Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie
erwähnt, gern »Clubs«
genannt.
Wann immer am Wochenende meine Waschmaschine gewillt ist,
meine Leibwäsche ohne umständliche Bettelrituale freizugeben, statt diese zu
verknoten oder mit abstoßenden Kalkrändern zu versehen, gehe ich aus.
Diese Waschmaschine habe ich auf dem »Flohmarkt« B-straße
gekauft; gebraucht, für vierzig Mark.
Ich habe das Wort Flohmarkt deswegen in Anführungszeichen
gesetzt, weil die Harmlosigkeit des Begriffs zu den tatsächlichen Begebenheiten
an der Bornstraße etwa so passend ist, als würde man den Gazastreifen
»Spielwiese« nennen.
Offen gestanden ist es nicht ratsam, als unbewaffneter Mann
diesen Ort zu frequentieren, es sei denn, man hat ein Faible dafür, von
randalierenden Hütchenspielern eingekesselt und stranguliert zu werden.
Dafür kann man dort großartig exotische Gewürze, schlecht
gefälschte Markenkleidung (kein Manko, wenn es Sie nicht stört, dass »Armani«
mit Y geschrieben wird) und Rolexuhren kaufen, auf deren Armband
»Mindesthaltbarkeitsdatum siehe Bodenblech« eingeprägt ist.
Jedenfalls – die Gnade meiner Waschmaschine vorausgesetzt –
beginne ich mich in der Regel gegen Acht zu stylen, je nachdem, was die
Maschine freigegeben hat.
Am liebsten ist mir saubere, neutral duftende Wäsche.
Kooperiert die Miele, bin ich dann in der Lage, das noble
»Palace« aufzusuchen, und zwar so aufgetakelt, dass Ludwig der Vierzehnte gegen
mich wie eine Flickenpuppe aussieht.
Der Türsteher, der sich selbst gern »Türchef« nennt und eine
Schwäche für knusprig gebratene Stopfgänse hat, die Farrah Fawcett-Majors´ alte
Frisur auftragen, gewährt mir gelegentlich sogar Einlass.
Gut, ich stelle stets in Aussicht, mich aus hündischem Dank
vor ihm zu wälzen, aber was tut man nicht alles, um hochglanzpoliertem »Beverly
Hills 90210«-Pack bei der Balzerei zuzusehen, und dabei Desperados zu trinken,
jede Flasche so teuer wie eine einmotorige Cessna.
Wenn sich dann gegen Mitternacht meine Herzfrequenz der
allseits beliebten Technogeräuschkulisse angepasst hat, gehe ich nach Hause,
lege mich ins Bett und träume von Brathühnern in Hosenanzügen von Orsay.
Sollte die Miele jeder Götzenanbetung widerstehen, nehme ich
die Klamotten von gestern und gehe ins SPRIT.
Das im SPRIT bevorzugte Äußere ist der gepflegte »früher
Gleisarbeiter, nun Amokläufer«-Stil.
Jungs tragen Hosen, die gut und gerne blau sein könnten,
wenn sie nicht schon seit sieben Wochen im Grundkurs Autogenschweißen getragen
worden wären, was aber niemand bemerkt, denn im SPRIT gibt’s kein Licht.
Professionell gestochene Tätowierungen sind verpönt; entweder trägt man selbst
fabrizierte Bilder (Hügel mit Kreuz, darunter »Uschi«), oder man rubbelt sich
Pokemon-Tattoos ins Gesicht. Nichts ist maskuliner als ein dünner, bleicher
Kerl mit Koteletten und einer Frisur aus einem Schwedenporno, der Hosen aus
Altöl trägt und Pikachu auf der Wange kleben hat – finden zumindest die Damen
im Lokal.
Der neueste Trend ist übrigens »Branding« mit überm
Bunsenbrenner erhitzten Legosteinen.
Die Frauen sind alle gepierct. Wirklich alle.
Wer zufällig in die Änderungsschneiderei nebenan wollte, und
aus Versehen die Treppe hinunter ins SPRIT nimmt, wird sofort in den
Schwitzkasten genommen und bekommt eine Sechskantmutter durch die Oberlippe
geschossen.
Der DJ kombiniert Rammstein mit Bata Illic und das Bier
kostet einen Euro – soweit die guten Nachrichten.
Die Toiletten sind selbstreinigend, was man aber nur zu
schätzen weiß, wenn man den ungefähren zeitlichen Wert kennt, ab wann Urin in
Knöchelhöhe selbsttätig zerfällt und sich in Kalkstein verwandelt. Deswegen ist
es angeraten, sich aus Hygienegründen einfach in die Hose zu pinkeln, wenn man
nicht gerade ein Paar Wegwerfgummistiefel trägt.
Man sollte den Kopf immer schön oben halten – nicht der
Coolness wegen (man wird sowieso nicht wahrgenommen), sondern weil einige
Pogotänzer extrem gelenkig sind. Gelegentlich ereignet sich solch eine Liaison
zwischen Zwölf-Loch-Stiefel und Schneidezähnen, weswegen das SPRIT eine
Geschäftsverbindung mit der örtlichen Zahntechnikerinnung in Betracht zieht,
Motto: »SPRIT – gut in Zähne gesetzt!«.
Wenn ich diesen Laden verlasse, gehe ich nach Hause,
entferne sämtliche Metallteile und breche bewusstlos zusammen. Meistens
erscheint mir dann Bata Illic, der »Du rrriechst so gut …« grölt.
Das kann ich zwar meistens nicht bestätigen, aber egal wie
ich
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