Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)
Kampf!«, warf Mauro besorgt ein. »Sollten wir nicht jemanden um Hilfe bitten? Ich meine … ich weiß ja nicht, wie es bei euch aussieht, aber ich fühle mich überhaupt noch nicht bereit, jemandem im Kampf entgegenzutreten, schon gar nicht einem Desmodu. Er wird doch nicht zulassen, dass das Schicksal der Welt in den Händen einiger ganz gewöhnlicher Jugendlicher wie uns liegt.« Er suchte mit den Augen die Unterstützung der anderen. »Oder vielleicht doch?«
»Du begehst mit deiner Einschätzung einen groben Fehler, Mauro. Ihr seid nicht gewöhnlich. Das muss euch unbedingt klar sein«, antwortete Séfora. »Ihr habt das Potenzial, den Feind zu besiegen, und ihr werdet davon Gebrauch machen, wenn der Moment gekommen ist. Euer Leben hängt davon ab, und das eurer Liebsten. Wir haben in diesem Krieg viel zu verlieren.«
Tanya hatte gerade schon einen schnellen Rückzug vorschlagen wollen (in ihr altes Leben, in die »normale Welt« der Klassenarbeiten, Fahrstunden und Freitagabende mit ihren Freundinnen), verstummte aber, als Séfora sie an ihre Liebsten erinnerte. Während sie hier im Café saßen, erlitten ihre Eltern unsägliche Qualen, und die einzige Möglichkeit sie zu retten, bestand darin, den Desmodu auszuschalten, koste es, was es wolle.
Tanya wusste nicht, wie sich die anderen entscheiden würden. Sie jedenfalls gedachte zu bleiben und zu kämpfen.
»Du musst mir zeigen, wie ich mein Schwert-Zeichen anrufen kann«, sagte Erik. »Ich will den Desmodu bluten sehen, diesen Schuft, der Antonio auf dem Gewissen hat.«
»Dafür musst du aber ganz schön nah an ihn ran«, wandte Mauro ein. »Und mittlerweile kann ich mir ausmalen, wie gefährlich das ist.«
»Ich bin vom Stamm Michaels«, verkündete Erik stolz. »Ich bin dazu geschaffen, Dämonen zu töten.«
»Mäßige deine Zerstörungslust, Rambo«, riet ihm Séfora. Dann gab sie dem Kellner ein Zeichen und bat um die Rechnung. »Ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie ist die Klugheit. Vor Jahrmillionen haben wir ganze Legionen von Kriegsengeln verloren, bevor wir einsahen, dass wir die Schlachten nicht mit Wagemut und roher Gewalt gewinnen können, sondern nur mit unserer Intelligenz.«
»Ich fürchte, nur eine der Eigenschaften, die du eben genannt hast, ist bei Erik ausreichend vorhanden«, sagte Tanya und unterdrückte ein Kichern. »Und sie beginnt nicht mit ›I‹.«
Erik setzte ein beleidigtes Gesicht auf, aber es war nicht zu übersehen, dass er Tanyas Sticheleien eigentlich genoss.
Mauro musste lächeln. Er spürte, dass zwischen den beiden ein Band entstanden war, das jeden Tag stärker wurde. Die Verbindung war nicht zu vergleichen mit der zwischen Rhea und ihm. Sie war viel zarter und leuchtender, aber zugleich, wenn sie nicht aufpassten, zum Scheitern verurteilt. Im Grunde genommen, wenn er sich auf seine intrinsische Kenntnis der Menschen und ihrer Gefühle verließ, waren Tanya und Erik nicht gerade füreinander geschaffen.
Nachdem sie die Rechnung bezahlt hatten, kehrten sie in die Pension zurück. Sie sammelten ihre Sachen ein und machten sich bereit, um noch einmal zum Nea Kameni überzusetzen und mit Séforas Unterweisungen fortzufahren.
Als sie gerade aufbrechen wollten, erklärte Erik, dass er nicht mitkommen würde. »Geht ihr schon mal vor, ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen«, sagte er. »Ich komme gleich nach.«
»Ist gut, aber verspäte dich nicht. Wir arbeiten gegen die Zeit.«
Séfora geleitete das restliche Gefolge zur Seilbahn, die das Dorf mit dem Hafen verband. Das Drahtseil führte über drei Stützpfeiler gefährlich steil nach unten und brachte die Passagiere zu den Landungsbrücken. Dort wurden sie von Schaluppen zu den anderen Inseln oder auf die großen Kreuzfahrtschiffe gebracht, die in der Bucht vor Anker lagen.
Als Mauro zum ersten Mal in die durchsichtige Gondel gestiegen war, hatte er einen Anfall von Höhenangst bekommen, der sich zum Glück schnell wieder gelegt hatte. Selbst der Boden der Gondel war aus Glas und bot während der Fahrt einen eindrucksvollen Blick auf die Steilküste. Ein Trampelpfad schlängelte sich an der Bergwand entlang und bot den Touristen, die unter Höhenangst litten, eine unbequeme Alternative. Von oben sah es allerdings so aus, als verfügte der Pfad über mehr Eselmist als Treppenstufen.
Erik blickte den anderen so lange nach, bis sie um die nächste Ecke gebogen waren. Dann sagte er laut: »Du kannst rauskommen.«
Cassandra kam hinter der Hausmauer
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