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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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verschwand für einen Moment. Dann war es wieder da. Auf Franzö-
    sisch sagte es: «Nein, das mache ich.»
    «Wie bitte?»
    «Geben Sie mir Ihre Waffe.»
    Was machst du?, dachte Louise.
    Wellen aus Schmerz durchzuckten ihre linke Seite.
    Jetzt war der Schmerz heiß und nass. Endlich begriff sie, was geschehen war. Was das Merkwürdige war.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben steckte eine Kugel in ihr. Wieder hatte sie Lust zu lachen. Dann wollte sie weinen.
    Sie versuchte, sich zu konzentrieren. Die Eintritts-stelle der Kugel musste sich unterhalb des Schlüssel-beins befinden. Sie glaubte das Projektil zu spüren.
    Hallo, sagte sie stumm, willkommen, kleiner böser Freund.
    Über ihr wechselte eine mit einem Schalldämpfer versehene Automatikpistole von einer Hand in eine andere.
    Was machst du?, dachte Louise.
    «Holt uns jemand?», fragte das Gesicht mit den großen Augen.
    «Keine Ahnung.»
    «Haben Sie ein Telefon?»
    «Sicher.»
    «Rufen Sie meinen Mann an.»
    Das Männergesicht verschwand. Mit einer raschen Bewegung legte sich eine kleine Hand auf ihren Mund, während die andere die Mündung des Schalldämpfers an ihre Stirn presste. Das Gesicht mit den großen Augen näherte sich ihrer Wange. Sie nahm seinen Geruch wahr, es roch sanft, fremd, jung. Was machst du?, dachte sie. Auf Deutsch flüsterte das Gesicht: «Sie … nicht … können … retten Welt. Retten sich.»
    Die Mündung rutschte an ihrem Scheitel entlang.
    Der Himmel machte zweimal «Plopp», dann kam die Nacht.
    Als sie erwachte, lag sie in einem Gebüsch. Zweige versperrten ihr die Sicht. Es war kalt. Irgendwo in der Nähe hörte sie Wasser fließen. Sie überlegte einen Moment, wo sie war und was sie an diesem Ort tat, fand aber keine Antwort. Panik flackerte in ihr auf. Sie wollte aufstehen, doch ihr Körper rührte sich nicht.
    Stattdessen raste ihr ein beißender Schmerz in die Glieder. Sie beschloss, liegen zu bleiben.

    So lange wie möglich liegen zu bleiben.
    Calambert weckte sie. Nein, sagte er in ihrem Kopf.
    Nein.
    Jenseits der Zweige war es jetzt heller. Sie fror furchtbar. Der Schmerz schien nachgelassen zu haben, zumindest solange sie sich nicht bewegte. Noch immer wusste sie nicht, wo sie war und was sie hier tat.
    Sie sah sich in Richard Landens Wohnzimmer sitzen.
    Dann standen sie auf. Weil sie nicht in die Küche zu Niksch und der Porzellankatze wollte, ging sie fort.
    Mit dem Bewusstsein, dass sie in Richard Landens Augen eine besondere Gabe besaß.
    Dann fuhr sie ins Kanzan-an.
    Plötzlich war die Erinnerung wieder da. Der Sharan, Natchaya, der kleine böse Freund aus der Dunkelheit. Der falsche Osteuropäer und Natchayas merkwürdiger Satz.
    Pham und Areewan und die anderen Kinder, die für immer in der Stille zu verschwinden drohten.
    Sie versuchte, sich aufzurichten, aber ihre linke Seite war schwer und unbeweglich wie ein Stück Metall.
    Nur der wiederkehrende Schmerz zeigte ihr, dass sie nicht metallen war. Ächzend sank sie zurück.
    Natchaya und der Mann hatten sie in ein Gebüsch zwischen der Weide und dem Kanal gezogen. Weshalb hatte Natchaya sie nicht getötet? So willenlos schien sie also doch nicht zu sein. Einen Moment lang war sie entschlossen einen eigenen Weg gegangen.

    Hatte ihren Komplizen getäuscht und einen weiteren Polizistenmord verhindert. Obwohl die Polizistin zu viel gesehen und zu viel begriffen hatte.
    Was bedeutete das? War Natchaya nur ein bisschen böse? Wie konnte sie dann für eine Organisation arbeiten, die Kinder verkaufte? Kinder vom selben Kontinent, aus demselben Land wie sie?
    Ein Gedanke kroch an den Rändern ihres Bewusstseins entlang, aber sie hatte nicht mehr die Kraft, sich zu konzentrieren.
    Es war einfacher, wieder an Calambert zu denken.
    Calambert war deutlicher spürbar als je zuvor. Seit die Kugel in sie eingedrungen war, gab es Ähnlichkeiten zwischen ihnen. Sie hatte den Himmel aus derselben Perspektive gesehen wie er. Sie hatte sich genauso gefühlt wie er, hatte unter Schock gestanden wie er.
    Er steckte jetzt in jeder Faser ihres Körpers. Er war ein Teil von ihr. Und sie von ihm.
    Sie nahm ihn mit in die Ohnmacht.
    Ein Hund fand sie.
    Als sie wieder zu sich kam, lag der Hund winselnd quer auf ihren Beinen. Mädchenstimmen riefen nach ihm. Der Hund begann zu bellen und sprang auf.
    Verdammt, bleib da, dachte sie. Der Hund lief davon.
    Wenig später kehrte er mit den Mädchen zurück.
    Die Mädchen begannen zu schreien.
    Louise sagte: «Die Sau lebt.»

    14
    LEDERLE

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