Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
Vom Netzwerk:
Tagen, als er am Morgen neben Mischka auf d em Wagenbock Platz nahm und die Peitsche schnalzen ließ, um die Pferde in Gang zu bringen, während Hedwig und die Kinder winkten – Alma, Minna und Geo rg, die jüngsten waren wo anders, vielleicht schliefen sie noch, sie waren klein – , und Georg lief noch einige Zeit neben den Wallachen her und rief ihnen etwas zu. Das sollte er nicht, der Junge wusste e s, es war gefährlich, neben ein em Wagen zu laufen, immer wieder kam ein Kind unter die Räder und starb oder war für immer verkrüppelt, aber schimpfen hatte er ihn auch nicht wollen, sein Ältester konnte so gut mit den Tieren, er verstand sie, und sie mochten ihn, also hatte er ihn laufen lassen und hatte nur mit de r freien Hand die Fliegen verscheuch t, die an diesem Morgen früh in der Luft waren, angelockt vom Geruch der Pferde . Marga war mit ihrem Kopftuch im Hof gestanden. Müde hatte sie ausgesehen, sie war spät zu Bett gekommen – jedenfalls waren sie spät eingeschlafen, er erinnerte sich noch, sie waren in ihrem Schlafzimmer lange wach geblieben in der schwülen Nacht, obwohl sie im achten Monat und so unbeweglich mit ihrem Bauch war, auch wenn sie eigentlich immer unbeweglich bei der Sache war, das musste er leider sagen, ob schwanger oder nicht – er hatte sie geküsst, an den geheimen Stellen hinter den Ohren. Marga hatte ihre Hände unter der Schürze unter ihrem Bauch gefaltet, hielt das schwere, ungeborene Kind, und dann hatte sie schnell gewunken, ein einziges Mal, als die Pferde sich in Bewegung setzten , und sich umgedreht . Zwölf Jahre hatte sie ihm das Haus bestellt, acht Kinder auf die Welt gebracht, von denen nur drei gestorben waren – man musste dankbar sein, dass es nur drei war en, manch anderem vergingen alle – ja, still gewunken hatte sie mit einer Hand und kurz gelächelt, ganz kurz nur , bevor sie sich umdrehte . Er hatte sich in diesem Moment vorgenommen, dass er der Frau aus Kischinjew etwas mitbringen würde, etwas, das sie nicht erwarten würde, etwas Überflüssiges, Kostbares, er wusste doch, was er an seinem tüchtigen, sparsamen Weib hatte, das wollte er ihr zeigen, ob es ihr recht war oder nicht – es würde ihr natürlich nicht recht sein, aber er wollte es trotzdem tun. – Vor zwei Tagen schon, hatte Mischka gesagt? Wo war er vor zwei Tagen gewesen…? – in Kischinjew natürlich, das war der Tag, als er die Kupscha aufs Amt gebracht hatte und mit dem Beamten einen Schnaps hatte trinken wollen … zwei Tage also, hätten sie ihm da denn nicht Meldung machen können, dass er sofort zurückgekehrt wäre? Sie hätten es ihm doch sagen müssen. Bei Alfred Ziegelmacher, ihrem Schütz, hatten sie sogar ein Kabel legen lassen – es war ja keine Stadt, wo sie lebten, aber sie hatten doch ein Kabel, damit sie der großen Welt nicht allzu entrückt wären, da hätten sie ihm Meldung machen müssen, eine Nachricht schicken nach Kischinjew, in die Hauptstadt.
    „Vadda!“
    Mischka stieß ihn an der Schulter an. Der Ackerschlepper war fort. Wladi musste weitergefahren sein, zurück auf Gieses Hof oder sonstwohin, ach, es war ja ganz egal, wo der abblieb.
     
    Sie hielten am Ring beim Chaim. In den Regalen des Kolonial- & Gemischtwarenladens lag alles, was die Leipzier brauchte n, und darüber hinaus einiges, das seit Jahren unbeachtet Staub fing: Mehlsäcke, Palerbsen und Linsen, Erdnüsse, fleckige Orangen, Zichorien-Kaffee von Heiner Frank in Siebenbürgen, echter Bohnenkaffee aus Britisch-Ostafrika („eine Sünde, wer so etwas trank“, sagte Pastor Pomreinke des Preises wegen), Rübenzucker aus Pommern, Schulhefte, Dr. Jakobis Graphit stifte, Hustensaft, gelbes Melkfett und einfache Kerzenl euchter aus Emaille . An den Wänden des Ladens lehnten Schaufeln und Harken, glänzende Sensenblätter, aufgerollte Stoffbahnen. Chaim verkaufte auch Kuchen und Süßigkeiten, und wen n Kinder in den Schulpausen zu ihm kamen und kein Geld hatten, schenkte er ihnen Lutschpasti llen, was ihm, sobald sie wieder aus dem Laden gelaufen waren, das Nörgel n seiner Frau Wilma einbrachte. Chaim war teuer, sagte Marga, bei dem sollte man nichts kaufen und lieber zum Wiege im Oberdorf gehen, der einen nicht schröpfte – auch wenn man bei dem wiederum Acht haben musste, nichts Verdorbenes angedreht zu bekommen. Aber Chaim hatte etwas, das Wiege nicht führte: Weinbrand. Davon brauchte Daniel Freier ein Glas, ein großes, bevor er auf den Hof fuhr und die Kinder sah und Oma Mathilde , den

Weitere Kostenlose Bücher