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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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unerschütterlich: Das System war wieder intakt, wenn man den fand, der es in Unordnung gebracht hatte.
    Sie dachte anders. Nichts würde je wieder so sein wie vor der Tat. Die Tat – gleich welche – veränderte das System für immer. Sie hinterließ Narben, Lücken, Rätsel. Menschen waren verschwunden. Die, die noch da waren, hatten sich verändert.
    Sie erhob sich, während Bermann flüsternd Verstärkung anforderte. Im Halbkreis ging sie die ver-schiedenen Fußspuren ab. Zwei Personen hatten sich dem Auto von der Seite und von hinten genähert und sich gemeinsam in derselben Richtung davon entfernt.
    Parallel zu dieser Spur verliefen weitere Fußabdrücke, die ebenfalls vom Auto wegführten. Sie waren breit, lang und tief- Hollerer?
    Zwei Meter weiter stieß sie auf eine vierte Spur, die von der Fahrerseite des Wagens kam. Niksch.
    Sie wandte sich zu Bermann um. Er war aufgestanden und kam auf sie zu. Sie dachte an die Lichter von Liebau, die jenseits des Waldes und der Hügel in der Dunkelheit glommen. Daran, dass Hollerer und Niksch jetzt dort in ihren Wohnstuben gesessen hätten, wenn sie sich heute Nachmittag gegen Bermann durchgesetzt hätte.
    Bermann erwiderte ihren Blick, sagte aber nichts.
    Sie wusste plötzlich, dass er genauso dachte. Und dass er ihr zum Vorwurf machen würde, dass sie sich nicht durchgesetzt hatte.
    Aber auch das war jetzt nicht wichtig.
    Sie wies mit der Waffe in die Richtung, in der die vier Eindruckpaare verschwanden, und er nickte. Ge-bückt folgten sie den Spuren so leise wie möglich.
    Wenige Minuten später fanden sie Hollerer. Er lag in einem dunklen Eismeer aus Blut auf dem Rücken.
    Louise wurde schwarz vor Augen. Über ihre Kopf-haut zogen kalte Schauer, und ihr Herz begann zu rasen. Sie zwang sich weiter.
    Hollerer lebte. Als sie neben ihm niederkniete, sah sie, dass er lautlos weinte. Seine Augen waren geöffnet, der Blick erstarrt. Das runde Gesicht leuchtete weiß vor dem schattigen Nachtschnee. Sie legte die Hände an seine Wangen. «Hollerer …» Er reagierte nicht. Sie strich ihm übers Gesicht, flüsterte: «Hollerer.»
    Am Rande ihres Bewusstseins nahm sie wahr, dass Bermann wieder telefonierte. Dann stieß er sie beiseite. Sie ließ sich in den Schnee sinken. Die nasse Kälte am bloßen Hals schmerzte beinahe. Der Himmel war klar und endlos, sie fand ihn zu groß, beängstigend groß.
    Sie drehte sich auf die Seite. Bermann hatte begonnen, Hollerer die Jacke aufzuknöpfen. Wie hatte sie diesen dicken, alten, langsamen Mann nur mit einer solchen Aufgabe betrauen können? Und was war mit Niksch? Hatte er entkommen können? Oder lag auch Niksch …
    Sie wollte den Gedanken nicht zu Ende denken. Sie wollte die Augen schließen, liegen bleiben, einschla-fen. Aufgeben. Aber dann fielen ihr die Mutter und die drei Schwestern ein, die einen Polizisten in der Familie brauchten, um sich sicher zu fühlen. Sie sah ihre Gesichter vor sich. Sie starrten sie an, fragten stumm nach Niksch.
    Schwerfällig richtete sie sich auf. Sie zog den Anorak aus und legte ihn Hollerer über die Beine.
    «Scheiße, der läuft uns aus!», sagte Bermann.
    «Falls du Alkohol brauchst, in den Taschen ist was.»
    Bermann sah auf. «Was soll das?», herrschte er sie an.
    Ohne recht zu wissen, weshalb, sagte sie: «Irgendwo ist ein Fotoapparat. Niksch hat den Mönch fotografiert.»

    «Verdammt, Luis, du bleibst hier, die sind mindestens zu zweit!»
    «Möchtest du gehen?»
    «Scheiße! Keiner geht!»
    «Doch», sagte sie und wandte sich ab.
    Niksch war, das zeigte die Entfernung zwischen rechtem und linkem Fußabdruck, nicht gerannt. Er war gegangen. Das bedeutete: Als er an dieser Stelle gewesen war, hatte Hollerer noch im Auto gesessen, war noch nicht geschossen worden. Vielleicht hatten ihn die Schüsse auf Hollerer gewarnt. Vielleicht hatte er sich in Sicherheit bringen können.
    Die Spuren der beiden Verfolger verliefen eine Weile unmittelbar neben der von Niksch. Dann wechselte eine auf die andere Seite. Sie hatten ihn in die Zange genommen.
    Und ein paar Meter daneben, scheinbar unberührt von allem, die kleinen, flüchtigen Sandalenabdrücke des Mönchs, manchmal so schwach, dass sie kaum zu erkennen waren.
    Einige Minuten lang ging es nach oben, dann nach unten auf ein Waldstück zu. Hier lag wieder etwas mehr Schnee. Der Untergrund war uneben, ein ums andere Mal sackte sie in Ackerfurchen ab. Sie gab sich keine Mühe, unbemerkt zu bleiben. Manchmal blieb sie stehen, um auf Geräusche

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