Braeutigame
nackten Füßen nach ihren Pantoffeln suchte, eine Schmach war es, jawohl, eine rec hte Schmach, für ihn und für sie erst recht , der würde sie n un den Riegel vorschieben, würde er schon sehen, was der Flegel von seiner Völlerei hatte. Von seinem Ge -SAU- fe.
Es dauerte eine Weile, bis Giese merkte, dass die Tür s eines Hauses verschlossen war; d ass beide Türen seines Hauses, die vorne zur Straße und die hinten zum Hof, versperrt waren. Walburga Giese lag währenddessen unter ihrer Decke im Bett und biss vor Vergnügen in ihr Kopfkissen. Das würd e sie zu gerne sehen, wie der Trunkenbold immer wieder gegen die Tür polterte – der merkte nicht einmal, dass abgeriegelt war, so besoffen war er, der bekam überhaupt nichts mehr mit, ha!
Ach, was macht er jetzt…? – geht ums Haus rum, der Held, wahrscheinlich quer durch ihre Zwiebeln… da, nun ist irgendwas umgefallen im Hof, ein Eimer oder Fass oder was – sie gluckste wieder in ihre Bettdecke – jetzt hörte sie ihn am Stubenfenster rütteln, wird’s ja hoffentlich nicht einschlagen, der Mann, aber so trunken, wie er ist, kann der sich ja nicht mal gerade auf den Beinen halten. Und was singt er jetzt wieder…?
Sie erschauderte.
Nun das noch. Jetzt sang er was von Pomreinke, einen alten Herrnhuter Choral vom Grafen Zinzendorf… – ja, das war es, sie kannte doch die Melodie, sie hatten das Lied erst am Nachmittag gesungen in der Kirch e vor der bleichen Marga im Sarg, ganz feierlich war es da über sie gekommen… Ach weh, ihr Emil lästerte im Rausch den Herrn, und alle Welt konnte ihm dabei zuhören. Er war von Sinnen, der Mann.
Chesu che, grölte Emil Giese hinterm Haus.
Sie stand noch einmal auf, schlich ohne Licht zu machen ins hintere Zimmer ans Fenster und sah vorsichtig durch die Vorhänge in den Hof. Da… – da ist er, der Säufer... schleppt der eine Leiter mit sich rum… Sie müsste rausgehen und ihm eins auf den Kopf geben, müsste sie, der bringt es fertig und fällt über seine eigenen Füße und macht ihr mit der langen Leiter die Schober nieder…
W as macht er nu n ? So hat er sich das gedacht, will im Popsch akorb schlafen, der Mann, na, es gibt schlechtere Orte, wenigstens trocken hat er e s da, solange man nichts gegen Mäuse hat. Aber in dem Zustand konnten sie ihm übers Gesicht und in die Hosen kriechen, der würd’s nicht merken.
Emil Giese stellte die Leiter an das Maishaus und kletterte in seinem Rausch in langsamen, suchenden Schritten aufs Dach.
Chesu che, sang er dabei laut, chesu che voran auf der Lebensbahn.
Auf dem Dach des Popschakorbs sank er hin und schnarchte, bis seine Frau Walburga ihn am nächsten Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, mit einem Eimer frischen, kalten Brunnenwassers weckte.
Kapitel 5 : Gott mit Lob
In jeder Glückseligkeit liegt der Keim des Tragischen, in jedem Un glück der Beginn neuer Freuden.
Nach Marga Freiers Tod im Kindbett, a ls Arthur Woche um Woche schrie und an Gewicht zulegte und schließlich – endlich – das Lachen lernte; a ls im Herbst das erste Gras die Grabstelle am Ring-Friedhof zudeckte und die letzten Erntewagen von den Feldern kamen; in diesen Monaten sang Alma bei der Arb eit, bis der Verlust d er Mutter zu einer Erinnerung verblasst war und nicht mehr schmerzte. Ihre Stimme klang rein und voll , sagte die vornehme Elwira Dressner , die von diesen Dingen etwas verstand: „Aus deinem Gesinge wird eines Tages noch Gesang, Kindchen.“
Die Wege des Herrn sind unergründlich, sagte Küsterlehrer Hellmuth Lobgott, leider leider. Aber wie er das Herz dieses Kindes so fröhlich machen konnte, kaum dass die Mutter, diese begnadete Köchin, Gott sei ihrer Seele gnäd ig, viel zu früh ins Grab gesunk en war, das war nun doch eine ganz und gar unschickliche Sache. Man sollte meinen, es wäre Frau Freiers Ende gewesen, das der Stimme des Mädchens erst Feuer und Leidenschaft verliehen hätte. Nein, so ginge es nicht, sagte Lobgott. Das sagte er überhaupt oft: dass es so nicht ginge.
Im neuen Jahr wartete d as Dorf lange auf das Ende des Nachtfrosts. Als Anfang März das Steppengras morgens nicht mehr von Raureif überzogen war und in der Sonne zu duften begann , fuhr der Zug aus Kischinjew im Bahnhof Bessarabeska ein, der, verkündete Emil Giese, ihr Leben auf den Kopf stellen würde: eine Dampflok mit Kohletender und drei Anhängern.
Auf zwei Waggons lagen Fichtenstämme aus den Karpaten , die die Männer alle vierzig Schritte in den Boden rammten, erst
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