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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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reines Lotteriespiel, da gibt es keine Planung und keine Romantik, das habe ich selbst oft genug in meiner Zeit in Südafrika beobachtet«, ließ der Tierarzt vernehmen. »Ein Nashornbulle markiert ein Revier von zwei bis drei Quadratkilometern mit großen Haufen von Kot und Mengen von Urin und bewacht es genau. Kein Nebenbuhler darf es betreten, nur ältere, schwache und kranke Männchen, die nicht die Kraft haben, sich eigenes Land zu erobern und Weibchen natürlich. Die Damen sind meistens in Gruppen von bis zu acht Tieren unterwegs, streifen gemeinsam durch die Gebiete mehrerer Bullen. Wird eines dieser Weibchen läufig, legt es eine entsprechende Duftspur. Jetzt kommt es darauf an, welcher Bulle diese Signale zuerst wahrnimmt: Derjenige, in dessen Revier sich die Dame gerade bewegt oder erst der andere, dessen Gebiet sie bald betritt? Wer immer es ist, er muss sich intensiv um sie bemühen und sie zuerst einmal daran hindern, sein Areal zu verlassen. Dabei geht es nicht besonders zärtlich zu, benötigt er meistens doch den Einsatz seiner Hörner. Er führt sich dann wie ein Hütehund auf, der seine Schafe in eine bestimmte Richtung, die Mitte seines Reviers nämlich, treiben soll, staucht die Dame solange, bis sie endlich dort angelangt sind. Erst wenn ihm das gelungen ist, kann er langsam zur Sache kommen. Und die dauert dann, na ja, bei den Breitmaul-Nashörnern schon so an die zwanzig Minuten. Beneidenswert, was?«
    Braig hörte die begeisterten Kommentare, die den Ausführungen Dr. Genkingers gewidmet waren. Der Veterinär antwortete mit kurzen, sarkastischen Kommentaren, wies dann mit lauter Stimme darauf hin, welch vorbildliches Sozialverhalten die doch weithin als höchst primitiv verachteten Nashörner an den Tag legten. »Was uns aber immer, bei jeder Exkursion aufs Neue überraschte, war die Selbstverständlichkeit, mit der die dominierenden Bullen die ständige Anwesenheit älterer, kranker und schwacher Tiere in ihrem Revier duldeten. Obwohl die Futtermenge oft sehr begrenzt war und eigentlich gerade ausreichte, ein Tier zu ernähren, erlaubten sie es den durch ihr Alter oder eine Krankheit geschwächten Tieren, sich auf »ihrem« Land dauerhaft aufzuhalten. So lebten auch die sonst vom Tod bedrohten alten Nashörner oft noch viele Jahre, ohne anderen zur Last zu fallen. Wie oft geht mir doch beim Verfolgen der Nachrichten der Gedanke nicht aus dem Hirn: Oh wäre uns seltsamen Zweibeinern doch nur ein Hauch vom Sozialverhalten der Nashörner beschieden!«
    Wieder waren begeisterte Kommentare, zudem ständig neue Fragen nach den Lebensgewohnheiten verschiedener Tiere zu hören. Dr. Genkinger genoss es offensichtlich, im Mittelpunkt besonders der anwesenden Damen zu stehen und mit seinem unkonventionellen Verhalten die Rolle eines Paradiesvogels zu spielen. Er ging auf die seiner Meinung nach nahe Verwandtschaft von Gorillas, Schimpansen, Orang-Utans und Menschen ein, erzählte Beispiele von deren verblüffend menschenähnlichem Verhalten.
    Braig und seine Partnerin widmeten sich der reichhaltigen Auswahl des Büfetts, genossen die Vielfalt der angebotenen Köstlichkeiten.
    »Dir ist es nicht zu viel?«, fragte er eine gute Stunde nach Mitternacht.
    »Ich wundere mich selbst, wie gut es mir geht«, gab Ann-Katrin Räuber zu verstehen. »Sorge macht mir nur mein Heißhunger. Ich darf nicht daran denken, was ich heute Abend schon alles genascht habe.«
    Sie gaben sich weiteren kulinarischen Genüssen, unterbrochen vom Small Talk mit verschiedenen Gästen hin, hatten die Stimme des Tierarztes erst zu weit fortgeschrittener Stunde wieder im Ohr.
    »Wie viel haben Sie ihm gezahlt?«, hallte Dr. Genkingers Bass zu ihnen her.
    Braig sah auf, bemerkte das heftige Winken des Veterinärs, begriff, dass es ihm galt. Er schob ein mit Oliven belegtes Mohnbrötchen in den Mund, drückte sich an zwei fettleibigen Männern vorbei, die voreinander mit ihren neuesten Geschwindigkeitsrekorden auf der nächtlich ruhigen A 8 prahlten, bezog im Schatten des Tierarztes Position.
    »Zehntausend Euro?«, vergewisserte sich Dr. Genkinger gerade.
    Der bereits seiner Krawatte entledigte, von Schweißperlen auf der Stirn, den Wangen und dem Kinn gezeichnete Mann ihm gegenüber hob abwehrend seine Hand. »Nisch direkt«, lallte er, deutlich angeheitert, »nisch mit Geld. Incentive-Tour.«
    »Incentive-Tour?«
    »Wellness-Hotel«, versuchte der Mann zu buchstabieren, »Wellness-Hotel in Thailand.«
    »Ah«, sagte der

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