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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
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ein satter Säugling. Gregor bekam einen steifen Arm, da er ihn in diesem wehrlosen Zustand nicht einfach irgendwo auf den Boden legen mochte. Selbst ein lautstark bellender Schäferhund, der ihn bemerkte, während sie auf den Bus warteten, vermochte Kamp nicht aus dem Schlaf zu reißen.
    Gregor nutzte die Ruhe, um schwere Vorwürfe an sich selbst zu adressieren. Es war einfach nicht richtig, dass der arme Kerl dies alles miterleben musste. So manch anderer wäre daran schon längst zerbrochen, und es sprach für Kamp, dass er so gut durchhielt. Aber alles hatte seine Grenzen.
    Was man Gregor in der Zelle über Kamp erzählt hatte, passte gut ins Bild. Offenbar war etwas an dieser Seele dran, das einigen hochgestellten Persönlichkeiten im Jenseits Anlass zu der Hoffnung gab, es in seinem Fall mit einer potenziellen Führungskraft höchsten Ranges zu tun zu haben.
    Ohne dass Gregor sich dessen bewusst war – geschweige denn es beabsichtigte –, hatte er von vornherein die richtigen Hebel bei Kamp bedient, indem er ihm bereits zu Anfang ihrer Bekanntschaft mehrfach den Floh mit der Botenkarriere ins Ohr gesetzt hatte. Er konnte natürlich unmöglich sagen, ob das bereits etwas bewirkt hatte, aber in der Zelle erging an ihn die unmissverständliche Aufforderung, in diesem Sinne weiter auf Kamp einzuwirken. Er würde, im Auftrag seiner Vorgesetzten, immer wieder ein paar Tropfen Öl ins Feuer gießen, um irgendwann die erhoffte, heiß brennende Flamme zu haben. Zumindest solange er Kamp noch in seinem Dunstkreis hatte.
    Für den Moment herrschte bei ihm jedoch ein Gefühl der Fürsorge vor. Er konnte es unmöglich weiterhin verantworten, Kamp diesen emotionalen Torturen auszusetzen. In ihm reifte die Überzeugung, dass es das Beste wäre, wenn er die nächsten Schritte ohne seine Beteiligung absolvierte und Kamp die Gelegenheit gab, sich ein wenig auszuruhen.
     
     
    Erst als sie in der Niederlassung eintrafen, erwachte Kamp aus seinem tiefen Schlaf. Der intensive Geruch eines halben Käselaibs, der auf einem der Schreibtische darauf wartete, angeschnitten zu werden, spielte dabei eine maßgebliche Rolle.
    »Konntest du letzte Nacht nicht schlafen, oder was ist mit dir los?«, fragte Gregor seinen Klienten im Tonfall einer besorgten Mutter.
    Kamp blinzelte den Boten verschlafen an. Er schnupperte intensiv und ortete nach wenigen Sekunden die Quelle des Geruchs, der ihm den Mund unter Wasser setzte.
    »Käse!«
    Ein Bote kam, mit einem großen Käsemesser bewaffnet, aus der kleinen Küche und strahlte voller Vorfreude bis über beide Ohren.
    »Ein österreichischer Höhlenkäse, um genau zu sein. Wem darf ich was abschneiden?«, fragte er fröhlich.
    Es gab keine Enthaltungen. Ein paar Minuten später hatte jeder ein dickes Stück vor sich und war genussvoll am Schmatzen.
    Gregor und Kamp suchten sich einen Platz etwas abseits von den anderen. Der Bote beobachtete Kamp beim Essen mit einer Mischung aus Sorge und Bewunderung.
    »Alles in Ordnung bei dir?«
    Kamp sah von seinem Käse auf. »Klar. Warum fragst du?«
    »Ich habe dich beobachtet. Vorhin bei deinem Freund und auch gestern schon. Ach Blödsinn, eigentlich solange wir hier sind. Du hast einiges ertragen müssen. Ich weiß nicht, wie es ist, auf diese Weise und nach so kurzer Zeit mit seinem Leben und seinem Tod konfrontiert zu werden. Ich habe auch keine Ahnung, wie es sich anfühlt, von einem geliebten Menschen so enttäuscht zu werden. Ich kann nur vermuten, dass einen das fertigmacht.«
    Kamp setzte sich hin und legte den Kopf schief.
    »Na ja, besonders angenehm war das wirklich nicht. Kann es sein, dass du gerade versuchst, mir etwas Bestimmtes zu sagen?«
    Der Bote seufzte und knabberte aus Verlegenheit an seinem Käsestück, welches den Geschmack von gelber Kreide angenommen hatte.
    »Ja. Ich habe lange darüber nachgedacht, das darfst du mir glauben. Und du darfst mir auch glauben, dass ich das jetzt nicht gerne sage, weil ich es eigentlich gar nicht will. Aber ich trage die Verantwortung für dich. Es liegt in meiner Verantwortung, dass du hier nicht unter die Räder kommst. Ich bin derjenige…«
    »Wenn du mir gleich sagst, dass du mich zurück ins Jenseits schickst, beiß ich dir in deinen fetten Hintern!«, unterbrach ihn Kamp.
    Für eine Sekunde huschte ein Lächeln über das Gesicht des Boten.
    »Ich will dich nicht zurückschicken. Ich möchte nur, dass du etwas kürzer trittst. Ruh dich ein wenig aus, versuch dich zu erholen, zumindest für

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