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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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wahr, und das hieß: Einstellungsberaterin oder Jugenddezernat, aber doch nicht Kapitalverbrechen.
    Sie überlegte, warum sie sich nicht ärgerte. Vielleicht, weil sie vermutete, dass Bermann auf eine verquere Weise auch von sich selbst gesprochen hatte.
    »Grundgütiger«, sagte Täschle unvermittelt, »wir sind doch nicht in New York oder in Kabul, wir sind doch in Freiburg. «
    »Die Welt hat sich verändert.«
    Täschle schüttelte den Kopf, ohne sich umzudrehen.
    »Hätten Sie sich vorstellen können, dass der elfte September unter anderem in Hamburg vorbereitet worden ist?«
    » Freiburg « , sagte Täschle.
    »Dass im Raum Ulm/Neu-Ulm immer wieder islamistische Terroristen auftauchen?«
    »Wie bitte?« Täschle wandte sich um.
    »Wir wissen, dass Bin-Laden-Leute im Raum Ulm/Neu-Ulm waren. Dass Mohammed Atta und ein ägyptischer Topterrorist dort waren.«
    »Aber Freiburg. «
    Louise zuckte die Achseln, Täschle drehte sich wieder zum Fenster. Sie sah auf die Uhr. Knapp zwei Stunden bis zu ihrer Verabredung mit Richard Landen. Zeit genug, irgendwo vorbeizufahren, irgendjemanden zu befragen, irgendetwas zu tun, um die Dämonen auf Abstand zu halten.
    Sie zog die Liste heran. Eine Lehrerin, ein Landtagsabgeordneter a. D., ein Unternehmer, ein pakistanischer Universitätsdozent. Ehrenkirchen, Freiburg-St.
    Georgen, Lahr, Freiburg-Stühlinger. Der pakistanische Dozent interessierte sie im Augenblick am meisten. Der Stühlinger also.
    Sie hob den Blick. Auf die asiatischen Kinder fiel das Licht der vorabendlichen Sonne. Die Mönchskutten schienen zu leuchten.
    Sie sah zu Täschle hinüber. Er würde, das wusste sie, nicht in den Stühlinger mitkommen. Er wollte zu Lisbeth Walter, eine Möglichkeit finden, ihre Sicherheit zu gewährleisten. »Fahren Sie ruhig«, sagte sie.
    Täschle wandte sich um. »Ich bin nicht mit dem Wagen hier.
    Ihr Chef hat mich abholen lassen.«

    »Da sehen Sie mal, wie sehr die Kripo Dorfpolizisten schätzt.«
    Täschle lächelte. »Und jetzt? Bringt die Kripo mich jetzt auch wieder heim in mein Dorf?«

    Auf der Fahrt sagte Täschle wenig. Sie ahnte, was in ihm vorging. Ein Mord in seinem Einzugsbereich. Ein Mord, der vielleicht zu verhindern gewesen wäre. Der schreckliche Fragen aufwarf.
    Vor allem eine: War Lisbeth Walter in Gefahr?
    »Rolf Bermann hat eine Streife zu ihr geschickt«, sagte sie.
    »Ich auch«, sagte Täschle.
    Sie verließen die Bundesstraße, kamen an Riedingers Hof, an Riedingers Weide vorbei. Täschle sah nicht nach links, nicht nach rechts, schien nicht zu bemerken, dass ein Mann, der von der Brandfläche kam, über die Weide ging. Der Geist, auf den sie am Montagabend gewartet hatte?
    »Wer ist das?« Sie deutete auf den Mann.
    Täschle wandte den Kopf.
    Ja, es war Adam Baudy.
    Sie überlegte, ob sie anhalten sollte. Beschloss, später mit ihm zu sprechen.
    »Was ist eigentlich mit Riedinger passiert? Wo sind seine Kinder und seine Frau?«
    Täschle antwortete nicht gleich. Schließlich sagte er: »Der Vater hatte in den Sechzigern MKS am Hof, und …«
    »MKS?«
    »Maul- und Klauenseuche. Wir hatten in den Sechzigern den letzten großen Ausbruch, mit zigtausend betroffenen Höfen, vor allem in Baden-Württemberg und Bayern, und da war eben auch der Hof vom alten Riedinger darunter. Keine zwei Wochen hat’s gedauert, dann waren alle Rinder und die meisten Schweine krank und mussten gekeult werden. Ich weiß noch, tagelang hast du die Viecher schreien gehört, die gesunden wie die kranken, nicht nur beim Riedinger, wir hatten noch ein paar Höfe, die es erwischt hatte. Und als das endlich vorbei war, hat sich die Mutter vom Hannes aufgehängt, weil sie den Kummer nicht ertragen hat, und da ist der Vater … Der Vater ist durchgedreht.
    Er hat seine Frau vom Balken geschnitten, das hat ihm den Rest gegeben. Irgendwie ist er …« Täschle zuckte die Achseln. »Er hat den Hannes gezwungen, den Hof mit ihm wieder aufzubauen. Hat ihn morgens aus dem Bett gezerrt, hat ihn den ganzen Tag lang über den Hof geprügelt, bis tief in die Nacht, und dann ging’s wieder von vorn los. Ich hab ihm manchmal geholfen, mit ein paar anderen Jungs hab ich in den Schulferien für ein paar Mark auf dem Hof gearbeitet. Sie haben es tatsächlich geschafft, haben wieder Rinder und Schweine gezüchtet, hatten wieder Personal. Aber der Hannes hat geschworen, dass er den Hof verkauft, sobald der Alte tot ist.
    Nur wollte der Alte dann nicht sterben. Wurde immer seniler und komischer, aber

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