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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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vom Boden. Den Taschenspiegel in der einen und den Lipliner in der anderen Hand zieht sie ihren vollen Mund nach.
    Martin schlendert zum zweiten Sessel und lässt sich hineinfallen.
    »Du bist wunderschön, Claudia.« Seine Stimme hat einen eigenartigen Klang, als er das sagt.
    In ihrem Gesicht zuckt es kaum merklich, als sie eines der Gläser nimmt und es ihm hinhält.
    »Lass uns einen Schluck trinken«.
    »Nein danke!«, antwortet er. »Ich würde jetzt viel lieber hören, was mit Klaus Brückmann passiert ist …« Das Zucken in ihrem Gesicht wiederholt sich, diesmal stärker. »… und mit deinen anderen Liebhabern!«, ergänzt er.
    Mit einer schnellen Bewegung zieht Claudia eine kleine Pistole aus ihrer Handtasche. »Trink das verdammte Glas aus, du schwanzgesteuertes Stück Dreck!« Ihre Stimme ist schneidend wie Glas und ihre Augen glühen dunkel.
    In Martins Blick schimmert ein Funken Bedauern, als er laut und deutlich »Zugriff!« ruft.

    *

    Mit einem Knall, der in der Enge des Zimmers ohrenbetäubend wirkt, entlädt sich die Pistole in Claudias Hand. Martin lässt sich seitlich aus dem Sessel fallen und rollt sich ab. Die Zimmertür wird so heftig aufgestoßen, dass das Holz beim Aufprall auf den Türstopper krachend zersplittert. Vier Männer in Kampfanzügen des Sondereinsatzkommandos stürmen in den Raum. Claudia dreht sich zu ihnen um, die Pistole im beidhändigen Anschlag. Ein zweiter Schuss zerreißt die Luft. Die Kugel stößt sie aus dem Sessel, sie stürzt zu Boden. Sofort ist einer der Polizisten bei ihr und fesselt ihre Hände mit Handschellen auf den Rücken. Ein zweiter Mann tritt mit dem Fuß die Waffe aus ihrer Reichweite.
    »Sicher!«, ruft er laut.

    *

    Zwei Tage später sitzt Martin an seinem Schreibtisch im BKA in Wiesbaden. Die Wunde an seinem Oberarm zwickt zwar noch, aber er will diesen Fall schnell abschließen.
    In einem Schließfach, das zu einem Schlüssel aus Claudias Handtasche gehörte, hatten seine Schweizer Kollegen vierzehn, in Formaldehyd konservierte Augenpaare gefunden. Die Präparate wurden gerade untersucht, um sie den Opfern zuordnen zu können. Die als ›Die Augensammlerin‹ bekannte Serienmörderin Claudia Behrends war noch in der Nacht ihren Verletzungen erlegen.
    Martin seufzt leise. Er hatte sie wirklich geliebt, vor dreizehn Jahren in Kiel.

Blitzlicht

    Jan Kamphuis saß auf dem harten Klinik stuhl und blickte durch das hohe Fenster auf den Park hinaus. Sechs Wochen war er nun hier, und noch immer nicht an den Anblick der Gitterstäbe gewöhnt. Er hatte Fadenbündel aus der Matratzenbespannung gezupft und flocht sie zu einem stabilen Zopf – eine Beschäftigung, wenn auch nicht anspruchsvoll genug, um sein Denken aus der Endlosschleife zu reißen. Er unterbrach seine Tätigkeit und strich über die wulstige Narbe an seiner Schläfe. Sie schmerzte.
    Er hatte seine Geschichte allen erzählt: den vernehmenden Beamten, den Ärzten, den Schwestern. Keiner glaubte ihm. Wozu hatte man sein Leben gerettet? Um ihn einzusperren?

    *

    Die ganze Nacht über hatte das Unwetter gewütet. Hagelschauer, abgelöst von Starkregen und Sturm, teilten sich die Bühne mit Blitzen im Sekundentakt. Zweimal warf sich Jan Kamphuis in dieser Nacht den Friesennerz über und sah nach dem Rechten.
    Jetzt am Morgen jagte der Wind Wolkenfetzen in allen erdenklichen Grau- und Schwarztönen über den Himmel. Das Schlimmste war überstanden.
    Jan begann seinen Kontrollgang an der hinteren Scheune. Er besah sich Dachränder, Giebel und Fenster. Bis auf ein paar gelockerte Dachpfannen war alles intakt. Er erreichte das Fahrsilo, in dem er die Überreste aus der Biogasanlage lagerte, und stutzte.
    Eine Ecke der Umrandung war weggebrochen, die Betonwand eingestürzt. Jan fluchte. Das grau-braune Gemenge, das übrig blieb, wenn der Mist aus seinem Stall zu Energie verarbeitet war, quoll über den Hof. Ein Blitz hatte das angerichtet, das bewiesen die Brandspuren.
    Er ging zum Schuppen, besorgte sich Pfähle, Bretter und Werkzeug. Provisorisch verschloss er die Lücke. Zufrieden mit seinem Werk, begann er, die feuchte Masse in eine Schubkarre zu schaufeln und sie am Eingang des Silos aufzuschütten. Acht Schubkarrenladungen später war er damit fertig.
    Mit einem Seufzer der Erleichterung stieß er die Schaufel in den Haufen. Zeit für ein Frühstück , dachte er und betrachtete den Schaufelstiel, der nachfedern sollte. Doch der Stiel federte nicht. Er bewegte sich hin und her. Die Schaufel wurde

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