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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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was er denkt. Ob Sie eine Vorstellung haben, wo er herkommen könnte.»
    Landen nahm einen Schluck aus seiner Tasse und stellte sie dann mit einer weichen Bewegung ab. Er schürzte die Lippen. «Schwierig, ich weiß ja so gut wie nichts über ihn.» Die Ratlosigkeit machte ihn düster, und Louise fand ihn für einen Moment ungeheuer attraktiv. «Wenn Sie möchten, spreche ich mit ihm.»
    «Ja», sagte sie, «das möchte ich.»
    Landen war nach oben gegangen, Louise und Niksch warteten in dem kleinen Flur. Sie zog das Handy aus der Tasche. Die Übersetzerin klang unverändert fröhlich-routiniert, obwohl der Auftrag geplatzt war. Sie sagte: «Na ja, vielleicht ein anderes Mal, und danke, dass Sie an mich gedacht haben.»
    « Sayonara », sagte Louise und unterbrach die Verbindung. Sie schloss die Augen. Sie bedauerte es zu-tiefst, dass sie Landen nicht nach einem Schuss Rum oder Sake für den Tee gefragt hatte.
    «Schauen Sie mal», sagte Niksch. Er starrte auf zwei schmale, pergamentartige Schriftrollen an der Wand, auf die jeweils ein asiatisches Zeichen gemalt war. «Verrückt, oder? Und das bedeutet auch noch was.»
    Sie öffnete die Tür und blickte auf den Kiesweg, den Zaun, das Sträßchen mit den mehrheitlich teuer aussehenden Einfamilienhäusern. Hier irgendwo lebte Filbinger. So viele Möglichkeiten gab es nicht, Günterstal war klein. Früher war Filbinger ein bedrohlicher Name, ein Politikergesicht im Fernsehen, ein furchtbares Gefühl gewesen. Jetzt, dreißig Jahre spä-
    ter, wurde er zu einem Menschen, der irgendwo lebte, schlief und aß. Hatten ihre Eltern gewusst, dass Filbinger nur ein Mensch war? Vermutlich nicht.
    «Da könnte wer weiß was stehen», sagte Niksch.
    «Zum Beispiel?»
    «Zum Beispiel, dass man sich hier immer die Schuhe ausziehen muss, und wenn man es nicht tut, fällt man tot um. Oder dass jeder Besucher ein Stück von seinem kleinen Finger hier lassen muss. Oder wie man Giftgas herstellt oder eine Bombe baut.»
    Sie seufzte. «Ruf Hollerer an, Nikki.»
    Hollerer ging es gut, aber er fror an den Füßen. Lederle und er hatten Hunger und verlangten Kirschkuchen. Der Mönch war eben durch ein Wäldchen gegangen, sie hatten ihn zwischen den Bäumen sehen können. Manchmal lagen zwanzig Meter zwischen dem Mönch und dem Daimler, manchmal hundert.
    Louise lief ein Schauer über den Rücken. Hundert Meter. Wie konnte man jemanden beschützen, der so weit entfernt war?
    Niksch hatte sich wieder der Schriftrolle zugewandt. «Das macht mich nervös, dass ich das nicht versteh.»
    «Ruf Amelie an, sie soll Kirschkuchen backen.»
    In diesem Moment kam Richard Landen die Treppe herunter. Er streifte einen roten Rollkragenpullover über, dann deutete er mit dem Kinn auf die Schriftrollen. «Das linke heißt ‹Glück›, das rechte
    ‹Freundschaft›.»
    Louise trat leise lachend auf den Kiesweg hinaus.
    Landen und Niksch folgten ihr. Am Gartentürchen drehte sie sich um. Jetzt brannte in dem Haus nur noch das Licht im Obergeschoss. Sie fröstelte.
    Niksch öffnete ihr das Türchen. «Die Amelie ist doch tot », sagte er.
    Amelie begleitete sie durch das nördliche Günterstal, durch den schmalen Torbogen des einstigen Zis-terzienserklosters, auf der Schauinslandstraße. Amelies Maultaschen, Amelies Unterwäsche, der Rucksack. Eigentlich hatte sie Richard Landen warnen wollen, dass das, was sie vorhatten, womöglich gefährlich werden konnte, aber Amelie ließ es nicht zu.
    Als sie die Dreisam überquerten, sah sie plötzlich Hollerer und Lederle vor sich. Sie saßen im Daimler, beobachteten den Mönch und sprachen darüber, was es bedeutete, wenn einem die Ehefrau starb. Am Ende passten sie doch zueinander.
    Was hatte Hollerer gestern gedacht, als sie ihn bat, Amelie zu grüßen?
    «Nikki», stieß sie hervor, «halt mal an.»
    Sie stieg aus. Filbinger und Amelie und Bermann, bisschen viel für einen Tag, dachte sie wütend. Sie hätte sich gern übergeben, aber nicht vor Richard Landen. In den Anoraktaschen fand sie nur Handy, Portemonnaie und Hausschlüssel.
    Sie ließ sich wieder auf den Beifahrersitz fallen.

    Niksch fuhr schweigend weiter. Auch Richard Landen sagte nichts. Dennoch nahm sie ihn hinter sich wahr. Sie spürte ihn, und manchmal spürte sie auch das Haus und das Licht im Obergeschoss und die Weide.
    Sie drehte sich halb um. «Ich möchte, dass Sie wissen, dass es gefährlich werden könnte.» Ihre Stimme klang schroff und unzufrieden. Höflicher fuhr sie fort:
    «Irgendwas

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