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Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Titel: Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Víctor Conde
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irgendwo Geld abheben? Oder überwacht dieser Teufel auch die Geldautomaten im ganzen Land?«
    »Mehr Sorgen mache ich mir ehrlich gesagt um Ninives Zustand. Und um meinen. Uns geht viel zu schnell die Puste aus«, klagte Séfora. »Ich fürchte, daran ist der Desmodu schuld. Sein negatives Feld raubt uns die Energie wie ein mystischer Blutegel.«
    Tanya stand auf, strich sich das T-Shirt glatt und nahm ihr neues Portemonnaie (das sie ebenfalls aus dem Einkaufszentrum hatte mitgehen lassen) vom Fernseher. Dann schaltete sie den Apparat aus und ließ den Sänger und sein verdammtes That old cat smell endgültig verstummen.
    »Es gibt nichts mehr zu sagen. Lasst uns aufbrechen«, schlug sie vor. »Ich bin bereit, diesen Teufeln den Garaus zu machen, wenn ich so meine Eltern befreien kann.«
    Séfora nickte zustimmend. »Sehr gut«, sagte sie stolz. »So spricht ein richtiger Erzengel.«
    Die Produktionsassistentin Tatiana Barrios wollte die Suche nach den verschwundenen Stuntmen gerade aufgeben, als sie unter ein paar Sträuchern, die sie mit dem Fuß zur Seite schob, eine Fahrradspur entdeckte.
    Sie konnte nicht aufhören, sich selbst zu bemitleiden: So ein Mist! Ausgerechnet mich musste es treffen … War ja klar! Sie dachte an die unzähligen Dinge, die an dem Tag hätten schiefgehen können, mit dem dichten Nebel und den seltsamen Launen des Regisseurs, die Dreharbeiten trotz allem nicht abzubrechen. Die Autos hätten eine Panne haben können. Sturm und Regen hätten das Make-up oder die Scheinwerfer zerstören können. Ein Schauspieler hätte wegen seiner nächtlichen Eskapaden ausfallen oder ein Pyrotechnik-Lastwagen von den Special Effects in die Luft fliegen können …
    Aber nein, es musste ja ausgerechnet sie treffen. Und jetzt war es ihre Aufgabe, diese eingebildeten Rotzbengel mit ihren Fahrrädern suchen zu gehen (und natürlich die Fahrer der beiden Wagen, von denen es auch kein Lebenszeichen gab), sonst hätte sie am nächsten Tag gleich einen Abschiedsbrief vom Aufnahmestudio auf dem Tisch.
    Es gab Momente, da hasste sie ihre Arbeit. Sie hatte sich nicht für den Job entschieden, weil sie sich etwa fürs Film-business berufen fühlte, sondern auf die Empfehlung einer Freundin hin. Als sie ihren Abschluss als Verwaltungsfachfrau in der Tasche hatte, träumte sie von einer einfachen, ruhigen Arbeit hinter einem Schreibtisch, in einem Büro oder einem Schalterfenster. Bloß nichts mit Kunst und dem ganzen Unsinn. Aber die Stelle war plötzlich da, und hätte sie sie sich nicht geschnappt, hätte es der Nächste in der Schlange vor dem Arbeitsamt getan. Also setzte sie ihre Unterschrift unter den Vertrag und fragte: »Muss man viele Filme gesehen haben, um die Arbeit hier zu machen, oder reichen die Üblichen aus der Videothek?«
    Sie reichten überallhin. Eigentlich, erklärten sie ihr, gab es bei einer Filmproduktion nur eine Handvoll Leute, die richtig Ahnung vom Film hatten. Den Regisseur, die Schauspieler, den Cutter … und noch ein paar wenige andere. Der Rest des Personals, dieses gewaltigen Aufgebots an Technikern, Fahrern, Visagisten, Köchen und Elektrikern musste überhaupt nicht wissen, wer Sergei Eisenstein war. Jeder machte nur seinen Job, wobei er sich strikt an die Anweisungen des Regisseurs hielt, und damit basta.
    Tatianas Position erforderte praktisch nur eine einzige Kompetenz: Sie musste ordentlich sein und die Bücher auf dem neuesten Stand halten. Und darin war sie perfekt. Morgens zählte sie das Personal und ließ diejenigen abholen, die nicht aus den Federn gekommen waren. Dann überprüfte sie das Material und stellte sicher, dass nichts fehlte, dirigierte das schwierige Manöver des Catering und schloss die Konten der Aushilfskräfte, die nicht mehr gebraucht wurden. Eine Sache nach der anderen und alles zu seiner Zeit.
    Zu ihren Aufgaben gehörte außerdem die Einstellung und Betreuung von zusätzlichem Personal. Zum »zusätzlichen Personal« zählten Stuntleute, Doubles, Statisten und dergleichen Tranfunzeln, die mehr Nerven kosteten, als sie letztendlich nützten. Als der Regisseur dann doch irgendwann »Schnitt!« brüllte und alle erleichtert aufatmeten, zählte Tatiana ihre Leute durch.
    Und stellte erschrocken fest, dass zwei Streifenwagen und zwei Fahrräder fehlten.
    Mit ihrem Strafbüchlein und einem Kugelschreiber bewaffnet, den sie mit der Schlagkraft eines Laserschwerts schwang (sie hatte sich mit der Zeit an kinematografische Vergleiche gewöhnt), machte sie

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