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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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habe sie von einem Heizöltank abmontiert. Wenn ich zwei Schläuche daran befestige, kann ich sie dazu verwenden, die letzten Reste von Treibstoff aus den Vorratstanks der Tankstellen zu pumpen.«
    »Das ist eine wahrlich wichtige Beute, großer Jäger. Wir haben nicht mehr viel Benzin für das Notstromaggregat.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und deutete einen Kuss auf seine stoppelige Wange an.
    Pascal legte die Pumpe zur Seite und schnupperte übertrieben in Richtung Küche. »Was bekommt der mächtige Krieger zu essen, um seine Kräfte zu erhalten?«
    »Tomatensuppe«, antwortete sie mit einem Lächeln, »uuund ...« Seine Ungeduld anstachelnd, zog sie die Kunstpause in die Länge. »… ich habe Brot gebacken!«
    Pascals Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Brot? Richtiges, echtes, knuspriges Brot? Wo hast du das Mehl her?«
    »Im Krämerwald gibt es eine Lichtung. Dort steht ein verwildertes Weizenfeld. Letzte Woche, als du drei Tage fort warst, bin ich hingegangen und habe geerntet. Das Korn kann man wunderbar mit der alten Kaffeemühle zerkleinern. Ich glaube allerdings, dass es mir nicht gelungen ist, sämtliche Spreu zu entfernen. Das muss ich noch üben.«
    Er umfing ihre Taille mit beiden Armen, hob sie hoch, zog sie an sich und drehte sich mehrmals mit ihr um die eigene Achse. »Ich erkläre dich hiermit zur Göttin der Nahrungsmittelzubereitung«, grinste er und küsste sie auf den Mund.
    Ihr Körper erschlaffte. »Ich … bitte …«
    Pascal stellte sie zurück auf den Boden und trat einen Schritt zurück. »Tut mir leid«, flüsterte er betreten. In seinem Überschwang hatte er ihr Trauma verdrängt. Sie mochte keine Berührungen mehr, keine Zärtlichkeiten, keine Nähe. Bei der kleinsten Andeutung von Sexualität zuckte sie zusammen. Soweit er konnte, nahm Pascal darauf Rücksicht, aber manchmal vergaß er es und das führte zu Schuldgefühlen und grenzenloser Hilflosigkeit. Er konnte ihr nicht helfen, sie nicht wieder zu der Frau machen, die sie früher war. Als Handwerker leistete er Großartiges, seine Gehversuche als Psychologe blieben erfolglos.
    Sieben waren es gewesen. Im letzten Herbst hatten sie seine Abwesenheit genutzt und waren ins Haus eingedrungen, als er Pilze sammeln war. Er hatte Anne im Flur vorgefunden. Weggeworfen, wie ein uninteressant gewordenes Spielzeug, aus unzähligen Wunden blutend, mehr tot als lebendig. Nach vier Wochen Pflege hatte sie sich davon erholt – körperlich. Ihre Seele war an diesem Tag gestorben.
    »Lass uns essen«, unterbrach Anne die drückende Stille.
    Dankbar kam Pascal der Aufforderung nach, zog die Lederjacke aus und folgte ihr in die Küche. Sie stellte zwei Teller auf den Tisch, füllte sie mit Suppe und platzierte das frische, duftende Brot in der Mitte. Pascal schnitt einige Scheiben ab, nahm sich eine und biss herzhaft hinein.
    »Lecker! Das hast du toll gemacht«, nuschelte er mit vollem Mund. Sie sah zufrieden zu, wie er kaute, und griff sich ebenfalls eine Scheibe. Bedächtig zerteilte sie diese in mundgerechte Stücke und ließ sie in die Suppe fallen.
    »Weißt du, was ich gern mal wieder essen würde?«, fragte sie und gab die Antwort selbst: »Fleisch!«
    Er zuckte mit den Schultern. Sein Gesicht nahm einen bedauernden Ausdruck an.
    »Die Wälder sind leergejagt. Das bisschen Wild, das es noch gibt, versteckt sich gut. Meine Fallen bleiben seit Monaten leer und die Züchter in den Dörfern geben nichts her. Abgesehen davon haben wir nichts, was wir eintauschen könnten.«
    »Ich weiß, großer Jäger. Ich denke nicht, dass du die gefangenen Tiere vor Ort gleich roh verzehrst, um mir nichts abgeben zu müssen.« Sie lachte bei der Vorstellung, wie Pascal im Wald saß und rohes Hasenfleisch in sich hineinstopfte. Er lachte mit ihr. Nicht im Traum würde er daran denken, eine Beute nicht mit ihr zu teilen.
    Er hob unvermittelt die Hand und zischte ein leises »Psssst!« Augenblicklich erstarrte jede Bewegung im Raum. Anne wurde blass.
    Ein Klopfen erklang von der Haustür her.
    »Hallo? Ist jemand zu Hause?«, rief eine Frauenstimme.
    Pascal glitt leichtfüßig in den Flur. »Einen Moment!«
    Er federte die Treppe in den ersten Stock hinauf. Dort rannte er von Zimmer zu Zimmer und lugte durch die Gucklöcher in den Fensterläden. Außer der jungen, blonden Frau, die vor der Hausfront wartete, war niemand zu sehen.
    »Sie ist alleine«, flüsterte er Anne zu, als er wieder neben ihr im Flur stand. Fragend zog er eine Augenbraue

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