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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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dann rieche: Ich lasse die Griffel von der Waschmaschine.

Dortmunder Liebesreigen
     
    Anspruch:              
**
    Metapherndichte:    **
    Lerneffekte:           
**
    Romantik:              
****
    Action:                   
**
    Sex:                        
*
     
    Dortmund, das Casablanca des Potts, bricht einem mitunter
das Herz. Das liegt daran, dass trotz aller romantischen Locations wie
beispielsweise dem Fredenbaumpark die weibliche Welt eher unzugänglich ist,
blühende Wiesen und Tretboote hin oder her.
    Ich bin Single, und ich bleibe es, denn für Enddreißiger
gibt’s entweder die Möglichkeit, ein Inserat zu schalten, oder aufgemufft wie
Richard Chamberlain in »Casanova« die örtlichen Amüsierviertel zu durchforsten.
    Letzteres hab ich probiert, aber wenn einem beim Anbaggern
alle zwanzig Minuten die gepuderte Perücke ins Gesicht rutscht, nimmt man
irgendwann Abstand davon.
    Ein Inserat habe ich ebenfalls geschaltet, nachdem mir
folgende Anzeige einer Partnervermittlung ins Auge fiel, als ich das
Wochenblatt las:
     
    Barbara, 22 Jahre, Ex-Pornomodel, ehemalige Miss Litauen
und Millionenerbin, bildhübsch:
    »Ich habe keine Lust mehr allein in meinem kuscheligen
Appartement zu leben. Ich gehe nicht in Discos, bin eher der häusliche Typ und
koche für mein Leben gern, auch nachts, wenn der kleine Hunger kommt. Auf
diesem Wege suche ich einen netten, zärtlichen Mann. Dein Aussehen oder Alter
ist egal: gern fettleibig, gewalttätig, Mitte Sechzig und erwerbslos. Beende
meine Einsamkeit und schreibe noch heute unter …«
     
    Klang ganz gut. Ich schrieb sie an, erhielt aber statt einer
Antwort eine Zahlkarte über fünftausend Euro, kombiniert mit der Bitte, zügig
zu überweisen, damit Miss Litauens und meinem Glück nichts mehr im Wege stände.
    Damit war mir klar, dass ich mir keine Millionärin leisten
konnte.
    Also schaltete ich selbst eine Anzeige; die Reviermarkt-Sparvariante
ohne Bild.
     
    Mann, zu leichtem Übergewicht neigend, aber mit einer
satten Sammlung Batman-Comics (1966 – 1982) und festem Einkommen, sucht lässige
Beamtin mit Faible für Reizwäsche, Typ Winona Ryder.
     
    Einige Monate später stellte ich einen Nachforschungsantrag
bei der Post, doch bis heute sind sämtliche Antwortschreiben spurlos
verschwunden.
    Dann hatte ich ein so genanntes »Blind Date«, initiiert
durch meinen Freund Dave, einem zwei Meter großen Death-Metal-Schlagzeuger. Es
war die Freundin des Schwagers von der Schwester seines Kumpels oder so
ähnlich.
    Als ich Dave fragte, wie diese denn aussehe, sagte er:
»Interessant, Mann. Sie sieht echt interessant aus.«
    Ich kann noch immer nicht darüber reden, aber der Begriff
»Blind Date« muss von dem Wunsch stammen, das eigene Augenlicht möge erlöschen,
sobald man seinen Rendezvouspartner erblickt. Außerdem schrie sie beim
Sprechen. Also sprach sie im Prinzip gar nicht, richtig?
    Noch mal danke, Dave.
     
    Dann war mein Freund Dave plötzlich der Auffassung, der
Besuch einer Singlebar sei genau das Richtige für mich. Obwohl er nie und
nimmer in solch einem Lokal gewesen sein konnte. Hätte Dave in seinem
Standardoutfit, etwa fünf Quadratmeter zerfetztes Leder über einem finsteren
Sammelsurium von Sepultura-Tattoos, eben jenes Lokal betreten, wäre zwei
Minuten später ein Exorzist zur Stelle gewesen, um erst den Dämon aus Dave, und
dann Daves Reste aus dem Lokal zu treiben.
    Er wies mich noch darauf hin, dass Sonntag der beste Tag
sei, um die Frau der Träume zu finden, denn »montags haben die Friseure zu.«
    Das hätte mich stutzig machen sollen.
    Einen Sonntag später fragte ich Dave, wann wir denn gehen
würden. Er murmelte irgendetwas von einer blutigen Performance, die vorbereitet
werden wollte, und er hätte Nachtdienst an der DEA und wäre untröstlich.
    Ich ging also allein, gekleidet in einen schwarzen Anzug,
der mich figürlich vorteilhaft erscheinen ließ.
    Als ich das Lokal erreichte (es heißt passenderweise
»Timeout«), stellte ich fest, dass meine Mühe meine Figur zu kaschieren,
überflüssig gewesen war. Im Innern des Ladens, der mit nachtleuchtenden
Pappschmetterlingen und Spiegeln dekoriert war, herrschten 
Lichtverhältnisse wie in einer Tropfsteinhöhle.
    Ich setzte mich auf etwas, das ich als Barhocker
einschätzte, während Olaf Hennig aus der Finsternis klarstellte, »die Manege
wäre leer«. Ab und an huschten Männer in dunkelgrünen oder

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