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Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Titel: Bragg 04 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Falten zu sehen waren: »Sie ist sehr begabt, alter Knabe. Ich habe sie auf der Bühne gesehen. Auch die Kritik ist ihr sehr gewogen. Und schön ist sie auch. Einfach umwerfend! Diese Mischung aus Unschuld und Sinnlichkeit. Nicht einmal Patricia hätte ihr das Wasser reichen können. Vermutlich eine gute Entscheidung, dass du ihr erlaubt hast, die Schauspielerei zu ergreifen. Scheint ihr im Blut zu liegen. Mit ihrer Mutter kann sie es allerdings noch nicht aufnehmen.«
    Der Earl sah ihn aus dunkel umwölkten Augen an. Im ersten Augenblick dachte Lindley, dass sein Freund böse auf ihn sei. Doch dazu hatte Shelton nicht den geringsten Grund. Also nahm Lindley an, dass er sich getäuscht hatte. Doch die finstere Gestalt, die ihm gegenübersaß, wirkte merkwürdig angespannt. »Du redest, als ob du in sie verliebt bist«, sagte der Earl.
    Lindley suchte verzweifelt nach einer Ausrede und stritt alles ab. »Bist du verrückt? Ich habe ein Dutzend Mätressen, das weißt du doch.«
    Der Earl holte tief Luft. »Habt ihr euch gesehen?«
    Lindley zögerte.
    Wenn er klare Verhältnisse schaffen wollte, musste er mit der Sprache herausrücken. »Ja, wir haben mal nach der Vorstellung gesprochen«, sagte er.
    Der Earl schwieg. Er blickte durch das Fenster auf den von Bäumen gesäumten Platz hinaus. Draußen ging ein schwerer Regen nieder.
    »Ist sie eigentlich noch dein Mündel?«, fragte Lindley ganz direkt.
    »Offiziell schon«, erwiderte der Earl.
    Lindley war schwer enttäuscht. Dann musste er es also bei einer Freundschaft mit ihr belassen, mochte sein erotisches Interesse auch noch so stark sein. Zumindest bis zu ihrer Volljährigkeit.
    Und dann war da noch eine Frage. »Möchtest du sie mal auf der Bühne sehen? Sie spielt im Criterion.«
    Der Earl stieß heftig seine Zigarre aus. »Nein.« Er erhob sich mit einem Ruck aus seinem Sessel. »Ich bin mit Amelia bei Harrod’s verabredet und gehe mit ihr Mittagessen. Lust mitzukommen?«
    Lindley lehnte höflich ab. Und er war erleichtert über die Antwort des Earls.
     

Kapitel 27
     
    Im Zuschauerraum war es dunkel und mucksmäuschenstill. Die Zuschauer saßen wie gebannt auf ihren Plätzen. Oben auf der Bühne stand Jane, in gleißendes Licht getaucht, und ging ganz in ihrer Rolle auf.
    Er stand reglos in einer der Logen direkt neben der Tür. Er machte zwar keine Anstalten, einen Platz zu finden, brachte es aber auch nicht fertig, einfach wieder zu gehen. Tatsächlich war er gerade erst eingetroffen, obwohl unten auf der Bühne schon der dritte und letzte Akt gespielt wurde. Wie die übrigen Zuschauer starrte er gebannt auf die Schauspielerin, konnte den Blick einfach nicht mehr abwenden.
    Dann brach der Earl von Dragmore in Gedanken in wüste Beschimpfungen aus. Oh Gott, wie er sie hasste.
    Er hatte geglaubt, dass er nach der langen Zeit gar nichts empfinden, dass ihr Anblick ihn kalt und gleichgültig lassen würde. Doch nun empfand er nicht etwa Gleichgültigkeit, sondern kochende Wut. Ja, er bebte vor Zorn.
    Seit Lindley ihm am Vortag von ihr erzählt hatte, hatte ihn dieser Ort magisch angezogen.
    Sie war tatsächlich so schön, wie Lindley gesagt hatte. Und sie war in der Tat ein Widerspruch in sich und hatte beides: eine Ausstrahlung engelsgleicher Unschuld und zugleich eine immense erotische Wirkung. Auf seinen Lippen erschien ein höhnisches Grinsen. Er überlegte, wie viele Liebhaber sie seit jener Nacht vor zwei Jahren gehabt haben mochte. Dann versuchte er sich davon zu überzeugen, dass sie ihn nicht mehr interessierte, und fing plötzlich laut an zu schimpfen.
    »Pssst«, zischten Dutzende von Zuschauern in den umliegenden Reihen.
    Er wollte unbedingt gehen, stand aber wie angenagelt an seinem Platz.
    Und wenn Jane unten auf der Bühne besonders lustig war und die Leute ringsum vor Vergnügen brüllten, blieb sein Gesicht unbewegt. Ja, er lächelte nicht einmal.
    Sie hatte ihn verlassen.
    Er hatte sie geliebt – und sie hatte ihn im Stich gelassen.
    Natürlich war er damals wütend gewesen, als sie einfach so weggegangen war. Aber noch viel größer war seine Verzweiflung gewesen. Deshalb hatte er sofort nach ihrer Abreise einen Boten zu Gordon, dem Leiter des Lyceum Theatre, geschickt und Erkundigungen darüber eingeholt, ob sie sicher angekommen und einigermaßen versorgt war. Erst nachdem das geklärt war, hatte er sich ganz seiner Wut und seinem Hass überlassen, sich in der Bibliothek verbarrikadiert, seine Tage in dumpfer, zorniger Verzweiflung

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