Bragg 04 - Dunkles Verlangen
strahlten, bevor er das Licht in ihnen erlöschen ließ. »Hallo, Jane«, sagte er.
Sie lächelte. Ihre Augen leuchteten. »Guten Tag, Euer Lordschaft«, sagte sie leise.
Er ging weiter, ohne sie aus den Augen zu lassen. Jane war zutiefst beglückt. Dann verschwand er durch eine Tür, und Amelia warf ihr einen hasserfüllten Blick zu. Doch das war Jane ganz egal. Er hatte mit ihr gesprochen. Er war höflich gewesen. Auch am Vortag hatte er sie sehr freundlich behandelt. Auch wenn er nur »Hallo« gesagt hatte, für Jane bedeutete dies eine Wort so viel mehr. Unmöglich, dass sie sich das alles nur einbildete. Jane verschränkte die Hände vor der Brust und holte tief Luft. Vielleicht gab es ja wirklich eine Chance, den Löwen zu zähmen – den Herrn der Finsternis sanfter zu stimmen.
Und dann sah sie den Schmutz, den er wieder einmal mit ins Haus gebracht hatte.
Sie seufzte. Anscheinend bemerkte er gar nicht, was er da anrichtete. Ob es so etwas wie Matsch in Texas gar nicht gab? Oder ob es ihm schlicht egal war? Mal sehen, dachte sie und folgte dem Earl und Amelia. Die Tür zur Bibliothek stand offen. Amelia schien sich irrsinnig über etwas zu freuen. Jane blieb abrupt stehen. Amelia hielt eine mit glitzernden Edelsteinen besetzte Goldkette in der Hand. Sie war hingerissen.
»Danke, Liebling, vielen Dank«, rief sie und fiel dem Earl um den Hals.
Jane zog sich leise wieder zurück. Ach, so war das also: Der Earl machte dieser Frau kostbare Geschenke. Na ja: ging sie ja nichts an, trotzdem war sie tief verletzt. Die Freude, die Jane gerade noch erfüllt hatte, war wie ausgelöscht. Der Earl war ein dummer, unsensibler Mann, der schon beim Anblick von zwei großen Brüsten den Verstand verlor. Wie hatte sie nur glauben können, dass ausgerechnet sie in der Lage sei, diesen Mann zu zivilisieren? Wie hatte sie nur auf die Idee kommen können, sich in ihn zu verlieben? Wie hatte sie nur hoffen können, dieser Mann könnte etwas für sie empfinden? Wie dumm von ihr. Sie war keinen Deut klüger als er. Und mit dieser Amelia konnte sie es ohnehin nicht aufnehmen.
Jane ging rasch durch die Halle und trat durch die Eingangstür ins Freie. Sie hatte Tränen in den Augen. Das Problem war, dass es schon zu spät war.
Sie war schon in ihn verliebt.
Kapitel 14
»Was?«
»Tut mir leid«, sagte der Earl von Dragmore ausdruckslos. »Das ist ein Abschiedsgeschenk. Es ist vorbei zwischen uns.«
Amelia erbleichte und sah ihn verständnislos an. In ihrer Hand baumelte noch die Halskette.
»Nach dem Essen bringt der Kutscher dich nach Lessing. Dort kannst du um fünf Uhr den Zug nach London nehmen.
Er wollte an ihr vorbeigehen und den Raum verlassen.
Sie hielt ihn am Arm fest und sah ihn wütend an. »Du Schwein!« Er blieb stehen. »Habe ich je das Gegenteil behauptet?«, sagte er trocken, dabei dachte er: Sie weiß ja gar nicht, wie recht sie hat.
Sie schlug ihm mit der Hand ins Gesicht.
Er fuhr sich angewidert mit dem Handrücken über die Wange, als ob sie ihn beschmutzt hätte. »Würdest du dich jetzt bitte um deine Sachen kümmern«, sagte er. »Wenn du dich wieder beruhigt hast …«
»Du Schwein!«, schrie sie abermals, diesmal mit gebrochener Stimme. »Ich liebe dich.«
Er hob eine Augenbraue. »Du liebst nicht mich«, sagte er grob. »Das Einzige, was du liebst, ist das hier.« Dabei wies er auf seine Hose.
»Nein, das stimmt nicht! Ich liebe dich wirklich, ich habe dich immer …«
»Erspare mir bitte das Theater«, sagte er scharf. »Es ist aus – vorbei.«
»Aber gestern Abend war es noch nicht vorbei.«
Der Earl sah sie an. »Zwinge mich bitte nicht, Dinge zu sagen, die ich besser nicht aussprechen sollte.«
Sie sackte in sich zusammen. »Es ist wegen der kleinen Blondine, nicht wahr. Es ist …«
»Das Mädchen ist mein Mündel«, sagte er knapp. »Ich bin gerade dabei, sie zu verheiraten. Ich bin hungrig. Du kannst gerne mitessen, aber kein Wort mehr zu diesem Thema.«
»Du Schwein«, stieß Amelia hervor und rannte schluchzend aus dem Zimmer.
Der Earl ging ins Esszimmer und war hocherfreut, als er auf dem Tisch ein drittes Gedeck sah. »Thomas, ich glaube nicht, dass Amelia zum Essen erscheint«, sagte er. Er blickte sich in dem Raum um, doch Jane war nicht da. »In fünf Minuten«, sagte er zu seinem Butler.
Er lief mit federnden Schritten die Treppe hinauf, fühlte sich wie neugeboren, vor Kraft strotzend. Und warum? Weil er begriffen hatte, dass er seine eigene Mätresse
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