Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)
besser fragen sollen, ob du vor
mir
Angst hast?«
Ich lächle.
»Ich habe eher Angst vor deinem Vater. Was passiert, wenn er erfährt, dass wir bei euch zu Hause Alkohol trinken?«
»Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß.«
»Ist er eigentlich hier?«
»Klar. Aber wenn ich Partys gebe, flüchtet er sich in sein Arbeitszimmer.«
Und ich wüsste zu gern, wo das ist.
»Jedenfalls brauchst du dir wegen dem Alk keine Sorgen zu machen. Es ist ja nicht so, als könnten die Cops gleich vor der Tür stehen. Das tun sie ohnehin schon.«
»Diese Spaßbremsen«, sagt Erica und nimmt einen großen Schluck von ihrem aufgepeppten Sprite.
»Delicioso!«
Als ein paar Mädchen an der offenen Küchentür vorbeigehen, lässt Erica einen Freudenschrei los.
»Ich muss unbedingt die Mädels begrüßen«, sagt sie grinsend. »Lauf nicht weg, Fiffi, okay?«
Sie kneift mir ins Ohr und verschwindet mit ihrem Glas in der Hand.
»Da hast du ja ’ne echte Eroberung gemacht«, sagt Sam.
»Sieht so aus.«
»Das ging aber schnell.«
Sie sieht mich forschend an.
Ich will sie zwar ein bisschen eifersüchtig machen, aber verletzen will ich sie nicht. Ich muss jetzt sehr behutsam vorgehen.
»Du hast doch nichts dagegen, dass Erica und ich zusammen hergekommen sind? Ich wollte nicht der Neue sein, der die ganze Zeit allein in einer Ecke rumhängt.«
Sam macht eine wegwerfende Handbewegung.
»Schon gut. Ist ja nur ’ne Party. Und kein Date oder so.«
»Schade eigentlich.«
Sie grinst und drückt mir ein Glas mit ihrer Spezialmischung in die Hand.
»Ich werd doch hoffentlich nicht deinem Vater in die Arme laufen? Wär mir echt peinlich, gleich beim ersten Mal einen schlechten Eindruck auf ihn zu machen.«
»Du würdest ihn wohl gern kennenlernen, was?«
»Weiß nicht.«
»Lüg mich nicht an. Ich hasse es, wenn man mich belügt.«
»Natürlich würde ich ihn gern kennenlernen. Warum auch nicht?«
Sie wendet den Blick ab und nimmt einen Schluck von ihrem Drink.
»Aber dich möcht ich noch viel lieber kennenlernen«, sage ich.
Sie sieht mich skeptisch an.
»Nette Lüge.«
»Quatsch. Das ist die Wahrheit.«
»Vielleicht stell ich ihn dir mal vor, Benjamin. Wenn wir … «
»Wenn wir was?«
»Wenn wir uns besser kennen.«
Besser kennen
. Schön wär’s. Leider lerne ich nie jemanden »besser« kennen. Bevor es so weit ist, hab ich längst meinen Auftrag erledigt und mich aus dem Staub gemacht.
»Du solltest dich lieber mal um Erica kümmern«, sagt Sam.
»Bevor sie ausrastet, meinst du?«
»Manche Frauen werden ziemlich sauer, wenn sie nicht ihren Willen kriegen.«
»Und wie ist das bei dir?«
»Ich bin halb Israelin. Ich kann sogar stinksauer werden.«
»Oje, da darf ich’s mir nicht mit dir verderben.«
Dann gehe ich in den Flur.
Aber nicht, um Erica zu suchen.
Der Bürgermeister ist hier.
Das hat Sam jedenfalls gesagt. In seinem Arbeitszimmer.
Ich gehe langsam den Flur entlang.
Tue so, als hielte ich nach Freunden Ausschau. In Wirklichkeit suche ich den Bürgermeister und präge mir genau die Örtlichkeiten ein.
Ich muss zwei Dinge klären:
Wie komme ich rein und wie komme ich wieder raus?
Ich registriere Eingänge und Ausgänge, Türen, Nischen, tote Winkel. Die Fenster stehen offen. Es ist schönes Wetter draußen. Ich gehe in eins der Zimmer und beuge mich aus dem Fenster.
Wir sind im 12. Stock. Verdammt hoch.
Unterhalb der Fenster verläuft ein Betonabsatz. Sieht nicht sehr vertrauenerweckend aus.
Als ich den Kopf wieder zurückziehe, steht Darius, der Zottelbär, hinter mir. Er scheint was im Schilde zu führen.
»Na, überlegst du gerade, ob du mir einen Schubs geben sollst?«, frage ich ihn.
»Ich hab gehofft, du wärst lebensmüde und würdest mir die Arbeit abnehmen.«
»Tja, besonders gut drauf bin ich nicht gerade.«
»Na bitte. Das ist doch schon ein Anfang. Noch ein paar Gläschen und du bist das heulende Elend.«
»Sam hatte recht. Du bist wirklich ein Schatz.«
Seine Schultermuskeln verkrampfen sich.
»Sie hat über mich geredet?« Er bekommt richtig glänzende Augen. Aber dann hat er sich wieder im Griff. »Quatsch, hat sie nicht. Jedenfalls nicht mit dir. So leicht lass ich mich nicht verarschen.«
»Du hast natürlich recht. Sie hat dich kaum erwähnt.«
Sein linkes Augenlid zuckt.
Steht ganz schön unter Strom, der Gute. Ich kann es auf keine Konfrontation ankommen lassen, jedenfalls nicht, solange ich hier bin. Ich habe ihm einen Dämpfer verpasst, aber ich darf
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