Boys Dont Cry
nach übersehe.«
Adam blickte mich nur an, ohne etwas darauf zu erwidern. Ich kniff die Augen zusammen.
»Ist in der Bar Belle gestern Abend was vorgefallen, nachdem ich gegangen bin?«, fragte ich.
»Nein, nichts«, sagte Adam matt und drehte sich von mir weg.
Er verheimlichte mir etwas. Ich sah es ihm immer an, wenn er mir etwas verheimlichte.
»Adam?«
Adam drehte sich lächelnd wieder zu mir um. »Hör auf zu nerven. Du machst dir zu viele Gedanken.«
Das stimmte wahrscheinlich. Nach Mamas Tod hatte ich es offenbar von ihr übernommen, mir um Adam Sorgen zu machen, und das war irgendwie superätzend.
»Sind deine Freunde gestern Abend noch aufgekreuzt?«, erkundigte ich mich.
»Ja – irgendwann.«
»Wer denn?«
»Anne hoch drei.«
»Wie bitte?«
»Rox anne , Le anne und Di ane .« Adam lächelte. »Jeder nennt sie Anne hoch drei.«
»Das ist doch auf deinem Mist gewachsen, oder?«
»Natürlich«, brüstete sich Adam.
War ja klar.
Warum war er eigentlich hauptsächlich mit Mädchen befreundet?
»Und was habt ihr gemacht?«, fragte ich.
»Herumgealbert eben.«
»Worüber habt ihr euch unterhalten?«
»Hauptsächlich über Filme und attraktive Schauspieler, auf die wir alle stehen.«
»Verdammt noch mal, Adam.«
»Was denn? Als angehender Schauspieler muss ich mich über alles, was mit Schauspielerei zu tun hat, auf dem Laufenden halten«, sagte Adam. »Und fluch nicht vor deiner Tochter.«
Ein kurzer Blick auf Emma ergab, dass sie unserer Unterhaltung keinerlei Beachtung schenkte. Aber ich würde mich in Zukunft vorsehen müssen.
»Waren in deiner Clique gestern keine Kerle dabei?«, erkundigte ich mich.
»Nö. Dylan und Zach sind nicht aufgekreuzt, aber das kam mir ganz gelegen. So war ich allein mit drei Mädchen, die an meinen Lippen hingen.«
»Ja, schon recht«, höhnte ich.
»Stimmt aber. Ich hatte meinen großen Auftritt«, grinste Adam.
Ach du lieber Gott.
»Warum kannst du nicht mehr wie …?«
»Mehr wie du sein?«
»Wie andere Jungs«, sagte ich.
»Ich mache eben mein eigenes Ding und laufe nicht bloß den anderen hinterher«, meinte Adam leichthin. »Anders als gewisse Personen, die ich nennen könnte.«
»Was willst du damit sagen?«
»Dass ich keine Angst habe, anders zu sein.«
»Anders sein heißt, dass du einen Tritt in den Arsch kriegst.«
»Nicht solange du auf mich achtgibst«, meinte Adam lächelnd. »Und pass auf, was du sagst, du mit deiner dreckigen Klappe.«
Wäre Emma nicht dabei gewesen, hätte ich ihm eine saftige Kostprobe meiner dreckigen Klappe serviert.
»Hast du schon entschieden, was du wegen deinem Studienplatz unternimmst?«, fragte Adam, bevor er sich seinen Joghurt mit Haferflocken und Trauben (soll wohl sehr gut für die Haut sein) zu Gemüte führte.
»Nein«, gestand ich. »Noch nicht.«
»Wartest du auf eine göttliche Eingebung?«
»Nein. Ich warte auf den Briefträger«, entgegnete ich.
»Wie bitte?«
»Vergiss es.« Ich hatte nicht vor, Adam oder Dad zu erzählen, dass ich einen Vaterschaftstest machen wollte. Noch nicht. Sie würden es nicht verstehen. Sie würden denken, ich versuchte, mich aus der Verantwortung zu stehlen.
Dad schlurfte in die Küche, kratzte sich am Hintern und gähnte. Die Boxershorts hingen ihm tief auf der Hüfte. Gott sei Dank hatte ich schon gefrühstückt.
»Dad, ich muss doch bitten«, sagte ich und bedeckte Emmas Augen mit der Hand.
»Du sorgst soeben dafür, dass deine Enkeltochter später mal jahrelang in Therapie gehen muss, Dad«, bemerkte Adam.
»Oh. Ich bin gleich wieder da«, sagte Dad. Er hatte sich bereits halb umgedreht, als ihm endlich Adams Gesicht auffiel. »Was zum Teufel ist denn mit dir passiert?«
»Ich bin gestolpert und hingefallen«, erklärte Adam.
Dad runzelte die Stirn. »Hast du denn Tomaten auf deinen verdammten Augen?«
»Dad, macht es dir was aus, vor Emma nicht solche Wörter zu benutzen?«, sagte ich. »Ich will nicht, dass sie dein loses Mundwerk erbt.«
»Du frecher Rotzlümmel.«
»Dad!«
»Okay, okay. Tut mir leid, Emma. Und Adam, pass in Zukunft besser auf.« Vor sich hin grummelnd ging Dad nach oben. Adam und ich grinsten uns an. Emma zog mich an der Hand und kicherte.
Als Dad zurückkam, trug er den dunkelgrünen Morgenmantel, den ich ihm vor ungefähr drei Jahren zum Geburtstag geschenkt hatte. Ich hatte ihn genau zweimal darin gesehen, am Tag, als er ihn bekam, und heute. »Zufrieden?«, fragte er.
»Emma ist es bestimmt«, antwortete ich für
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