Bragg 04 - Dunkles Verlangen
seinem Hengst hinterlassen hatte. Jane musste lächeln. Die Gärtner waren gerade eifrig damit beschäftigt, die tiefen Löcher zu reparieren, die der Hengst mit den Hufen in die Rasenfläche gerissen hatte. Alle Männer, an denen sie vorbeigekommen war, hatten freundlich gegrüßt und gelächelt, ja alle fünfzehn. So viele hatte sie nämlich gezählt.
Sie raffte den Rock vorne hoch, kletterte auf die Steinmauer und machte es sich dort oben bequem. Ein Lamm mit einem ganz schwarzen Kopf, das an der Mauer gelegen hatte, rannte erschrocken wieder zu seiner Mutter. Jane seufzte und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Aus einer der alten Eichen zu ihrer Rechten flog ein Rotkehlchen auf. Jane war ganz bezaubert von dem kleinen Vogel. Dann hörte sie heftiges Keuchen.
Ganz in der Nähe standen zwei alte Eichen an der Mauer. Aus einem der Bäume war der Vogel aufgeflogen, und von dorther kam auch das eigenartige Geräusch. Wieder so ein merkwürdig unterdrücktes Stöhnen. Jane sprang auf. Und dann hörte sie die Lustschreie einer Frau.
Sie trat ein paar Schritte zurück, als sie zwischen den Ästen ein magentafarbenes Kleid aufblitzen sah. Anfangs hatte sie noch geglaubt, dass sich ein paar junge Landleute unter den Eichen vergnügten. Als sie jedoch den matt glänzenden roten Stoff bemerkte, war sie wie vom Donner gerührt. Kein Milchmädchen trug einen Rock aus magentaroter Seide. Was immer man Jane auch nachsagen konnte, eines war sie nicht: ängstlich. Sie hatte bereits einen Verdacht und näherte sich den beiden Bäumen deshalb auf Zehenspitzen, um keinen unnötigen Lärm zu machen.
Sie hätte aber auch ein wütender Stier sein können, die beiden, die sich dort amüsierten, hätten sie trotzdem nicht bemerkt.
Lady Amelia Harrowby lag dort auf dem Rücken. Ihr roter Rock war bis zur Taille nach oben gerafft. Zwischen ihren weißen Schenkeln lag ein Mann, zweifellos ein Farmer, dessen Becken in rascher Folge ruckartige Bewegungen vollführte. Jane war in London aufgewachsen. Sie wusste, was bei einem solchen Akt passierte. Aber sie hatte noch nie zwei Menschen dabei beobachtet. Sie war so gebannt, dass sie den Blick einfach nicht mehr davon losreißen konnte’.
Amelias Brüste waren entblößt. Sie stöhnte und ächzte. Ihre Hände hatten sich in den Schultern des Mannes festgekrallt und hinterließen dort rote Male. Er hatte das Hemd ausgezogen. Sein breiter muskulöser Rücken war schweißgebadet. Er hatte die Hose ein Stück nach unten geschoben und drang immer wieder tief in Amelia ein.
Jane stand reglos da. Ihr Körper wurde von Hitzewallungen geschüttelt. Der Mann, mit dem Amelia es dort drüben trieb, erinnerte sie ein wenig an den Earl. Er war kräftig gebaut, muskulös und groß gewachsen. Ihr stockte der Atem. Ihr Herz fing an zu rasen. Der Farmer brach über Amelia zusammen, die vor Vergnügen laut kreischte. Jane begriff plötzlich, dass die beiden fertig waren und sie jeden Augenblick entdecken mussten. Aber sie blieb trotzdem stehen. Sie holte zitternd Luft und wollte sich gerade umdrehen, als Amelia einen Überraschungsschrei ausstieß.
Jane blickte zu der älteren Frau hinüber und sah deren entsetztes Gesicht. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken: Ob der Earl davon wusste? Und wie würde er wohl darauf reagieren? Erfreut würde er gewiss nicht sein, wenn er erfuhr, dass Amelia ihm mit einem seiner Pächter Hörner aufsetzte. Jane war aufgebracht, ja aufrichtig empört. Ob der Earl wusste, was für ein Flittchen diese Amelia war? Und wie konnte Amelia, die doch genau wusste, wie einsam und hilfebedürftig der Earl war, diesem nur so etwas antun?
Amelia schloss die Augen und holte tief Luft.
Jane war wütend, ja zornig. Das hatte der Earl nicht verdient. Und zugleich mit ihrer Wut keimte auch neue Hoffnung auf.
Kapitel 12
Er zögerte, bevor er zweimal an ihre Tür klopfte.
»Molly? Komm doch herein«, sagte Jane.
»Hier ist nicht Molly«, sagte der Earl von Dragmore und trat ein. Die beiden sahen sich anfangs unsicher an, dann tauschten sie einen langen tiefen Blick.
Sie sah als Erste wieder beiseite. Doch er konnte den Blick einfach nicht abwenden. Jane saß mit der Bürste in der Hand vor ihrem Ankleidetisch. Ihr dickes blondes Haar war offen und hing bis über ihre Taille herab. Der Earl blickte sie schweigend an. Wie oft hatte er sich diesen Anblick vorgestellt. Als er sie jetzt wirklich so vor sich sah, stockte ihm der Atem, und er musste kurz überlegen,
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