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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Frau verständnisvoll mit ihrem Kopf nickte.
    »Ich habe ihn«, sie betonte die drei Buchstaben nicht wie den Rest des Satzes, hauchte sie nur, »gesehen. Ganz kurz, aber genau.«
    »Sie kennen ihn?«
    Annika Jung schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe ihn noch nie vorher gesehen.«
    »Seine Beschreibung. Trauen Sie es sich zu?« Sie ließ ihrer Gesprächspartnerin Zeit, sah, wie die junge Frau überlegte, dann langsam mit einer kurzen Kopfbewegung ihre Zustimmung signalisierte.
    »Wir haben einen sehr freundlichen Experten. Er stellt Ihnen nur wenige Fragen, zehn, zwölf vielleicht, es geht sehr schnell, Sie brauchen sich nicht zu quälen. Darf ich ihn rufen?« Sie hatte ihre letzten Sätze auch an die Eltern Annika Jungs gerichtet, bemerkte deren Zögern. »Es ist im Moment unsere einzige Chance.«
    »Es geht wirklich schnell? Nicht ein ewiges hin und her, Fragen nach diesem und jenem?«, warf Marliese Jung ein.
    »Zehn Minuten«, antwortete Neundorf, »wirklich. Er ist sehr erfahren.« Sie sah die Skepsis der Frau, unternahm einen weiteren Anlauf. »Sie können dabeibleiben. Wir machen es hier.«
    »Rufen Sie ihn«, forderte Annika Jung sie auf.
    Neundorf nahm ihr Handy, gab Daniel Schiek, den sie bereits auf der Fahrt über ihr Problem informiert und um seine Mitarbeit gebeten hatte, Bescheid, erhielt seine Zusage, dass er sich sofort auf den Weg machen würde.
    Schieks Talent und akribische Arbeit waren seit Jahren weit über das Landeskriminalamt hinaus bekannt. Kaum eine noch so vage Beschreibung eines Gesuchten, die er mit seinem Laptop und wenigen gezielten Fragen nicht binnen Minuten in einem ungemein ausdrucksvollen Phantombild präzisierte. Die Anfragen nach Schieks Hilfe trafen inzwischen aus sämtlichen benachbarten Bundesländern, sogar aus der Schweiz und Frankreich ein. Selbst Österreichs Strafverfolger hatten ihn im vergangenen Jahr für zwei Tage nach Wien ausgeliehen und prompt mit den von ihm erstellten Fahndungsbildern Erfolg erzielt. Die Kehrseite seines Erfolgs: Nur wenige ruhige Wochenenden ohne jede Störung waren ihm im Kreis seiner Familie noch vergönnt.
    Zehn Minuten nach Acht an diesem Sonntagabend hatte er seinen außergewöhnlich großen Laptop auf dem Wohnzimmertisch der Familie Jung aufgeklappt, sich von der jungen Frau eine Kurzbeschreibung des Gesuchten geben lassen, dann einen ersten Versuch auf dem Bildschirm kreiert.
    »Die Augen«, korrigierte Annika Jung, »sie wirkten irgendwie … drohender …«
    Neundorf kannte Schieks Arbeitsmethoden, sah, wie er langsam, wie in einem Film, die unterschiedlichsten Augenkonstellationen vor der jungen Frau vorbeilaufen ließ. Sie trat zur Seite, ließ die beiden in Ruhe arbeiten.
    Zuerst die Haare und die Stirn, dann die Augen, anschließend die Wangen. Nase, Mund und Kinn im Anschluss, zum Ende hin der Gesamteindruck.
    »So«, hauchte Annika Jung plötzlich, »genau so. Das ist er.«
    Neundorf hörte die abrupte Veränderung ihrer Stimme, sah die fahrigen Bewegungen ihrer Hände. Sie trat auf die junge Frau zu, sah diese zur Seite springen und in den Armer ihrer Mutter Zuflucht suchen. Ihr gesamter Körper zitterte.
    »Sie kriegen ihn, oder?«, flüsterte sie, die einzelnen Worte verwischend.
    »Wir tun alles dafür«, gab Neundorf zur Antwort. »Vielleicht sollten Sie sich jetzt wieder hinlegen. In Begleitung Ihrer Mutter. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe. Jetzt schaffen wir es.« Sie strich der jungen Frau über die Schulter, ging zu ihrem Kollegen, warf einen Blick auf den Bildschirm. Der Stich ging ihr durch den ganzen Körper. Wie ein spitzes Messer mit frisch geschärfter Klinge. Sie wollte laut aufschreien, die junge Frau darauf hinweisen, dass das nicht sein konnte, dass sie sich getäuscht haben musste, spürte den Kloß in ihrem Hals. Blut schoss ihr in den Kopf, machte sie schwindeln. Sie bemerkte Schieks vor Verblüffung veränderte Augen, hörte seine Worte: »Was ist mit dir? Geht es dir nicht gut?«
    »Ich kenne den Kerl«, stammelte sie. »Ich weiß, wer das ist.«

30. Kapitel
    Mario Aupperle war Feuer und Flamme, was seine neue Gesprächspartnerin anbetraf. Lange blonde Haare, schmale Wangen, dunkelblau schattierte Augen, sinnliche Lippen. Ein knappes rotes T-Shirt, das seine Phantasie auf Volltouren brachte, knallenge schwarze Jeans. Die Frau war der Höhepunkt. Kein Wunder, dass Schmiedle sich mit ihr beschäftigt hatte.
    »Aupperle ist mein Name«, hatte er sich vorgestellt, vor wenigen Minuten vor der Tür der

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