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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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Nachbarin, Frau Stelter – immer, dass das Geheimnis einer guten Ehe darin liegt, dass beide viel arbeiten . Ich lachte damals und schmunzelt e , als ich es hörte, es klang undankbar, aber heute denke ich anders darüber . Es stimmt wohl, oder ist nicht völlig falsch. Und wenn es stimmt, so hat meine Ehe mit Konrad wenig Geheimnisvolles. Er arbeitet, viel sogar, von morgens um sieben bis abends sieben, aber ich habe kaum etwas zu tun, keine Verantwortung oder Pflicht , und es macht mir das Leben schwer. Wir haben einen Kühlschrank im Haus, ein Fernsehgerät, drei Telefone (eines in der Diele, eines in Konrads Schlafzimmer und eines in seinem Kontor) und sogar einen beweglichen Bottich, den ma n mit Wäsche, Seifenpulver un d warmem Wasser füllt und kreis en lässt, so dass alles von alleine sauber wird – sauberer als mit der Hand! Es geht alles schrecklich schnell, und natürlich ist Rosina zuständig. Sie hat ihre Art und mag es nicht, wenn ich mich selbst kümmere. Sie denkt, ich würde ihr die Arbeit wegnehmen und befürchtet, dass Konrad sie wegschicken könnte. Es ist lächerlich, aber so denkt sie nun einmal.
    Ich habe viel Zeit, vor allem vormittags, und habe mir in Konrads Bibliothek einige gute Bücher vorgenommen. Wir haben zu unserer Zeit bei Lobgott alle nur dürftig gelernt, so kommt es mir vor. Ich lese gerne und viel, es gibt mir zu denken. Nun habe ich mit Tol stoi begonnen – hast Du ihn jemals gelesen? Ich erinnere , dass Lobgot t dessen Bücher hatte. Ich lese „Krieg und Frieden“, über den Krieg zwischen den Russen und Franzosen , und es ist eine komplizierte Geschichte, so viel e P ersonen, dass es manchmal durcheinander gerät in meinem Kopf. Es ist gut zu sehen, dass die Russen nicht nur gewinnen & wie auch sie leiden.
    Ich singe weiterhin viel, mit Frau Wilson und oft auch ohne, und habe das Gefühl, dass meine Stimme erträglicher wird, dass ich sie besser unter Kontrolle halten kann, sogar in den sehr hohen Lagen. Und ich habe das Atmen gelernt. Es muss komisch klingen, ich weiß, wo wir alle ständig atmen, unser ganzes Leben lang. Aber beim Singen ist das richtige Atmen eine Kunst, der Anfang von allem, damit man den Ton nic ht verliert & ihn beherrscht. (‚ Atmen ist das A und O ‘, sagt Regina immer, ‚ das Äi und Ou .‘) Wir haben ein großes Zimmer unten, wo ein schöner Feuerplatz ist mit Sesseln und einem Sofa und einem Grammofon (ein besseres als Elwira Dressner hatte, neu und unerhört teuer, sagt Lilli ). Dort sitze ich lange nach dem Mittagessen und höre Musik, und manchmal schlafe ich dabei ein. Wir haben viele Platten, Du kannst es Dir nicht vorstellen, einen ganzen Schrank voll. Es gibt dort so viel – ich dachte lange, Bach und seine Chöre wären das Größte. Sie sind sicher gut, aber es gibt noch so viel mehr! Nun ist es mir peinlich, wie naiv ich als junges Mädchen war. Ich habe zuletzt Musik von Ludwig va n Beethoven gehört, der neun große Sinfonien komponiert hat, und Franz Schubert und natürlich Wolfgang Mozart. Es ist mir eine große innere Freude, und ich singe, wenn niemand im Haus ist, mit.
    Georg hat geschrieben. Es geht ihm gut in Kentucky. Er hat einen kleine n Jungen und ist wohl, so schreibt er, hoch angesehen bei den Züchtern. Er reitet wieder, obwohl sein Knie nicht mehr so ist wie früher. Er kann es nicht mehr ganz bewegen. Wird es wohl auch nie mehr können. Georg hat ein Foto von ihrem Haus beigelegt. Groß und schön ist es, aus Holz, mit einer Veranda, die an drei Seiten herumläuft, auf der man auf Schaukelstühlen sitzen und sich ausruhen kann, und sie haben selbst drei Pferde, eine rotbraune Stute, ein Füllen und einen Zuchthengst, der ihm einiges an Geld einbringt.
    Lilli und ihr Mann bauen ein Haus in einem Städtchen nördlich von Hamburg, nach Oldesloe und Lübec k hin, das Bargteheide heißt. Dort gibt es eine neue Flüchtlingssiedlung mit Grundstücken. Es geht langsam voran, aber sie haben einen guten Kredi t bekommen mit günstigen Zinsen von der Adenauer-Regierung, und sie packen beide an. Die Banken haben Eingliederungsdarlehen für Flüchtlinge, bei denen man fast keine Zinsen zahlen muss, so habe ich es verstanden. Ich könnte auch eines bekommen, sagt Lilli, aber es besteht ja kein Bedarf & es geht mir gu t, wie es ist, weil Konrad ordentlich verdient. Lilli ist immer still und zufrieden, es liegt in ihrer Natur, und ihr Mann ist praktisch veranlagt und arbeitet hart. Ich denke, Lilli wird bald ein Kind

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