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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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mit Gieses beschlagnahmtem Bulldog von einem Hof zum nächsten und legte im Auftrag der neuen russischen Verwaltung den Wert der Häuser und Stallungen fest, des Acker- und Weidelands, der Geräte, Tiere, Wagen, Vorräte. Er rauchte noch mehr Papirossi als zuvor , selbst in den Häusern, und wenn ei n Möbelstück sein Interesse weckte , begutachtete er es ausgiebig; er wollte, hieß es, heiraten. Bei den Freiers öffnete Wladi jeden Küchenschrank, nahm das Geschirr heraus, saß zur Probe auf den Polstermöbeln in der Stube, legte sich mitsamt seiner Stiefel aufs Eheb ett, das Daniel Freier seit acht Jahren mit niemandem geteilt hatte, und trug alles auf eine r langen Liste ein. Beliebt machte er sich damit nicht; aber Freier und die and eren Bauern bedrängten ihn , stellten ihm ungefragt Wein und ein gutes Stück Fleisch und Kuchen auf den Tisch. Sie wollten wissen, was er festlegte und niedersc hrieb.
    Umsonst: Wladi lächelte nur , kaute, sagte nichts – außer dass er noch hungrig wäre. Sein Bandwurm, meinte Irma Schilling, wäre wohl totgegangen. Wo der Gürtel geschlackert hatte, quoll nach wenigen Wochen ein weicher, wachsender Bauch hervor.
    Erst kurz vor der Abreise, als Frei er die Berechtigungsscheine für sich und seine Kinder au f der Primaria abholte, las er, was Wladi geschätzt hatte. Der gesamte Hof an der Kälber Drift mit mehr als dreihundert Dessjatinen Land war soviel wert wie Elwira Dressners Harmonium. Unter der Liste der Möbel stand auf Russisch „gebraucht und ohne Wert“. Die Schweine und drei Pferde hatte er vergessen. Alle Feldwagen, die Pflüge und das Pferdegeschirr auch.
     
    In einem von Ziegelmacher aufgehängten Glaskasten an der Ringseite der Primaria hing der Plan, nach dem die Umsiedlung ablaufen würde. Zuerst hatten die Frauen, Mädchen und die Jungen unter sechzehn aufzubrechen, begleitet von allen Über-Sechzigjährigen. Die Männer und älteren Söhne sollten bis Ende 1940 bleiben und den Russen in den letzten Wochen des Jahres zur Hand gehen. Jeder Landbesitzer, der ein Paar Pferde hatte, durfte einen beladenen Planwagen mitnehmen. Allen anderen war ein Koffer oder eine Tasche erlaubt , nicht schwerer als zwanzig Pfund .
    Es war eine wirre Zeit, die in einigen das Beste zu Tage förderte, aber nicht in allen. Der alte Pleskow verlor wenige Tage nach der Besetzung die Nerven, nahm am frühen Morge n seine Büchse und erschoss mehrer e Schweine, Schafe und die beiden Milchkühe, bevor er Hühnern und Enten mit den bloßen Händen die Hälse umdrehte. Anschließend schoss er seinem Hund in den Schädel und auch – dies war das Entsetzlichste für alle Le ipziger – den fünf Pferden, den vier alten und dem Füllen. Es brachte ihm viel Kopfschütteln ein, nicht zuletzt bei seinen Söhnen und seiner Frau. Die Kadaver blieben in den Ställen und im Hof liegen, wo Pleskow s Raserei sie getroffen hatte. Niemand wusste, wie Pleskow die schweren Leiber nun beseitigen könnte, und jeder hatte Wichtigeres zu tun. Mutter Pleskow sprach in den Oktoberwochen nicht mit ihrem Mann, was die Sache nicht einfacher machte und den Geruch im Hause Pleskow nicht besser. Ein anderer, im Oberdorf, zü ndete im November seine Ställe an (was gelang) und dann sich selbst (was fehlschlug). Irma Schilling und Dr. Prudöhl waren lange damit beschäftigt, seinen wunde n, Tag und Nacht tropfenden Arm mit verquirlten Eiern, Kürbismus, Melkfett und kalten, feuchten Wickeln zu retten.
    Die letzte Ernte holten Frauen, Männer und Kinder gemeinsam ein. Das Getreide muss ten sie a m Bahnhof Bessarabeska ab liefern, wo es verladen und nach Odessa abtransportiert wurde. Das Korn wurde gewogen, doch statt des Geldes, das allen in Aussicht gestellt worden war, erhielten sie eine Rubel-Gutschrift in kyrillis cher Schrift, garantiert von Gos nak in Moskau. Das Gemüse, das sie nicht mehr essen konnten, ließen sie auf den Äckern und Beeten stehen.
    Am letzten Sonntag, bevor die Frauen und Alten mit den Kindern mit Lastwagen nach Galatz gebracht werden sollten, feierten sie gemeinsam einen letzten Gottesdienst am Ring, zu dem Pastor Pomreinke und sein e kurzhaarige Frau Nelly aus Anschakrak kam en. Er wollte ihnen, mit schwerem Herzen, Lebewohl sagen, denn die Pomreinkes würden, sagten sie, bleiben. Sie hätten keine Kinder bekommen und wollten da sein, wo ihnen eine Aufgabe zugewiesen worden wäre.
    Sie sangen Herr auf dich traue ich und Ein feste Burg . Sie hätten für immer singen mög en. Als Lobgotts

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