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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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sollte. 
    »Den Schweinen zeig ich es«, knurrte Bärtacki, zerknüllte
das Fax mit den Teilnahmebedingungen und stiefelte ins Zentrum unserer
Abteilung, um eine gezielte Geiselnahme zum Zwecke der Akquirierung am nächsten
Unglücklichen vorzunehmen, der das Pech hatte, blauäugig einzutreten.
    Auch ich ließ martialisch die Knöchel knacken.
    Schluss mit Lustig.
    Der erste Preis – eine Reise zur Fußballweltmeisterschaft
nach Frankreich – interessierte mich nicht die Bohne, aber der Ruhm und die
Verkäufergroupies, die sich fraglos einstellen würden. Und über Trostpreise
wurde nichts gesagt. Vielleicht war da was für mich dabei.
    »Die Devise lautet ab sofort: E-Plus. Fragen?«
    »Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa«, sagte Schröder, »wie soll ich einem
eingefleischten D2-Menschen mit den Grünen kommen?«
    Die Grünen: So nannten wir die Jungs und Mädchen vom E-Netz.
    »Simpel: Jeder, der Mannesmann will, bekommt E-Plus. Jeder,
der D1 will – gleiche Vorgehensweise.«
    »Klingt logisch«, erwiderte Schröder.
    »Sicher klingt das logisch. Was sonst? Gegen mich ist Mister
Spock ein konfuses Handtuch. Packen wir es an.«
     
    Bärtacki war gut im Rennen, wie die Statistik des Tages mir
später zeigte: Das Verhältnis von Kundenbeschwerden über seine Impertinenz
stand in gesundem Verhältnis zu seinen Abschlüssen; nur dass er die Gattin
eines älteren Herren anzischte, sie solle die Fresse halten, wenn Männer
verhandeln, war noch kurz zur Sprache zu bringen, aber ganz behutsam. Bärtacki
war ziemlich empfindlich.
    »Hörnsemal«, nahm ich die Promoterin zur Seite, »das wird
heute nichts mit T-Mobil, okay? Es wäre entzückend, wenn Sie, wie soll ich
sagen, den Verkauf von gewissen Dienstleistungen eines bekannten … nun …
E-Netz-Anbieters forcieren könnten, gelle?«
    »Damit begehe ich Vertragsbruch«, sagte sie.
    »Richtig. Ganz Ihrer Meinung. Hut ab vor so viel Courage.«
    Bevor sie etwas erwidern konnte das mir den Tag versaute,
grätschte ich in die Nachbarabteilung – Computer und Zubehör –, wobei die Jungs
dort niemals »Zubehör«, sondern »Peripherie« sagten. Peripherie war so ziemlich
alles, inklusive ihnen selbst.
    »Hi. Ich habe heute E-Plus-Tag. Könnet ihr das
berücksichtigen, indem ihr nicht eure persönliche Meinung in die
Verkaufsgespräche einbringt?«, fragte ich freundlich.
     
    Das war eines unserer hausgemachten Probleme: Wenn bei den
Peripherikern Flaute herrschte, schlenderten sie wie unabsichtlich in unsere
Abteilung. Führte einer von uns gerade ein emotionales Verkaufsgespräch, und es
lief gerade so richtig gut, bekam man von einem Computermann unverlangte Schützenhilfe.
    Meistens sprang er hinter dem Regal hervor wie eine Blondine
aus einer Riesentorte und säuselte »Jaaaaaa! Gute Wahl! Feiiiinnn!«, worauf hin
ich regelmäßig »IGOR! Eins von den Dingern ist schon wieder entwischt!« schrie.
    Das half meistens nur kurz. Bald schon wurde die
Computerbrut wieder von Langeweile übermannt; gelegentlich mussten wir uns
Wachposten aus der Küchengeräteabteilung ausleihen, die dann auf einem
Teekessel Alarm bliesen. Die Tonträgerabteilung hatte früher diesen Job
übernommen und »The Devil in Disguise« von Elvis gespielt, wenn eine
unterforderte Strickjacke sich links von den Laserdruckern anschlich – aber
durch Arbeitsüberlastung waren sie ziemlich unzuverlässig geworden.
    Zwischen den Periphilen und uns herrschte Krieg.
    Die Chancen, dass sie es mitkriegten, standen allerdings
nicht gut.
     
    »Warum?« fragte Manfred, der Leithammel der
Computerabteilung, auf rührende Art hutzelig und mit einer so neckischen,
selbst bemalten Computerkrawatte behangen, dass man sich spontan die Augen auskratzen
wollte.
    »Die Antwort liegt irgendwie in meiner Frage, oder?«
erwiderte ich.
    Das hatte ich gern: Den Quellcode von Data Beckers
Lohnsteuerprogramm runterbeten können, aber nicht in der Lage, einen kurzen
Satz zu behalten.
    Verdammtes Perifossil.
    »Wir helfen gern bei euch aus. Keine große Sache für uns«,
erwiderte er onkelhaft.
    »Meine Jungs«, entgegnete ich ruhig, obwohl auf meiner
Hirnrinde ein Scheitan tanzte, der »SCHMIER IHN UM!« schrie, »brauchen Ruhe und
Konzentration. Es wäre reizend, wenn ihr selbst was verkaufen könntet. Keine
Besuche. Verscheuert was – das hier zum Beispiel, hm?«
    Während ich auf ihn einredete, griff meine Hand in einen
halb geöffneten Scanner; ich riss sie zurück, obwohl ich nicht davon ausging,
dass das Ding nach mir

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