Bragg 04 - Dunkles Verlangen
beobachtete sie interessiert.
»Wenn ich dich richtig verstanden habe, willst du also, dass wir heiraten, selbst wenn ich dir meine Einwilligung verweigere. Richtig?«
»Ja, ganz recht.« Er beobachtete sie.
»Über die konkreten Bedingungen einer solchen Ehe haben wir allerdings noch nicht gesprochen.«
Er hob eine Augenbraue.
»Erstens«, sagte Jane, »werde ich weiterhin als Schauspielerin arbeiten. Und du mischst dich in meine beruflichen Belange nicht ein. Ist das klar?«
»Von mir aus kannst du deine verdammte Theaterkarriere fortsetzen«, sagte er gleichgültig, aber seine Augen waren hart wie Diamanten. »Solange eine bestimmtes Stück auf dem Spielplan steht, leben wir in London. Zwischen den einzelnen Engagements wirst du allerdings jeweils ein paar Monate in Dragmore verbringen und dich dort deinen Mutterpflichten widmen.«
Sie bebte vor Wut. »Willst du damit sagen, dass ich bisher keine gute Mutter gewesen bin?«
»Ich wollte dich lediglich darauf hinweisen, dass deine erste Sorge Nicole zu gelten hat.«
»Bis jetzt bin ich trotz meiner Berufstätigkeit eine sehr gute Mutter gewesen.«
»Eine Frau, die voll in ihrem Beruf aufgeht, kann unmöglich eine sehr gute Mutter sein.« Er sah sie mit dem überlegenen Lächeln des erfahrenen Mannes an.
Sinnlos, mit dem Kopf gegen diese Wand anzurennen. Jane kochte innerlich. »Dann sind wir uns also einig? Ich trete in jedem Stück, in dem ich besetzt bin, so lange auf, bis es abgesetzt wird, und komme dann für zwei Monate nach Dragmore.«
»Drei.«
»Zwei.«
»Drei. Du solltest meine Großzügigkeit nicht überreizen, Jane.«
»Du bist ein mieser Kerl«, schimpfte sie empört.
Er zuckte bloß mit den Achseln. »Weiter?«
»Wir haben getrennte Schlafzimmer.«
Sein Ausdruck blieb unverändert. Er schien gänzlich ungerührt. »So ist es der Brauch.«
»Nein, du scheinst nicht richtig zu verstehen. Du bist in meinem Bett nicht erwünscht. Du wirst mich nicht anrühren.«
Er sah sie an.
Sie bedachte ihn mit einem alles andere als liebenswürdigen Lächeln. »Diese Heirat ist schließlich deine Idee. Wir schließen diese Ehe lediglich um Nicoles willen. Du kannst sonst machen, was du willst, aber bitte lass mich in Ruhe.«
Er verschränkte die Arme. Wieder grinste er – diesmal böse und hässlich –, während seine Augen völlig ausdruckslos blieben. »Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dich begehre? Auch wenn du ein Kind hast, Jane. Du bist erst neunzehn und aus meiner Sicht selbst noch ein halbes Kind.«
Oh Gott. Das saß. Sie warf den Kopf in den Nacken. »Und du hältst dich gefälligst ebenfalls aus meinem Privatleben heraus.«
Er ließ die Arme nach unten fallen und ballte die Fäuste. Dann ging er einen Schritt auf sie zu. »Was verstehst du unter deinem ›Privatleben‹, Jane? Beziehungsweise: Wen bezeichnest du mit diesem Wort? Etwa Lindley?«
»Das geht dich gar nichts an«, entgegnete sie wütend.
Er sah sie so angewidert an, dass sie keinen Zweifel mehr daran hegte, dass sie ihm zutiefst verhasst war. Seine Hände waren noch immer zu Fäusten geballt, und sein Gesicht verzog sich zu einem bösartigen Grinsen. »Na gut. Dann viel Spaß bei deinen Affären. Aber ich erwarte von dir Diskretion. Ich möchte nämlich nicht, dass Nicole darunter zu leiden hat, dass ihre Mutter eine Schlampe ist.«
»Nicole?«, höhnte Jane und versuchte seine Beleidigung an sich abprallen zu lassen. »Oder vielleicht du selbst?«
»Warum sollte ich darunter leiden? Leiden würde ich darunter nur, wenn ich etwas für dich empfinden würde.« Er ging mit großen Schritten zur Tür und blieb dort stehen. »Sonst noch etwas?«
Jane kämpfte mit den Tränen. Sie wollte auf gar keinen Fall vor ihm weinen. »Nein.«
»Gut.« Dann hörte sie, wie im Foyer seine Schritte widerhallten, wie die Eingangstür hinter ihm zufiel und er draußen nach seiner Kutsche rief.
Jane fing an zu zittern. Sie trat ans Fenster, sah, wie er völlig ungerührt draußen stand und auf die Kutsche wartete. In ihren Augen standen Tränen. Mistkerl! Wie egoistisch er war und wie rücksichtslos und wie unsensibel. Hinzu kam, dass er sie verachtete. Aber so war es ohnehin am besten. Möglich, dass sie sogar die Kraft gefunden hätte, ihn in der Ehe, die er ihr aufzwingen wollte, eines Tages wieder zu lieben. Doch die Gefahr bestand jetzt nicht mehr. Gott behüte! Einen solchen Mann zu lieben war gleichbedeutend mit Leid. Die dunklen Flammen, die tief in seinem Innern loderten,
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