Braeutigame
gehört“, sagte er. „Unser Junge war schon einmal bei ihnen im Haus. Heinrich heißt er. Unser einziger. Der ganze Stolz gewissermaßen, ha, ha. Nur eine Tochter haben wir sonst noch, die ist zwei Jahre jünger wie er. Justine, nach ihrer Großmutter.“
„Hmm. An die erinnere ich mich. Kann ich mich gut erinnern. Ist ein hübsches Mädchen geworden. Eine hübsche Frau schon fast. S ie war einmal bei uns auf dem Hof… Ich weiß nicht mehr wann. Justine, sagen Sie, heißt sie…?“
Die Krafts nickten stolz.
„Was haben Sie auf dem Herzen?“, fragte Freier. Er wollte nicht lange rede n, sondern nach Hause fahren und essen.
Kraft strich sich mit der Hand ein paar Fusseln vom Anzugärmel.
„Wegen unseres Heinrich s “, sagte Pauline Kraft.
„Was ist mit Ih rem Heinrich? Ist was mit ihm ?“
„Nein, nein“, sagte Gottfried Kraft. „Das nicht. Nichts Arges. Er ist gesund. Kerngesund. “
„Ah … Gut. “
„ Heinrich… – wissen Sie, Herr Freier, unser Heinrich hat nun… mit Ihrer Tochter – mit einer von Ihren Töchtern hat er ein wenig Zeit verbracht.“
„Mit welcher?“
„Alma heißt das liebe Kind.“
„Meine Älteste?“
„Ih re Älteste“, sagte Frau Kraft. „ Wir haben sie kennengelernt, ein feines Mädchen, man kann Ihnen nur gratulieren. Da hat er es gemerkt.“
„Was hat er gemerkt?“
„Na ja. .. Dass er sie wohl ... mag. Sagen Sie nicht, dass Sie… – “
Freier starrte sie an.
„Und deshalb wollten wir fragen…“
„Ja?“
„Ob… ob wir, wenn e s Ihnen einmal passen tät, ob wir uns einmal zusammensetzen sollten vielleicht. Um uns kennenzulernen und…“
Freier sah auf die Uhr. „Ich weiß nicht…“, begann er. Er spürte, wie einer von Oma Mathilde s Fingern ihn von hinten in die Schulter piekste.
„Sonntag ist immer ein guter Tag“, sagte sie, „der Tag des Herrn. Gerne. Da ist Zeit und Ruhe.“
Pauline Kraft nickte ihr dankbar zu.
„Ich will aber…“, stotterte Gottfried Kraft. „Na, vielleicht komm e ich fürs erste M al alleine – was meinst du , Pauline?“
„Sicher“, sagte sie ohne Enttäuschung , als hätten sie es vorher abgesprochen . „Sollt ihr Männer erst einmal beiei nander sitzen und euch einig werde n. Da s andere ergibt sich von alleine. Sonntag, ja. Vielleicht den kommenden gleich? “
Freier hielt inne. „Ein wenig Zeit verbracht?“, sagte er.
Eine Woche später ließ Freier für sich und seinen Gast den Tisch in de r Stube decken. Sie aßen zu zweit , während der Rest der Familie in der Sommerküche saß und sich über Gottfried Kraft und das, was er wollte, unterhielt.
„Hast schon nicht unrecht, Freier“, sagte Kraft und stippte ein Stück Brot in die braune Soße auf seinem Teller. „Ich hab e in den Jahren nicht viel Fortüne gehabt. Nach der Flut, weißt, hat die Saat nie mehr richtig gelingen wollen – unser bestes Feld hat e s versalzen. Frag mich nicht, wo es herkam, war der Teufel im Spiel, und wir mussten von da an immer sehen, wo wir abblieb en. Mehr recht als schlecht ist e s uns ergangen, das kann ich nicht leugnen. H i lft alles Schönred en nichts.“
Freier brummte. Er reichte seinem Gast die Schüssel , in der große Schweinefleischstücke mit Zwiebeln, Pilze n und rote n Paprikastreife n in ölig-brauner Tunke schwammen .
„Was habt ihr jetzt noch an Land?“
„Nicht viel“, sagte Kraft. „Oben am Kesselkavel haben wir acht Dessjatinen und einen Brunnen, und am Fluss – das Stück im Unterdorf – Weiden und Beete. E s ist nicht viel, aber es reicht. Wir sind einfache Leute. “
„Hmm“, machte Freier und kaute langsam weiter, die Schulter tief über den Teller gebeugt.
„E hrbare Leute auch , Freier, und meine Kinder sind beide tüchtig geworden. Die können hart anpacken, und ehrlich sind sie und zuverläss ig und treu. Mein Heinrich würde dir keine Schande machen.“
„Nur kann er mit Treu und Seel e wohl keine Familie ernähren.“
„Noch was“, sagte Kraft. Er wandte sich um, als wollte er sichergehen, dass niemand hinter ihm im Zimmer stand. Er beugte sich vor und sprach leiser. „Land haben wir nicht mehr viel, Freier, aber von den Großeltern meiner Frau, meiner Pauline, haben wir noch goldene M ünzen. Russische, noch vo m Zaren. Die haben ihre Eltern – die von meiner Pauline – nie verkauft und die ganzen Jahre hindurch versteckt. Es soll niemand wissen, verstehst mich? Die Rumänen kommen sonst gleich und wollen ihre Steuer d a rauf haben. Die kann
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