Botschaften des Herzens: Roman (German Edition)
langweilig vor. Sie hatte ihn in einem Secondhandladen gekauft, als sie noch auf die Universität gegangen war, und ihn immer noch nicht aufgetragen. Aber wenn man in einem Buchladen arbeitete, dann hatte man auch nicht allzu viel Geld für Kleidung übrig.
»Na, kommen Sie schon«, sagte Eleanora. »Sie müssen mich stützen. Ich kann auf diesen Absätzen eigentlich nicht laufen, aber ich weigere mich, in meinem Alter Ballerinas zu tragen. Und Schnürschuhe würden mein Image ruinieren.« Sie blickte auf Lauras Schuhe, die fast völlig flach waren. »Keine weiteren Fragen.«
Obwohl ihr Lauras Schuhe offensichtlich nicht gefielen, die zwar wenig glamourös, dafür jedoch bequem waren, redete Eleanora auf dem Weg zum Restaurant ununterbrochen mit ihr und fragte sie über alle möglichen Bücher aus.
Laura las sehr viel. Sie lebte allein in einem kleinen Apartment, und ihr Fernseher war so winzig und das Bild so verschneit, dass sie ihn nicht oft einschaltete. Aber sie las die ganze Zeit: im Bett, während sie aß, während sie kochte, während sie sich anzog und während sie sich die Zähne putzte. Sie hätte auch unter der Dusche gelesen, wenn das möglich gewesen wäre, ohne das Buch zu ruinieren. Und sie konnte nicht nur überall lesen, sie las auch alles, und wenn es gut war, genoss sie es. Es gab kein Genre und keinen Autor, über die Eleanora sie ausfragte, worüber Laura nicht zumindest ein bisschen was wusste. Und da sie immer noch in leichtsinniger Stimmung war, weil sie bald ihren Job verlieren würde und weil Eleanora jemand war, der Bücher genauso liebte wie sie, sagte sie ihre Meinung freiheraus.
Eleanora war beeindruckt. »Liebes, Sie sind ein Phänomen!«, rief sie. »Ich bin so froh, dass ich Sie gefunden habe.«
Im Restaurant wurde Laura noch einmal dem jungen gefeierten Autor Damien Stubbs vorgestellt. Er hatte sie kurz begrüßt, als er in der Buchhandlung angekommen war, und war genauso charmant gewesen wie jetzt. Er bedankte sich bei ihr für die Organisation der tollen Lesung, und sie murmelte ein paar lobende Worte über sein Buch. Aber er schien keine Bestätigung zu brauchen. Er strahlte Selbstbewusstsein aus, und alle um ihn herum badeten in der Wärme. Damien Stubbs war der im Moment bekannteste junge Schriftsteller, und die Welt liebte ihn.
Laura, die sich zurückhielt, als alle lautstark überlegten, wo sie sitzen sollten, überlegte kurz, warum sie von Damien Stubbs nicht fasziniert war. Alle anderen, Männer und Frauen, schienen es zu sein. Mehrere Gründe fielen ihr ein, aber am wahrscheinlichsten erschien ihr, dass sie seinen Schreibstil nicht wirklich mochte. Als man ihr ihren Platz zuwies, setzte sie sich mit düsterer Miene. Ich bin ein literarischer Snob, folgerte sie. Meine Gefühle beziehen sich mehr auf Bücher als auf das reale Leben. Sie war leicht deprimiert bei diesem Gedanken, und nicht nur, weil sie kurz davorstand, den wohl besten Job der Welt zu verlieren. Wann war sie so langweilig geworden? Und war es zu spät, um sich noch zu ändern?
Als die anderen Platz nahmen, wieder aufstanden, sich umsetzten und schließlich doch wieder dort saßen, wo sie vorher gewesen waren, hatte Laura Zeit, ihr Leben vor ihrem inneren Auge Revue passieren zu lassen. Seit ihrem heiß geliebten Studium hatte sie nur zwei Jobs gehabt, beide in Buchläden. Und seit sie bei Henry Barnsley Books angefangen hatte, wollte sie nirgendwo anders mehr arbeiten. Obwohl sie normalerweise schüchtern war, genoss sie es, das richtige Buch für einen Kunden zu finden. Laura war sehr beliebt bei ihnen. Sie fragten nach ihr, wenn sie ein Buch verschenken wollten und nicht wussten, welches sie kaufen sollten. Einige der männlichen Kunden luden sie zum Essen ein, und manchmal, wenn Grant sie dazu drängte, der schon länger im Laden arbeitete als sie und deshalb ihr Vorgesetzter war, nahm sie diese Einladung sogar an. Aber daraus entstand nie etwas. Die Männer, die Bücher und Lesen genauso liebten wie sie, hatten meistens Suppenflecken vorne auf ihrer Strickjacke. Sie war vielleicht ein langweiliger Bücherwurm, doch sie hatte gewisse Ansprüche.
Eleanora reichte ihr die Karte. Laura war nicht aufgefallen, dass sie sich neben sie gesetzt hatte, und es hob ihre Laune. Zumindest würde sie mit Eleanora reden können, und wenn nicht, konnte sie schweigend dasitzen und die Leute an den anderen Tischen beobachten, etwas, das sie sehr gern tat. Sie betrachtete das Leben eben lieber von außen, als selbst
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