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Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel

Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel

Titel: Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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durchgetreten. Mit welcher Folge?
    Neundorf atmete tief durch, donnerte mit ihrer Faust auf den Schreibtisch.
    Ein Unschuldiger war angefahren worden, lag mit einem komplizierten Bruch im Krankenhaus, währenddessen der eigentlich Schuldige sein rücksichtsloses Spiel unbeirrt weitertrieb. Hatte sie das alles richtig beschrieben? War es etwa so abgelaufen?
    Neundorf beschloss, sich kundig zu machen, der Sache auf den Grund zu gehen, griff zum Telefon. Ja, Herr Riederich war in der Firma in Stuttgart, den ganzen Tag über. Wer denn da spreche und von wem ihm die Sekretärin etwas ausrichten könne?
    Neundorf verzichtete auf jedes weitere Wort, gab die Privatnummer ein, hatte die Ehefrau in der Leitung. Das genügte, mehr wollte sie nicht wissen. Sie lief aus dem Büro, fuhr auf direktem Weg nach Markgröningen. Keine fünfunddreißig Minuten später stand sie der Frau persönlich gegenüber.
    »Sie waren gestern Abend schon einmal hier«, erklärte Marietta Riederich, nachdem Neundorf sich vorgestellt und von ihr ins geräumige Wohnzimmer mit den prächtigen Impressionisten geleitet worden war. »Bei meinem Mann.«
    »Wegen dieses Unfalls in Backnang.«
    »Sie wissen inzwischen, wer dahintersteckt?«
    »Wir wissen es, ja«, erklärte Neundorf, musterte ihr Gegenüber mit scharfem Blick. Marietta Riederich hatte ihr einen schwarzen Tee ausgeschenkt, dann gemeinsam mit ihr auf dem Sofa Platz genommen. Die Frau war mit einem modischen hellbraunen Hosenanzug bekleidet, trug kurze braune Haare, hatte ein schmales, dezent geschminktes Gesicht. Neundorf schätzte sie auf Anfang Vierzig. »Deshalb bin ich hier«, setzte sie hinzu.
    »Deshalb?«
    »Ja.« Die Kommissarin trank von dem Tee, stellte die Tasse zurück. »Wissen Sie, ich bin in meinem Beruf oft mit Männern konfrontiert, die ausgerechnet der Person, der sie im Leben neben ihrer Mutter am meisten zu verdanken haben, die größten Schmerzen zufügen«, erklärte sie dann. »Ohne die Frau, die sich für sie aufopfert, ihre Sorgen anhört, ihre Unterhosen wäscht und ihre Kinder erzieht, könnte sich doch kaum einer dieser testosterongesteuerten Typen auch nur halbwegs am Leben halten.«
    Marietta Riederich blickte mit fragender Miene zu ihr her, hatte offensichtlich Schwierigkeiten, Neundorfs Worten zu folgen.
    »Und dann haben einige dieser Egomanen nichts Besseres zu tun als ihre eigene Frau zu betrügen. Die, die sich Tag und Nacht für sie aufopfert.« Sie griff erneut nach ihrer Tasse, trank einen kleinen Schluck. »Hinter jedem Rock herrennen, Hauptsache, die Tussi lässt sich flachlegen. Das wird richtig zur Manie, ja?«
    Ihr Gegenüber zeigte keine Regung, hörte ihr stillschweigend zu.
    »Und dann noch der Wahn nach jungem Fleisch und die Dummheit dieser unerfahrenen, halbwüchsigen Dinger. Alle paar Wochen eine neue, möglichst gerade mal zwanzig-, einundzwanzig-, zweiundzwanzigjährige Puppe. Ausführen, anschwindeln, flachlegen. Und kaum mehr Zeit und Interesse für die eigene Frau. Ja, ich habe gut darüber reden, nicht wahr. Für mich ist es ja nur Theorie. Wenn man das aber am eigenen Leib erfährt, fühlt sich das auf einmal ganz anders an. Richtig beschissen, nicht? Richtig beschissen.«
    Neundorf erhob sich von ihrem Platz, trat ans Fenster, blickte nach draußen.
    »Irgendwann hatten Sie genug davon. Ständig ein neues junges Dummchen. Immer wieder einer dieser nach Fernsehshows, Bekanntwerden, Berühmtsein gierenden Engel. European Angels, Sie können es nicht mehr hören, stimmts?« Sie hatte sich vom Fenster abgewandt, trat auf Marietta Riederich zu, blieb direkt vor der Frau stehen. »Einer dieser Engel nach dem anderen.«
    Ihr Gegenüber nickte sachte, kaum merklich mit dem Kopf.
    »Monatelang, vielleicht sogar jahrelang ging das so. Bis Sie jetzt endlich begriffen haben, dass das Leben nicht dazu da ist, sich in einem fort betrügen, belügen, verarschen zu lassen. Dass wir Frauen nicht die Fußabtreter dieser feinen Herren sind, sondern wenigstens einen kleinen Rest von Ehre und Glück verdient haben. Einen kleinen Rest nur, aber den ganz bestimmt. Und endlich haben Sie die Notbremse gezogen und es ihm heimgezahlt.« Sie blieb einen Moment ruhig, sah, dass die Frau keinerlei Gegenwehr leistete. »Heimzahlen wollen, muss ich sagen. Sie wollten es ihm und dieser kleinen Nutte heimzahlen. Hat aber, wie so vieles, was wir braven Frauen tun, nicht richtig geklappt. Zum Glück, sagen wir mal so, zum Glück. Denn es wurde zwar jemand verletzt, aber

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