Braeutigame
Lobgott. „Was soll mich denn…“
„Kann sich keiner seinen Namen aussuchen, wenn Gott ihn in die Wel t setzt. So hieß mein Erwin eben… gibt wohl Schlimmeres als Glück zu heißen, meinen sie nicht? Will doch wirklich keiner Pech heißen, wenn man einmal darüber nachdenkt. Da kann man von Glück sagen, wenn man so heißen darf, sag e ich immer, ha, ha, ha… und wie war noch Ihrer? Ihr Name?“
„Lobgott. Ja. Hellmuth Lobgott.“
„Aha. Sehr schön. Sehr gottesfürchtig.“
„Mut mit h und Gott mit Lob.“
Sie gluckste. „M einetwegen auch das. Sie sind ein Spaßvögelchen , scheint mir … ? “
„Und wo ist Ihr… dieser Erwin?“, fragte Lobgott.
„Tot ist der!“, rief Frau Schilling. „Mensch, was du gleich wieder Fragen stellen musst, Lobgott, wo du die gute Frau keine fünf M inuten kennst. Tot ist er – n un weißt du’s! Willst du ihr gleich einen Antrag machen, oder wartest du noch auf bessere Zeiten? “
„Och, ich wollte nicht… Ich hoffe…“
„Nein, nein“, sagte Hildchen Glück, „es geht schon. Er ist schon vor acht Jahren gestorben , mein Mann, bei uns daheim in Schlesien, nicht erst im Krieg. Einen Täschner-Laden hatten wir in Liegnitz, Lederwaren und Tücher – und die Bomben verkauften wir natürlich auch, die Liegnitzer, aber die gibt es ja bei jedem Händler im s chlesischen Land , das war unsere Spezialität. Bomben und Himmelreich. H atte es an der Lunge, mein Erwin.“
„Die Schwindsucht“, sagte Frau Schilling.
„Eben die, ja, so sagte der Arzt. D ann bin ich weg aus Liegnitz und nach Posen, wo ich Familie habe. Beziehungsweise hatte. Sind sicher auch alle längst weg, und kein Mensch weiß, wo sie gerade durchs Land marschieren. Wie’s ist i n diese m Krieg. Die Posener bei uns aus dem Viertel – die hatte ich schon verloren, da hatte ich noch den Duft der Warthe im Nasenkolben. Die konnten nach einer halben Stunde nicht mehr und wollten Pause machen und sich was zwischen die Zähne schieben… Aber es waren alte Leutchen dabei, man muss Rücksicht nehmen als anständiger Mensch . Da bin ich schon einmal voraus gegangen , auf Erkundung, sagt der Pfadfinder, und ein Stü ck zu weit nach Süden geraten. Nach Frankfurt wollte ich eigentlich.“
„I rgendwo hast du die falsche S traße genommen, Lieb chen“, sagte Frau Schilling.
„Ja, so war es. Und irgendwo habe ich dann die se Person nach dem Weg gefragt. “
Prudöhl, der neben den Frauen stand, während Pferdewagen und Karren an ihnen vorbeizogen, musste grinsen. Die Welt geht vor die Hunde, dachte er, und dieses Hildchen Glück zetert und erzählt so lustig – so… herze nsfroh, den Schalk im Nacken… unerschütterlich klang sie, dass es eine Wohltat war in der Kälte. Die hatte einen Ofen in ihren Leib ein gebaut – so viel Kraft, wie die hatte.
Er sah ihr ins Gesicht, das nur aus Zähnen und Augen zu bestehen schien. Hilde Glück erzählte weiter, ab und zu unterbrochen von Frau Schilling. Sie hatte viele Falten um den Mund. Nur ihre hellgrauen Augen wirkten etwas kalt auf Prudöhl, abwägend.
Sie kramte in einer ihrer Taschen. „Ich möchte meinen“, sagte sie, „dass wir hier einmal anstoßen sollten , bevor es weitergeht . Macht ja nichts, dass wir mitten auf dem Land sind – wo sind wir eigentlich, Irmchen? Immer noch im Warthestand? Ha, ha… – ein Scherzchen... Aber darauf, dass wir uns kennengelernt haben, und dass Sie sich alle wiedergefunden haben, alte Bekannte, die Sie sind…“
„Der Kleine hier, Hildchen, das ist der Alma ihr Bruder – wie heißt du noch einmal ? Ah so, Arthur – Arthur heißt er – den hab e ich auch auf die Welt geholt, und ein Wunder war’s, dass er sich holen ließ, quer wie er lag, das weiß ich noch. Ohne einen Schutzengel hätte er es nie in die Welt geschafft – mit den Füßen zuerst musst e er, das war was… Na, nun guck mal nicht so betreten, Arthur. Du b ist ja ein großer Mann geworden. Der Doktor hatte auch seine Hände im Spiel. “
„Und womit wollen sie hier anstoßen?“, fragte Freier.
„Man muss nehmen, was man hat“, sagte Frau Glück . „Hier. Endlich. Hi er habe ich es. Hier ist das Ding... “ Sie hielt eine Dose Kondensmilch in der Hand. „Irmchen, wir brauchen einen Dosenöffner oder irgend et was Spitzes… Die Herren vielleicht…?“
Jakob zog sein Messer aus der Hosentasche.
„Dann kommen Sie mal ruhig mit uns mit, Frau Schilling“, sagte Freier. „Und Ihre Freundin – die so gut fürs leibliche
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