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Bradbury, Ray - Halloween

Bradbury, Ray - Halloween

Titel: Bradbury, Ray - Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halloween
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– ah! – der Drachen flog!
An seiner Wäscheleine hing er tief über dem Boden, dumpf und wild geduckt vor dem Wind, trieb
hierhin, zuckte dorthin und schoß plötzlich hoch und
zeigte ihnen eine Wand aus Augen, einen festgefügten Körper aus Zähnen, einen Sturm von Schreien.
»Er steigt nicht, er steht nicht still! Ein Schwanz,
wir brauchen einen Schwanz!«
Und wie von einem Instinkt getrieben, sprang Tom
vor und packte das untere Ende des Drachens. Dort
hielt er sich fest. Der Drachen hörte auf zu pendeln
und stieg in die Luft.
»Ja«, rief der dunkle Mann. »Du bist genau richtig! Kluger Junge! Du bist der Schwanz. Die anderen
auch!«
Und während der Drachen auf dem kalten Fluß
der reißend dahinfließenden Luft zu steigen begann,
machte sich jeder Junge, einer Eingebung, einer
Einsicht folgend, zu einem weiteren Teil des Drachenschwanzes. Das heißt, Henry-Hank, als Hexe
verkleidet, packte Toms Knöchel, so daß der herrliche Schwanz des Drachens nun aus zwei Jungen
bestand.
Und Ralph Bengstrum in seiner Mumienverkleidung hoppelte herbei, stolperte über die Stoffstreifen,
unter denen er kaum Luft bekam, sprang hoch und
hielt sich an Henry-Hanks Knöcheln fest.
Jetzt bildeten also drei Jungen den Drachenschwanz.
»Wartet! Jetzt ich!« rief der Bettler. Unter den
Lumpen und dem Schmutz verbarg sich in Wirklichkeit Fred Fryer.
Er sprang und packte zu.
Der Drachen stieg. Die vier Jungen, die der
Schwanz waren, schrien, er müsse noch länger werden.
Er wurde länger, als der als Höhlenmensch verkleidete Junge hinzustürzte, gefolgt von einem Jungen, der als Tod verkleidet war, mit einer Sense, die
gefährlich durch die Luft pfiff.
»Paß auf mit der Sense!«
Die Sense fiel ins Gras und lag da wie ein verlorenes Lächeln.
Die beiden Jungen jedoch hielten jetzt ebenfalls
halb gewaschene Knöchel umklammert, und der
Drachen stieg höher und höher. Noch ein Junge kam
hinzu, und noch einer und noch einer, bis acht
schreiende, kreischende Jungen als herrlicher, hin
und her schwingender Drachenschwanz herabhingen.
Die letzten beiden waren das Gespenst (in Wirklichkeit George Smith) und Wally Babb, der die bemerkenswerte Idee gehabt hatte, sich so zu verkleiden,
daß er wie ein Wasserspeier in Teufelsgestalt aussah,
der von einer Kathedrale gefallen ist.
Die Jungen juchzten. Der Drachen schwang durch
die Luft und … flog davon.
»Hey!«
Humm! Das Flüstern der tausend Drachentiere
klang wie ein Schnurren.
Zung! Die Drachenschnur summte im Wind.
Wusch! machte das Ganze.
Und der Wind trug sie hoch über die Sterne.
Downground blieb zurück und sah seinem Werk,
seinem Drachen, seinen Jungen mit Bewunderung
nach.
»Wartet!« rief er.
»Nein, warten Sie nicht, kommen Sie!« riefen die
Jungen zurück.
Downground rannte über die Wiese und nahm die
Sense. Sein Umhang flatterte im Wind und wurde zu
Flügeln, und dann löste sich auch der dunkle Mann
ganz einfach von der Erde und schwang sich in die
Lüfte.
8

D
er Drachen flog.
    Die Jungen hingen herab wie ein dünner
Eidechsenschwanz: sie schlängelten sich pendelnd,
schwingend, schnalzend.
    Sie schrien vor Begeisterung. Sie kreischten keuchend und schnappten vor Schreck nach Luft. Sie
jagten wie ein Ausrufungszeichen vor dem Mond
dahin. Sie flogen hoch über Hügel, Wiesen und Farmen. Sie sahen sich widergespiegelt in düster vom
Mond beschienenen Flüssen und Bächen. Sie streiften die Wipfel uralter Bäume. Im Vorbeifliegen
machten sie so viel Wind, daß ganze Banktresorfüllungen von Blättern losgeschüttelt wurden und wie
ein bunter Regen auf das schwarze Gras fielen. Sie
flogen über das Städtchen hinweg und dachten: Seht
doch mal nach oben! Hier sind wir! Eure Söhne!
    Und dachten: Seht mal, irgendwo da unten sind
unsere Mütter, Väter, Brüder, Schwestern, Lehrer!
Hey, hier sind wir! Ach, wenn uns doch einer sehen
würde! Sonst glaubt uns das doch keiner!
    Und in einem letzten Sturzflug pfiff, summte,
trommelte der Drachen in den Wind und schwebte
dann über das alte Haus und den Halloweenbaum
hinweg, wo sie Downground begegnet waren.
Er taumelte, flatterte, glitt, raste, zischte.
Ihr Luftsog ließ die tausend Kerzen ersterben –
    und flackern, zucken und zischen vor Verlangen, sich
wieder zu entzünden –, und so waren die aufgehängten Kürbisse mit ihren Fratzen und grinsenden Mäulern halb in traurigen Schatten getaucht. Einen Herzschlag lang war der ganze Baum völlig verdunkelt.
Doch als der Drachen sich

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