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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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geschnappt hätte.
    »Na – wenn ihr Hilfe braucht, ruft einfach.«
    »Heißt das, dass ihr nicht kommt, wenn keiner ruft. Ja? Sag
ja, Manfred.«
    »Wir werden sehen«, lächelte er.
    Du wirst nichts sehen, dachte ich, weil deine erloschenen
Augen in ein Jenseits für Mausklicker starren, während dein teigiger Leib an
einem USB-Kabel baumelt, irgendwo in der Finsternis der Car-Hifi-Abteilung. Du
Sack.
    »Bleibt hier. Betet für eure unsterblichen Seelen oder
spielt Minesweeper.«
    Dann marschierte ich zurück in Freundesland – gerade rechtzeitig.
Bärtacki war gerade dabei, ein kleines Mädchen über Herzverfettung aufzuklären,
weil sie nach Bonbons gefragt hatte, welche die Netzbetreiber gern als
Giveaways daließen.
    »… und dann windest du dich wie ein Schwein auf dem
Kinderzimmerboden, während dein Klops von einem Herz Blut durch deine fettigen
Adern pumpen will, aber nix geht, und dann …«
    »Bärtacki?«
    Ich strich dem weinenden Kind übers Haar.
    »Moment noch«, erwiderte er, »die Kleine hier …«
    »Ja, ja, ja. Schon okay. Achte auf die PC-Fratzen aus der
Hölle gegenüber, ja?«
    »Kein Thema.«
    Die Menschheit ist in der Tat die Krone der Schöpfung.
    Massen von ihnen sind ohne weiteres in der Lage, den
Biorhythmus anderer Leute auszuloten, weswegen sie, wenn der Sauerstoffgehalt
im Blut eines Verkäufers am Nullpunkt ist, busladungsweise Geschäfte stürmen:
Ist der Verkäufer müde, freut sich der Mensch – schließlich kann man
abgeschlaffte Vollzeitberater besser zulabern.
    Und ich schwächelte etwas.
    »Schröder. Ich geh auf ’n Kaffee.«
    »Ja«, grinste er, »ich hab das im Griff.«
    Während ich nach oben ging – unsere Personalräume lagen
zwanzig Meter entfernt und waren über einen kurzen Treppenabsatz zu erreichen
–, klangen die Fragen unzähliger Kunden in meinen Ohren nach.
    »Kann man damit auch im Ausland telefonieren?«
    »Nein. Das ist eine Dreifachsteckdosenleiste.«
     
    »Wenn meine Callya-Karte leer ist – werfe ich dann das
Handy weg?«
    »Natürlich. Aber merken sie sich den Standort des
Abfalleimers.«
     
    »Dieses Nokia … hat das einen Akku?«
    »Nein. Es wird mit schwarzer Magie betrieben.«
     
    Wenigstens gehöre ich auch zur Krone der Schöpfung.
    Mir-nichts-dir-nichts akzeptierte mein Körper den in
Sekundenschnelle aus einem Plastikstutzen schnellenden Automatenkaffee, ohne zu
kollabieren.
    Wir hatten 24 Kartenverträge abgeschlossen. Nicht schlecht
bisher.
    Keiner der Periqueren war uns in die Selbige gekommen, alles
lief gut.
    Mein Magen löste das Koffein lässig aus der Brühe und ich
fühlte mich besser.
    Die Musik, die aus der Tonträgerabteilung hochwaberte, gab
meiner Pause die Qualität eines Werbespots, während ich, Master of the
Telekommunications-A-Team, meine Füße hochlegte.
    You walk like an angel *Chor: Walk like an angel*
    Talk like an angel *Chor: Talk like an angel*…
     
    Wäre ich Spiderman gewesen, hätte ich spontan am Spind geklebt.
     
    Mein Blick vom Treppenabsatz zeigte mir sofort das Ausmaß:
    Nicht nur Manfred scharwenzelte in meiner Abteilung herum
wie eine Prostituierte im Pullunder, auch der Azubi (so unfähig, dass es gar
nicht messbar war – in der Berufsschule war man durchaus der Ansicht, dass sein
Hirn wie ein Tacho überdrehen könnte und er dann in der Lage wäre, mit einem
Buttermesser Atome zu spalten) und eine Teilzeitkraft, die so selten anwesend
war, dass ich ihre Existenz für einen modernen Mythos gehalten hatte, waren
dort.
    Wie ein Falke schoss ich in meine Abteilung und erwischte
den Azubi dabei, wie er meiner Promoterin (deren Halter ich ja im Rahmen einer
Arbeitswoche war) »Was macht eine Frau wie du in so einem Scheißladen?«
zuraunte.
    »Du trittst jetzt vor deinen Schöpfer«, sagte ich und griff
in sein von Netzwerknächten aufgedunsenes Gesicht, »und der hat’s nicht so mit
Quake 3: Da heißt es, ab in den Kochtopf, Arschgesicht.«
    Feind von links, ich zuckte herum, das Gesicht des
Abteilungssklaven noch in eisenhartem Griff.
    Oha – ein Kunde.
    »Ich interessiere mich für ein Faxgerät«, sagte er.
    »Kann ich Ihnen nicht verdenken«, entgegnete ich und schob
den Auszubildenden zurück in die Welt theoretischer Rechenkraft und praktischer
Idiotie.
    »Aber mit Normalpapier, bitte.«
    »Ich finde«, dozierte ich gehetzt, weil noch immer zu viele
Phlegorianer streunten, »auch Thermopapier völlig normal, ehrlich gesagt. Aber
gut. Haben Sie eine preisliche Vorstellung, die 400 Mark nicht

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