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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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Dollar.«
    Ich rechnete hoch und kam zu dem Ergebnis, dass Francis mir
bei Abnahme von zweitausend Kugelschreibern etwa hundertzwölf Dollar schuldete,
wenn er sie bei ansteigender Zahl verbilligen würde.
    Ich war betrunken und kaufte einen Batzen.
    »Halleluja«, rief er melodisch aus.
    »Ja genau. Halleluja!«
    Wir bestellten uns noch ein Bier.
     
    Drei weitere heitere Stunden später sangen Francis und ich
Cole Porter-Songs, wobei wir in Kugelschreibern wateten; der Wirt ließ uns
gewähren, schenkte nach und verzog keine Miene.
    Irgendwann bekam ich Hunger und fragte den Mann hinter dem
Tresen, ob ich einen Burger bestellen könne. Er verneinte, da sein Koch bereits
die Biege gemacht hatte.
    »Schon?«, fragte ich.
    »Wir haben nach Mitternacht, Junge.«
    »Ach was?«
    Der Alkohol in meinem Restblut dämpfte das Gefühl, ich
könnte heute noch in eine unangenehme Diskussion mit der Haarsprayfee geraten.
    Ich zahlte erstaunlich wenig und Hank begleitete mich zur
nächsten McDonalds-Filiale, in deren Wandverkleidung ich mich verlief, als ich
volltrunken die Toilette suchte.
    Es muss den Kunden hochgradig gespenstisch vorgekommen sein,
mich hinter diesen aufgestellten Wänden pochen, stolpern und rumoren zu hören,
aber erst als ich im Zappendustern über etwas fiel, das wie ein Pommesfetteimer
roch, zog man mich zurück ans Licht.
     
    Francis hatte beschlossen, mich noch auf ein Bier aufs
Zimmer zu begleiten, Der Abschluss eines kernigen Männerabends im Stile
Hemingways, obwohl er nah dran war, ein Abend im Stile Bukowskis zu werden.
Während der Fahrstuhlfahrt in den Achten meinte mein Hirn, mich an irgendeinen
lästigen Umstand in Verbindung mit meinem Zimmer zu erinnern, aber die Gedanken
wehten schneller weg als Zuckerwatte im Windkanal.
    Ich öffnete die Tür, Francis dicht im Kreuz, und da kam mir
die Erleuchtung, unterstützt von dem Anblick eines Stuhls, über dessen Lehne
eine Jeans mit Strassschweinchen hing.
    Ein überwältigendes Gefühl von der Qualität des Films
»Während du schliefst« mit all seinen zärtlichen Komponenten, die zusätzlich
noch durch meinen Rausch potenziert wurden, durchströmte mich.
    Francis rülpste, ein sympathisches Geräusch, das den Geist
von hundert Jahren amerikanischen Proletariats in sich trug und ein bisschen zu
laut von den Wänden zurück geworfen wurde.
    Dieses Geräusch weckte Tina.
    »HI! Ich bin Francis, the singing philosopher«, brüllte er
ins Halbdunkel.
    Tina öffnete den Mund, und »Während du schliefst« wurde von
»Pearl Harbour« abgelöst.
     
    Unser Rückflug verlief schweigend; trotz meiner Bemühungen,
Tina windgeschützt durch New York zu bringen, ihr alle Sightseeing-Klischees zu
ersparen und ein Urgestein amerikanischer Subkultur vorzustellen, hatte sich
unsere Beziehung, Originalton, »Ein für alle Mal erledigt, du blöde Sau!«
    Wir flogen in getrennten Sitzreihen, mit getrennten Leben
und mit irgendwie ziemlich getrennten Ansichten über die Undankbarkeit von
Frauen nach Hause.
     
    Wochen später erhielt ich von ihr eine Karte mit der
Abbildung von Gustav Gründgens als Mephisto.
    Lieber T.,
    heut, nach reiflicher Überlegung und einiger Ruhe, habe
ich alles nochmals Revue passieren lassen – unsere Reise, unsere Beziehung und
das Ganze – und bin zu folgendem Schluss gekommen:
    Du bist immer noch ein
Idiot.     
     
    »Theaterleute«, murmelte ich und pinnte die Karte neben die
von der dicken Frau mit dem nassen Pudel, die ich billig in einem Ramschladen
in Dortmund erstanden hatte.
    Heute nach New York zu fahren wäre Irrsinn – der Dollar
verhält sich zur derzeitigen deutschen Kirmeswährung wie Nitro zu Glyzerin.
    Aber ich vermisse es nicht wirklich, denn in New York habe
ich alles erlebt, was es zu erleben gab: Kälte, Filme, Dildos in
Schreibwarengeschäften, das unheimliche Tütenfräulein, sechs Sorten Espresso
und Betten in Raserei – und Souvenirs hab ich auch ohne Ende.
    Noch heute, neun Jahre und fünf Umzüge später, finde ich an
den bizarrsten Orten in meiner Wohnung Vierfarbkugelschreiber .

II
    Eine Stadt wie kaum eine

Dortmunder Clubs
     
    Anspruch:              
**
    Metapherndichte:    **
    Lerneffekte:           
****
    Romantik:              
*
    Action:                   
**
    Sex:                        
*
     
    Dortmund, das Manhattan des Ruhrgebiets, glänzt vor allem
durch seine ausgewogene Diskothekenszene, wie bereits

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