Braeutigame
ich verspreche es.
– ‚Werte Alma‘, sagte Konrad gestern Abend, ‚v on welchem Alten Meister würdest du dich malen lassen wollen ?‘ Ich war für einen Moment verwirrt, und beim ersten Gedanken an alte Meister war ich schon bei Bach, und das war dumm, denn er malte ja nicht, sondern komponierte . Mein Mann schlug Caravaggio vor, und Michelangelo. Ich gab mich unentschieden (ich kannte den ersten nicht). Ich habe mir alles aufgeschrieben, um es in der Bibliothek – ich lebe jetzt in einem Haus mit eigener Bibliothek, stell Dir vor, mit mehr Büchern als damals bei Lobgott – um es also in einem Wörterbuch nachzuschlagen.
Ein Haus, sage ich, aber es ist mehr eine Villa, ein Schlösschen. Konrad und ich schlafen getrennt, und wir haben jeder ein eigenes Badezimmer für uns, und zwischen Bad und meinem Schlafzimmer ist eine kleine Kammer nur für meine Kleider und Schuhe und Mäntel . Das Kind ist oben, in einer schönen Stube unter dem Dach, und geht hier zur Schule, in Altona. Es ist eine gute Schule, wo sie die Älteren in Latein und Griechisch unterrichten und natürlich auch in Englisch, was wichtig ist wegen der Amerikaner und der Engländer, die hier sind.
Konrad hat noch ein anderes Zimmer für sich, e s liegt neben der Bibliothek, in dem steht ein großer Billardtisch. Ich habe noch nie Billard gespielt, es ist eher ein Männersport. Aber Konrad und seine Geschäf tsfreunde spielen dort oft. Dabei trinken sie etwas, Brandy nennen sie es (es ist brauner Schnaps, wie Rum) , und spielen mit den Kugeln, die laut aneinander schlagen.
In der Küche bei Rosina gibt es einen Eisschrank für die Vorräte. Es ist sehr nützlich, so verdirbt wenig, wenngleich er natürlich viel kleiner ist als ein Eiskeller. Den haben sie hier in der Stadt nicht . Sie kennen es gar nicht mehr.
Wir hatten auch eine Hochzeitsfeier in einem Hotel & es wurde eine Fotoaufnahme gemacht. Es war nichts Aufwä ndiges, mehr ein Umtrunk, eine Party , stand in der Zeitung, denn Konrad ist hier etwas bekannt, und die Menschen nehmen Anteil an dem, was er macht. Es war eine kleine Feier, aber doch schön und fröhlich, und ich habe viele Leute kennengelern t. Es gab Sekt und ein Büfett, das ist in Ham burg nun das Schickste: Bü fet t s, bei denen sich jeder das, was er essen möchte, aussucht und auf den Teller holt , aber nicht im Sitzen (was bequem wäre), son dern im Stehen, an einem langen Tisch, hinter dem Leute stehen und die Teller füllen.
Konrad hat mir viele Geschenke gemacht, er ist so aufmerksam. (U nd keines davon war ein Pferd – erinnerst Du Dich an das Tier der Dressners, das dann die Russen als erstes holten?) Ich trage nun meinen Ehering, den zweiten, am Finger, so will es Konrad. Unseren trage ich aber auch, an einer Kette, er weiß es nur nicht, muss es auch nicht wissen. Er hat mir Schmuck geschenkt, eine Kette mit blauen Juwelen und zwei schwere Ohrringe, für die ich mir Löch er stechen lassen muss. Was meine Mutter und Oma Mathilde und Frau Schilling sagen würden, wenn sie mich mit Schmuck i n den Ohren sehen würden – ich fürchte, sie würden mich ausschimpfen u nd sagen, wie verkommen und verrucht ich geworden bin. Aber viele Frauen trag en es hier, und ich möchte nicht schon am Anfang schlecht auffallen, nur weil wir es in der Heimat anders gehalten haben. Einen Ring mit einem Stein hat er mir nicht geben wollen, weil es sich nicht lohnt, glaubt er. Meine Hände sind seit dem Unglück lange verheilt, aber ich werde immer die Narben behalten. Ich trage oft Handschuhe aus leichtem Stoff, so fällt es nicht auf.
Und stell Dir vor, er hat mir ein ganzes Haus geschenkt – oder ein Häuschen. Ich habe es noch nicht gesehen, weil es an der Ostsee steht, in einem Dorf, das Brodten heißt, und ich war noch nicht dort. Es soll aus Holz sein, sagt Konrad. Ich fand es eigenartig, wo es Konrad gut geht und hier niemand mit Holz baut. Ich werde sehen. Er hat es früher oft genutzt, mit seiner ersten Frau.
Die schönste Überraschung aber war etwas anderes. Ich habe Konrad viel von der Heimat erzählt – wie wir leb ten & wie es uns ging damals. Es interessi ert ihn, glaube ich, nicht besonders . Es ist eine fremde Welt für ihn, mit den Tieren und Feldern und Menschen, der vielen Arbeit im Fre ien. Er ist in seinem Leben weit gereist, aber nie am Schwarzen Meer gewesen, nur einmal bei den Türken, in Smyrna, während einer Schiff s reise. Aber von unseren Leipzigern hatte ich erzählt, und auch von
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