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Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Titel: Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Víctor Conde
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sich sofort auf die Suche nach den Flüchtigen. Und wieder kreisten ihre Gedanken um dieselbe Frage: Immer muss es mich treffen! Warum ausgerechnet ich? Verdammter Mist!
    Es waren Fahrradspuren, eindeutig. Und ein paar Meter weiter, wo die Erde aufgewühlt war, entdeckte sie den Abdruck eines Autoreifens. Halleluja, gleich hab ich euch! Bestimmt waren die Dösköppe wegen des dichten Nebels und der getarnten Rennstrecke von der Piste abgekommen und hatten dann nicht mehr zurückgefunden. Sie würde ihnen die Ohren lang ziehen, und nicht mal der Heilige Petrus mit seinem Stab könnte sie davor bewahren.
    Sie ging auf ein kleines Waldstück zu, das ihr irgendwie unbekannt vorkam. Vor Monaten hatte sie den Regisseur einmal auf der Suche nach einem geeigneten Drehort durch die Gegend begleitet, die sich perfekt zum Wandern eignete. Aber an das kleine dichte Wäldchen, das sich jetzt vor ihr auftat, erinnerte sie sich nicht.
    Es war eiskalt. Und woher kamen die grünen Blitze, die alle paar Sekunden die Nebelschwaden durchzuckten? Wenn sie den Spaßvogel von der Beleuchtung in die Finger kriegte, der sich hier offenbar einen Scherz mit ihr erlaubte, dann konnte er sich auf was gefasst machen! Es würde ihm nicht anders ergehen als dem Witzbold vom Wetterdienst, der sich durch seine feierlichen Worte »keine Sorge, es scheint den ganzen Tag herrlich die Sonne« unsterblich gemacht hatte.
    Tatiana würde ihm den Kopf abreißen. Und wenn sie keine Gelegenheit dazu hatte, würde sich schon der Produzent darum kümmern. Die Schlagzeilen auf der Seite mit den Verbrechensmeldungen in der Tageszeitung vom nächsten Tag waren jedenfalls garantiert.
    Sie fror. Und das, obwohl sie einen Baumwollparka für extreme klimatische Bedingungen trug. Die Kälte fühlte sich auf ihrer Haut an wie tausend kleine Nadelstiche. Etwas war hier faul.
    Sie ging noch ein Stück weiter, bis sie den ersten Wagen erblickte. Er steckte bis zur Windschutzscheibe zusammengeschoben in einem Baum und war über und über von Rinde bedeckt, die offenbar beim Aufprall vom Stamm abgeblättert war.
    Tatiana unterdrückte einen Schrei. Damit hatte sie nicht gerechnet. Den Tränen nahe schritt sie auf das Fahrzeug zu und atmete erleichtert auf, als sie sah, dass der Fahrersitz leer war.
    »Mein Gott!«, murmelte sie und suchte den Boden nach Fußspuren ab. Es gab keine. Aber wenn der Fahrer verletzt war, konnte er nicht weit sein. »Das sieht schlimm aus. Verdammt schlimm.«
    Sie blickte sich um und entdeckte die dunkle Karosserie des zweiten Renaults, der ein paar Meter weiter umgedreht zwischen zwei Bäumen klemmte. Nein. Oh mein Gott. Nein! Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Das konnte doch nicht wahr sein. Sie weigerte sich, diese Realität anzunehmen. Zwei Unfälle an einem Tag? Wie würden sie das der Versicherung erklären?
    Dann hörte sie den Atem.
    Tatiana wusste schon, bevor sie sich umdrehte, dass das Wesen hinter ihr stand. Genau genommen war es kein Atem, den sie hörte, sondern etwas viel Unheilvolleres. Es war, als würde sich ein Organismus von der Größe eines Stiers (der einen Schatten mit zwei Beinen und Sporen warf) aufblasen und wieder zusammenziehen, indem er die Luft, die er osmotisch über die Haut absorbierte, wieder ausstieß.
    Sehr langsam wandte Tatiana sich um.
    Als sich das Bild jener Kreatur in ihren Pupillen spiegelte, hörte das Herz der gefeiten Produktionsassistentin auf zu schlagen. Ihr blieb gerade noch genug Zeit, um eine Erkenntnis zu erlangen, die ihr nichts mehr nützen würde.
    Sie erkannte, dass das Wesen eben erst geboren war, trotz seiner drei Meter großen, stierähnlichen Gestalt und den knöchernen Sporen, die in regelmäßigen Intervallen aus seinem Körper hervortraten. Ein Neuankömmling auf der Erde. Und sie wusste auch, dass der Instinkt, der es antrieb, vergleichbar war mit dem neugeborener Kinder.
    Hunger.
    Tanya war eingeschlafen. Sie merkte es, noch bevor sie die warmen Gefilde des Traums verließ, aber da sie Gefallen an dem fand, was sie sah, zögerte sie ihn noch ein klein wenig hinaus.
    Sie sah sich selbst von oben, wie sie mit großer Geschwindigkeit über Täler und Berge, Wälder und Wiesen in Richtung Süden schwebte, an den Ort, wo die Sagen der Menschheit mit Heldenblut getränkt waren. Der Schatten, den ihr Körper auf die Felder warf, zeigte einen Engel mit ausgebreiteten Flügeln. In der Hand hielt sie eine Art Schwert.
    Dieser Teil des Traums verblüffte sie. War das Bild, das sie von ihrem

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