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Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Titel: Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Víctor Conde
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Silhouette des Sukkubus, der sie von einer Ecke des Zimmers aus ansah.
    »Du kommst zu spät, Kriegerin«, zischte das Scheusal, das Gesicht zu einer obszönen Fratze verzerrt. »Er hat deinen Knaben, und er wird mit seinem zarten sterblichen Fleisch machen, was ihm gefällt.«
    Séfora erhob das Schwert. In dem Licht, das von der Klinge ausging, erschien der Sukkubus in seiner wahren Gestalt: Eine widerliche Schlange von vier Metern Länge mit einer Haut voller Pusteln und krebsartigen Geschwüren, zwei langen Armen, die ihr wie knöcherne Anhängsel aus der Seite ragten, und einem Schlangenkopf, der praktisch nur aus Mund und Zähnen bestand und kaum Platz für die Augen und das winzige Gehirn ließ.
    »Wo ist er?«, keuchte der Engel.
    »Er spielt das Spiel der Frustration, geflügelte Hündin! Nur in der Lüge wirst du auf Wahrheiten stoßen, nur in der Täuschung findest du die Erklärung.«
    »Antworte mir, schändliche Kreatur!« Sie hielt das Schwert auf sie zu. »Ich bin Séfora von Konstantinopel, Tochter von Damian, Abkömmling von Inmahel, Kriegerin des Fünften Zirkels. Nun kennst du meinen wahren Namen. Unter Berufung auf den Alten Pakt verlange ich den Namen des Desmodu zu erfahren, der meinen Schützling in seiner Gewalt hält.«
    Der Sukkubus versuchte ihr ein weiteres Rätsel aufzugeben, eine ausgeklügelte Phrase, die nur in die Verwirrung und in den Wahnsinn führte, aber er sah sich gezwungen zu antworten. »Sie nannten ihn Ta’ahm, als sie in der Schmiede des Abgrunds erstmals sein Klagelied vernahmen. Er war einst ein Mensch wie du und ich. Nun ist er hergekommen, um dir, Séfora von Konstantinopel, die Seele aus dem Leib zu reißen. Erst dir, dann deinen Schülern.«
    »Aber nur, wenn ich es zulasse«, erwiderte Séfora und schwang das Schwert hoch über ihrem Kopf, um dem Sukkubus einen Hieb zu versetzen. Aber der kam ihr zuvor. Schnell wie der Blitz schoss die Schlange empor und wickelte Séfora ein wie eine riesige Anakonda, bis sie sich nicht mehr bewegen konnte.
    Der Engel versuchte sich aus dem Würgegriff zu befreien, aber damit bewirkte er nur, dass sich die Schlinge noch fester zuzog. Séfora stieß einen Schmerzensschrei aus.
    Der Sukkubus lachte einmal kurz auf. Es war vielmehr ein Knall, der wie ein Fluch klang. »Ich wollte schon immer gern wissen, wie das Fleisch einer Tochter Michaels schmeckt …« Cassandra riss den Schlund auf. Ihre Schädelknochen verformten sich, bis ihr riesiges Maul den Durchmesser von Séforas Kopf und Schultern hatte. Dann beugte sie sich in ihrer vollen Größe über sie.
    Als der Sukkubus ausholte, um sie mit einem Happs zu verschlingen, atmete Séfora tief ein und breitete die Flügel aus.
    Wie zwei riesige Messer teilten ihre Schwingen den Körper der Anakonda in blutige Hälften. Mit dem roten Saum schnitt Séfora ebenso mühelos durch das Fleisch des Dämons wie ihr Schwert durch die Luft. Als wären die Flügel nicht mit Federn, sondern mit tausenden kleinen Dolchen bestückt.
    Der Sukkubus stieß einen gellenden Schrei aus. Er hatte jedoch keine Zeit mehr zu fliehen oder noch einmal in seine menschliche Gestalt zu schlüpfen und um Gnade zu flehen. Denn Séfora hob das Schwert und zeigte ihr den silbernen Glanz der Klinge, bevor sie den Schädel der Bestie mit einem glatten Hieb in zwei Hälften teilte.
    »Nicht mein Fleisch wirst du zu schmecken bekommen, aber meinen Stahl«, raunte sie, während sie zusah, wie der Kadaver des Scheusals zu Asche zerfiel.
    Dann blickte sie aus dem Fenster zum Horizont.
    »Willkommen, Ta’ahm«, sagte sie leise. Sie wusste, dass er ihr zuhörte. »Hier bin ich. Ich erwarte dich.«

»ES WIRD DREI KÄMPFE GEBEN …«
    M auro entdeckte sie zuerst. Gegen einen Felsen gelehnt, saß er gedankenvoll da, den Blick auf die Häuser am Steilhang gerichtet, als er die beiden Gestalten durch den blauen Himmel fliegen sah.
    Wie nur schlich sich dieses Bild in seine Grübeleien? Warum fügte er der empfindlichen Alchemie seines Gehirns geflügelte Figuren hinzu, wenn er doch eigentlich an Rhea dachte? Und warum gingen diese mit Krallen, Zähnen und Schwertern bewehrten Trugbilder aufeinander los, wenn er im Augenblick doch alles, nur keine Gewalt gebrauchen konnte?
    Dann plötzlich wurde ihm klar, dass es sich keineswegs um Einbildung handelte. Was er da sah, war real.
    »Tanya! Schau, da!« Er zeigte mit dem Finger nach oben auf eine Ansammlung von Häusern, zwischen denen das Drahtseil der Bergbahn verlief.
    Tanya

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