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Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Titel: Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Haenni
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es sich um einen Kommunikationsfehler von Vive pro Musica . «
    »Oder um böse Absicht?«, mutmaßt Jüre.
    Seine Bemerkung verhallt ungehört. Hingegen stellt seine Gattin enttäuscht fest: »Folglich war das heute gar keine Premiere.«
    »Leider nein«, bestätigt Auf der Maur. »Das dürfte allerdings den wenigsten aufgefallen sein.« Der Gastgeber wendet den Blick zu den Musikern, als er ein gedehntes »Soo« verlauten lässt: »Wir sollten.« Er setzt ein gewinnendes Lächeln auf und ruft in die Menge: »Herrschaften, wenn Sie bitte zum zweiten Teil des Konzerts Platz nehmen wollen!«
    Wie alle andern folge ich seiner Aufforderung. Ich schaue um mich. Dabei fällt mir ein freier Stuhl auf. Vor der Pause war er mit Sicherheit besetzt. Ich versuche mich zu erinnern. Wer saß dort während der ersten Konzerthälfte? Rasch löst sich das Rätsel: Es war Frau Bornhaus. Jetzt ist sie weg! Wird sie im letzten Augenblick auf Fußspitzen hereinschleichen? Wird sie abermals die Aufnahme stören? Oder ist sie von der konventionellen Interpretation des einhundertsten Opus enttäuscht? Hat sie darum einen vorzeitigen Abgang beschlossen?
    Die jungen Musiker stimmen ihre alten Instrumente. Danach erklingen die beruhigenden Akkorde des ersten Klavierquartetts. 40 Minuten später steht definitiv fest: Elisabeth Bornhaus bleibt weg. Die süddeutsche Brahmsliesel glänzt durch Abwesenheit.

24
    Nach dem Konzert bleiben die Gäste zum kalten Buffet, das auf der großzügigen Terrasse serviert wird. Eine reiche Auswahl belegter Brötchen erschwert die Festlegung der Reihenfolge des genussvollen Verzehrs. Erfahrungsgemäß greift man frühzeitig nach den Köstlichkeiten mit Kaviar, Lachs und Krevetten. Schinken- und Salamibrötchen bleiben länger vorrätig. Die Konzertbesucher schnattern und schnabulieren wie kürzlich die Enten am Brahmsquai. Da geschieht Unglaubliches!
    Belegte Brötchen bleiben auf belegten Zungen kleben, matschige Häppchen in zugeschnürten Gurgeln stecken. Die wenigen Glücklichen, die gerade nichts im Munde führen, schlucken leer.
    Vom Garten und vom Salon gleichzeitig nähert sich ein halbes Duzend uniformierter Polizisten. Die Gäste sehen sich augenblicklich von grimmigen Beamten umzingelt und verstummen.
    Hauptmann Geissbühler tritt in Zivil unter die verdutzten Gäste. Er kommentiert die martialische Szenerie: »Sehr verehrte Damen und Herren, entschuldigen Sie unseren Überfall.« Angesichts des verursachten Schreckens tut Beruhigung Not: »Machen Sie sich keine Sorgen. Es geht nur darum, die Personalien aller Anwesenden aufzunehmen. Nähere Auskünfte über die Hintergründe dieser Aktion kann ich mit Rücksicht auf eine laufende Untersuchung allerdings nicht geben. Ich zähle auf Ihr Verständnis und Ihre Kooperation. Besten Dank.«
    Schweigen. Sowas hat man noch nie erlebt.
    »Das geht zu und her wie im TV-Krimi«, murmelt Ellen, die der Zwischenfall als einzige zu amüsieren scheint.
    Hauptmann Geissbühler wendet sich an mich: »Guten Abend, Herr Feller. Und? Etwas beobachtet?«
    »Herr Geissbühler. Sie überraschen selbst mich noch. Ich habe die Razzia nach unserem Telefongespräch von vorhin nicht erwartet. Ich dachte, Sie würden allein auftauchen und verdeckt ermitteln.«
    »Ich wollte Sie nicht mit Wissen belasten, das Ihnen ohnehin nichts gebracht hätte. Ist Ihnen vor unserem Eintreffen etwas Besonderes aufgefallen?«
    Ich rapportiere ihm den Zwischenfall mit dem Notenheft und das Verschwinden von Frau Bornhaus.
    Der Hauptmann stutzt. »Wo ist sie jetzt?«
    »Keine Ahnung«, antworte ich. »Bestimmt nicht mehr hier. Hingegen ist ihr Ehemann die ganze Zeit dageblieben.«
    Geissbühlers Miene heitert sich auf. »In dem Fall brauchen wir nicht länger zu spekulieren. Ich werde ihren Mann persönlich um Aufklärung bitten. Danke für die Zusammenarbeit, Herr Feller. Halten Sie mich weiterhin auf dem Laufenden. Wäre es Ihnen möglich, mich morgen Vormittag auf dem Polizeiposten zu besuchen?«
    »Geht in Ordnung.«
    »Gut. Einen schönen Abend noch.« Dann wendet er sich von mir ab, hält nach dem Doktor Ausschau und geht auf ihn zu. Ich beobachte die beiden. Ihr Gespräch dauert nur kurz. Offenbar hat ihm Bornhaus eine plausible Erklärung für das Verschwinden seiner Gattin serviert. Die große Anzahl von Uniformierten erlaubt eine speditive Befragung. Zur allgemeinen Erleichterung verabschieden sich die Polizisten nach einer knappen halben Stunde. Nur zögerlich kehrt die entspannte

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