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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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mehrfach abgespult.
    »Dann sind Sie ein Zulieferbetrieb für den Maschinenbau«, ergänzte er.
    »Zulieferer? Sie sollten uns nicht unterschätzen. Wir sind der Marktführer. Weltweit.« Der Stolz auf ihren Arbeitgeber sprach aus ihrer Stimme. Sie schien mit Leib und Seele in ihrem Beruf aufzugehen, hatte im Eifer ihrer Aufzählungen anscheinend auch die Sorge um das Verschwinden ihres Vize-Chefs vergessen. »Unsere Produkte sind zwar winzig klein«, Braig konnte sich in Gedanken vorstellen, wie sie mit einer begleitenden Handbewegung ihre Aussage verdeutlichte, »aber ohne sie würde fast keines der modernen Geräte funktionieren, an die wir uns alle gewöhnt haben. Hochleistungstechnologie, Roboter, Maschinen, die modernsten Waffensysteme …«
    »Waffen?«, warf er ein.
    »Präzisionszielsysteme«, erklärte die Frau, »fürs Militär.« Braig schluckte. »Fürs Militär?«
    »Ja«, bestätigte Britta Vollmers. »Für die modernsten Raketen und Gewehre, damit sie ihre Ziele auch wirklich treffen. Das sind mit Abstand unsere wichtigsten Abnehmer.«
    Er spürte förmlich, wie ihn die Aussage seiner Gesprächspartnerin elektrisierte. Der stellvertretende Chef einer Firma für militärische Präzisionszielsysteme wird ermordet, überlegte er, in Gedanken bereits von der Tatsache ausgehend, dass es sich bei dem Toten in der Liederhalle um Markus Schmiedle handelte. Sollte sich diese Vermutung bestätigen, mussten sie von einer weit komplizierteren Sachlage ausgehen, als sie es bisher getan hatten. Dann handelte es sich nicht mehr nur um den Tod irgendeines Mannes, sondern um den des führenden Managers einer hochmoderne Militärtechnologie produzierenden Firma, deren Produkte weltweit wohl sehr begehrt waren – wahrscheinlich auch in Kreisen, denen jedes Mittel recht war, an diese Erzeugnisse zu gelangen.
    »Aber das ist völlig unproblematisch«, sagte Britta Vollmers, »nicht, dass Sie glauben …«
    Er hielt ihre Worte für auswendig gelerntes, reichlich naives Geplapper, fiel ihr mitten ins Wort. »Der Vortrag in der Liederhalle. Herr Schmiedle hält ihn im Auftrag Ihrer Firma?«
    Die Antwort kam zögernd, nach einigem Überlegen. »Also, das kann ich Ihnen nicht sagen. Darüber müssen Sie mit dem Chef sprechen.«
    »Wie heißt er?«
    »Unser Chef? Herr Ralf Kober. Er ist momentan aber nicht im Haus.«
    »Ist er telefonisch zu erreichen?«
    Beate Vollmers benötigte ein paar Sekunden zu überlegen, meinte dann: »Nur im Notfall. Aber das ist ja wohl einer, oder?«
    Er ließ sich die Handy-Nummer des Mannes geben, erfuhr, dass er sich – wie jeden Dienstag ab 15 Uhr – im Seniorenheim bei seiner Tante im Kloster Lorch aufhalte, ein Privileg, das er seit Jahren pflege und eisern durchhalte.
    »Im Kloster Lorch?«, vergewisserte sich Braig.
    »Im Remstal«, bestätigte sie.
    Braig beschloss, den Mann anzurufen, fragte nach der Privatadresse Markus Schmiedles. »Er ist verheiratet?«
    »Nein. Er ist solo. Er wohnt in Metzingen in der … , Moment«, sie suchte nach der Straße, nannte sie ihm.
    Er notierte sich die genaue Anschrift, überlegte. »Familie hat er keine?«
    »Soweit ich informiert bin, nicht. Aber …«
    »Ein Foto von ihm. Sie haben nicht zufällig eines zur Verfügung?«
    »Von Herrn Schmiedle? Aber sicher. Ich sagte Ihnen doch, er ist unser stellvertretender Chef.«
    »Dann bitte ich Sie, es mir zu senden.« Er gab ihr seine Nummer, verabschiedete sich, wartete auf das Foto.
    Eine mit zwei großen Taschen schwer bepackte Frau keuchte an ihm vorbei, leise vor sich hin schimpfend. Braig hörte ein ganzes Sammelsurium unflätiger Worte: »So ein Schmarotzer, so ein windiger. Hätt i dem Sausack doch oine neigschlage«, dann hatte er das Gesicht Markus Schmiedles vor sich auf seinem Handy. Der Mann, den er auf der Toilette der Liederhalle bereits gesehen hatte. Er war es, ohne jeden Zweifel.

14. Kapitel
    Der schlanke runde Turm auf dem grünen Hügel über dem Remstal war mit seiner hellen Fassade schon von weitem zu erkennen. Die ihm unmittelbar angeschlossenen Gebäude der Abtei ließen mitsamt der dreischiffigen Basilika sowohl im äußeren Erscheinungsbild als auch in ihren Innenräumen jenen unangenehmen Protz vermissen, der sonst so vielen ihren mittelalterlichen Reichtum zur Schau stellenden Klöstern zu eigen war. Schlicht und bescheiden ragte das von einer hellen Mauer gesäumte Ensemble – den filigranen Miniaturkunstwerken einer Modelleisenbahn gleich – in die Höhe, nicht einmal einen

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