzt hatten!
    Mit seinem lächerlichen Verhalten von neulich hatte er ihnen allerdings auch einen verdammt guten Anlass dafür geliefert – nein, er hatte ihn sogar auf einem silbernen Tablett serviert.
    Was für ein dummer, dummer Fehler. Und das alles nur, weil er schon vorher Mist gebaut hatte – zu berauscht von seiner vermeintlichen Perfektion.
    Bindernagel öffnete sein E-Mail-Postfach und suchte nach einem bestimmten Namen. Jens Munzel, Betreff: Kinderwagen. Das war die Mail, die er suchte.
    Er las sie sich zum x-ten Mal durch und war, wie jedes Mal, wenn er das tat, so stolz auf sich, dass er kurzzeitig sogar seine Angst vergaß.
    Nein, es war kein leichter Weg bis zu dieser Mail gewesen. Natürlich war auch ein kleines bisschen Glück dabei, aber das brauchte man nun mal, wenn man es zu etwas bringen wollte.
    Das ganze Elend hatte an dem Morgen angefangen, an dem er seinen lange entwickelten Plan in die Tat umgesetzt hatte. Er erinnerte sich noch sehr lebhaft an den Kick, den ihm die Aktion damals versetzt hatte. Er war überzeugt, das perfekte Verbrechen zu begehen. Wer sonst, wenn nicht er, wäre dazu überhaupt in der Lage gewesen? Und wenn dann endlich alles so gelaufen sein würde, wie er es geplant hatte, wäre der Weg zum Herzen seiner geliebten Marita endlich wieder frei – und dieser miese, überzuckerte Drecksack, der ihm seine Freundin einfach weggenommen hatte, würde kein Insulin mehr brauchen.
    Zu Beginn lief auch alles ganz fantastisch. Den Kofferraum von diesem alten Golf Cabrio aufzukriegen, war nicht mal etwas, worauf er sich was einbildete. Jedes Kindergartenkind hätte das geschafft, und er hatte in seiner Jugend schon ganz andere Dinger aufbekommen. Aber wer hätte schon daran gedacht, zum Aufbocken der Karre um Himmels willen nur den originalen Wagenheber zu verwenden? Markenfremde Wagenheber hätten vielleicht verräterische Spuren hinterlassen, und genau das galt es zu vermeiden.
    Er hatte daran gedacht!
    Er zog enorme Befriedigung aus seiner Aktion. Diese Zielstrebigkeit, jemanden auszuspionieren, um den geeigneten Zeitpunkt für das Verbrechen festlegen zu können. Die Gefahr zu ignorieren, vom Pförtner oder anderen Angehörigen der Firma entdeckt zu werden, welche ohne Weiteres auch mal früher kommen konnten. Und dann noch den Arsch in der Hose zu haben, einfach jemandem die Bremsleitungen durchzuschneiden und dessen Tod billigend in Kauf zu nehmen. Er hatte das alles hinbekommen, schnell, skrupellos und ohne aufzufallen.
    Und dann hatte er offenbar einen Fehler begangen!
    Nachdem er, unbehelligt, weil unbemerkt, vom Parkplatz geschlichen war, um von dort – abgebrüht wie kaum ein anderer – direkt zu seiner Bank zu fahren und in aller Seelenruhe, mit der gleichen Souveränität wie immer, neun Stunden lang zu arbeiten, musste er bereits um die Mittagszeit feststellen, dass es mit dem Aufgeilen an der eigenen Perfektion und Skrupellosigkeit erst mal vorbei war.
    In seinem schwarzen Aktenkoffer, den er jeden Tag zur Arbeit mitnahm, befanden sich für gewöhnlich ein paar Arbeitsunterlagen, sein Handy, sein Portemonnaie, eine Zeitschrift und etwas zu essen für die nächstbeste Pause, die er kriegen konnte. Ein Mann in seiner Position musste in dieser Hinsicht flexibel sein.
    An diesem Tag befand sich zusätzlich noch etwas Werkzeug in seinem Koffer. Nichts Besonderes, nur eine Kneifzange, ein Drahtschneider, ein Schraubenzieher und ein paar Schraubenschlüssel. Dinge eben, die ihm bei seinem Vorhaben vom frühen Morgen eventuell hätten von Nutzen sein können.
    Seine erste Pause an diesem Tag wurde die Mittagspause. Bestens gelaunt setzte er sich an seinen Schreibtisch, legte sich den Koffer auf die Knie und entnahm ihm die Zeitschrift, seine Tupperdose und eine Flasche Traubensaft. Zeit und Gelegenheit, einen stolzen Kontrollblick auf die Verrichtungshilfen seines Verbrechens zu werfen – und einem Anflug blanker Panik anheimzufallen.
    Wo war sein Drecks-Schraubenzieher?
    Bindernagel hatte alles durchgewühlt, wieder und wieder. Er verriegelte sogar sein Büro, kippte den kompletten Inhalt seines Koffers auf den Boden aus und räumte, Stück für Stück, alles wieder ein – ohne dass ihm sein Schraubenzieher in die Hände fiel. Er war nicht mehr

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